Beim DFB wird derzeit eine handfeste Seifenoper aufgeführt: Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hatte sich nach der verkorksten WM in Neuseeland und Australien zunächst krankgemeldet und ist dann in den Erholungsurlaub gegangen.
DFB Präsident Bernd Neuendorf beruft deshalb mit Horst Hrubesch (72) eine Ikone des deutschen Männerfußballs als Interimstrainer für die anstehenden Spiele in der Nations League und offensichtlich hat von den Verbandsoberen niemand einen Plan zur Zukunft der Frauen-Nationalmannschaft.
Planlosigkeit ist an dieser Stelle nichts Neues. Noch vor dem Anpfiff der Frauen-WM wurde der Vertrag der Bundestrainerin ohne Not und Druck einfach mal um zwei Jahre bis zur EM 2025 verlängert.
Was hat sich DFB Präsident Bernd Neuendorf dabei gedacht? Auf welchen Effekt hatte er spekuliert? Kann sich der in Geldsorgen geratene Verband solche Deals überhaupt noch leisten? Was verdienen die beiden Bundestrainer der Frauenmannschaft? Was wird aus Horst Hrubesch, wenn Frau Voss-Tecklenburg ihr Amt wieder zurückhaben will?
Was immer auch passieren mag: Es wird chaotisch werden! Wir dürfen gespannt sein, ob und wer für dieses kostspielige Durcheinander die sportpolitische Verantwortung übernehmen wird. Neben Bernd Neuendorf gibt es ja inzwischen zahlreiche weitere Top-Verdiener in der neu installierten Funktionärsriege, die an dieser Stelle mal die Hand heben könnten.
Wir erleben jedoch etwas anderes: Die Nationalmannschaft der Frauen ist führungslos. Die Spielerinnen werden abermals vom Verband im Stich gelassen und müssen – gemeinsam mit Horst Hrubesch und dessen Trainerteam das Beste aus der Situation machen. Professionelles Fußballmanagement geht nach meinem Dafürhalten anders.
Zu allem Überfluss ist auch Joti Chatzialexiou, der sportliche Leiter der Nationalmannschaften, bei DFB-Präsident Bernd und dem neuen Sportdirektor Andreas Rettig in Ungnade gefallen und bekommt keine Aufgaben im neu geschaffenen Kompetenzmodell des DFB.
Dabei hatte Chatzialexiou das DFB-Frauenteam in den zurückliegenden Monaten eng begleitet und in den Tagen nach dem WM-Aus auch die Krisenkommunikation auf seine Schultern genommen. Seine Erfahrungen hätten gerade jetzt Gold wert sein können.
Wenn das Team Freitagabend um 17.45 Uhr in Sinsheim gegen Wales antritt, wird Horst Hrubesch auf der Bank und die wieder genesene Frau Voss-Tecklenburg vor dem Fernseher sitzen. Hrubesch will mit dem Team im nächsten Sommer nach Paris, um olympisches Gold zu gewinnen.
Voss-Tecklenburg teilte dem Verband am Dienstag mit, dass sie zurückkommen und weiterarbeiten will:
Eine weitere Entscheidung ist gefragt. Nach den kostspieligen Rauswürfen von Oliver Bierhoff, Hansi Flick und einer Reihe weiterer Co-Trainer und Fußballexperten läuft wohl alles auf den Rauswurf und eine teure Abfindung für den erst vor wenigen Monaten verlängerten Vertrag von Frau Voss-Tecklenburg hinaus.
Ein weiteres Gespräch ist bereits angekündigt und die Öffentlichkeit wurde seitens des DFB auch in einer Randnotiz darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich die Ex-Bundestrainerin professionellen juristischen Beistand besorgt hat.
Am Mittwoch beantwortete eine Sprecherin des DFB die Frage, ob sich der Verband derzeit in Gesprächen mit der Trainerin befinde: "Derzeit läuft die Kommunikation in erster Linie über die anwaltliche Vertretung von Martina Voss-Tecklenburg." Das Verhältnis scheint zerrüttet, Vertrauen ist verschwunden und die Stimmung ist im Keller.
Unterm Strich wird neben der nächsten finanziellen Bauchlandung ein beachtlicher Imageschaden am DFB hängen bleiben. Während der Frauenfußball an der Basis und in der Bundesliga boomt, scheint der Verband mit der Aufgabe, eine Nationalmannschaft zu führen, überfordert zu sein.
Uns bleibt nicht viel mehr, als der Mannschaft am Freitag und in den nächsten Spielen die Daumen zu drücken, sodass sie sich auf das Wesentliche konzentrieren und Spiele gewinnen können!