In der Baller League wird das Montagsspiel plötzlich wieder attraktiv. Zumindest bis April dieses Jahres spielen Montag für Montag Teams aus gecasteten Amateuren unter der Regie diverser Influencer im 6 gegen 6 auf Kunstrasen in der Halle gegeneinander.
Größen aus der Unterhaltungsszene machen mit einigen jungen Fußballrentnern gemeinsame Sache und verkaufen ein neues Unterhaltungsformat, dass einerseits an den Hallenfußball der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert und andererseits jeden Trick nutzt, um diejenigen, die den Fußball nur vom Hörensagen oder aus Videospielen kennen, vor die smarten Bildschirme zu locken.
Klamauk und Kommerz sind die Stichworte, die entsprechende Sponsoren, Partner und letztlich auch Fans anlocken.
Wie wird sich dieses Produkt entwickeln? Erwächst dort eine Konkurrenz zum Bundesligafußball? Stimmt es, dass Jugendliche nicht mehr in der Lage sind, komplexe Fußballspiele zu verstehen? Brauchen wir deshalb unterhaltsame, flache Instant-Produkte? Wird die Entwicklung weiter gehen, sodass wir auch in diesem Segment bald auf den oberflächlichen Sportbezug verzichten können?
Oder könnte an dieser Stelle vielleicht auch das genaue Gegenteil entstehen: Eine Fokussierung auf das Wesentliche? Die öffentlichkeitswirksame Inszenierung des sportiven Kerns im Rahmen einer bunten, attraktiven Show?
Am 29. Januar steigt dieses Event zum zweiten Mal in einer ehemaligen Flugzeughalle in der Nähe von Köln und die Initiatoren setzen fest darauf, dass die Zahl von 100.000 Zuschauenden, die sich diesen Zauber vergangene Woche zum Auftakt der Baller League im Stream angeschaut haben, übertroffen wird.
Idealerweise Woche für Woche, denn das Unterhaltungsprogramm läuft noch drei Monate. Sollte das nicht gelingen, dürfen wir das Projekt getrost vergessen und auf das nächste Format auf dem Unterhaltungssektor warten. Das Inflationspotenzial ist wahrscheinlich von Anfang an mit eingepreist.
Der Versuch, mit den ehemaligen Nationalspielern, Weltmeistern und jetzigen Liga-Präsidenten, Mats Hummels und Lukas Podolski, die in Spanien erfolgreiche Kings League zu kopieren, klingt nach einer guten Geschäftsidee.
Die Kings League war ein Volltreffer. Zum ersten Finale strömten mehr als 90.000 Zuschauer:innen in das altehrwürdige Camp Nou, in dem ansonsten der etablierte FC Barcelona seine Heimspiele austrägt. Die Kasse klingelte für Gerard Piqué so laut und nachhaltig, dass inzwischen weltweit Nachahmer am Werk sind. Im Juni wird die "Icon League" von Toni Kroos und Elias Nehrlich folgen. Weitere ernstzunehmende Konkurrenz, die den Raum für Profit kleiner werden lässt.
Die neuen Regeln, diverse Joker und die zahlreichen medientechnischen Spielereien machen aus dem Fußball ein völlig neues Produkt. Dabei wird sich die Schnittstelle zwischen dem Sport und ausgewählten Influencern als Schrittmacher dieser neuen Bewegung erweisen.
Ob das Ganze besser werden wird, als der traditionelle Fußball, hängt zuletzt auch an der Frage, ob es gelingen wird, geeignete Spieler in die Baller League zu holen. Die vielen Fußballrentner, die derzeit nur am Rand stehen, ihren fußballerischen Glanz aus der guten alten Zeit wirken lassen und die immer gleichen Sprüche und Statements abgeben, werden sich sehr bald abnutzen.
Spielerisch empfand ich den ersten Spieltag der Baller League durchwachsen. Da muss wirklich mehr passieren, um ein neues Ausrufezeichen in Richtung Fußball 2.0 setzen zu können. Das wird eine riesengroße Herausforderung, denn der aktuelle Spielerpool aus Regional-, Ober- und Landesligakickern, die im Rahmen von drei Castings ausgewählt wurden, spielt das Spiel definitiv nicht besser als wir es aus der Bundesliga her kennen.
Um auch hier einen Unterschied zu machen und um sich von der Konkurrenz im Sport-Unterhaltungsmarkt absetzen zu können, brauchen wir an dieser Stelle eine Innovation. Spieler:innen, die ganz anders Fußball spielen können: Schnell, attraktiv, spektakulär und mit einem Regelwerk, dass uns keine andere Wahl lässt.