Fast eine Stunde lang hat Hans-Joachim Watzke am Dienstagnachmittag in einem Video-Interview mit dem "Spiegel" gesprochen. Hauptsächlich ging es dabei um das Für und Wider eines möglichen Wiederbeginns der wegen der Corona-Krise unterbrochenen Bundesliga-Saison mit Geisterspielen.
Der Standpunkt des Geschäftsführers von Borussia Dortmund in dieser Hinsicht ist klar: "Es ist völlig ausgeschlossen, dass erst im Juni gespielt wird, dann kannst du es gleich vergessen", sagte der 60-Jährige und verwies dabei auf das stramme Restprogramm im Fußballgeschäft: "Wir haben ja noch neun Spieltage zu spielen, wir haben noch Relegationsspieltage und dann kommt der DFB-Pokal noch dazu. Und wir müssen damit rechnen, dass auch mal ein Spiel ausfällt."
Watzke sieht keine Veranlassung, die Entscheidung über einen Wiederbeginn weiter hinauszuzögern: "Wir (die Vertreter der 36 Profiklubs der Deutschen Fußball-Liga DFL, Anm.) haben der Politik ein 41-seitiges Gesundheitskonzept vorgestellt und sind auch jetzt noch dabei, es auf Wunsch der Politik noch weiter auszudehnen. Wenn das trägt, ist es egal, ob wir am 9. Mai oder am 16. Mai spielen, die Situation ist die gleiche. Jede Woche später wird kritisch."
Nicht verwunderlich, dass Watzke das DFL-Konzept und einen schnellen Bundesliga-Restart vertritt. Seine Borussia wäre schließlich, wie alle anderen 36 Profiklubs auch, von einem möglichen Abbruch der Bundesliga und den organisatorischen wie finanziellen Folgen direkt betroffen.
Doch neben dem Werben dafür, dass die Bundesliga trotz Corona-Bedenken weiterspielen soll, hatte Meinungsführer Watzke im "Spiegel"-Gespräch noch einige andere interessante Aussagen parat.
Am Ende des Interviews forderte der "Spiegel"-Redakteur Markus Feldenkirchen, der das Gespräch führte, Watzke dazu auf, noch einige Sätze "sinnvoll und ehrlich" zu beenden, die der Journalist ihm vorlas.
Zum Beispiel: "Dass Hasan Salihamidzic gerade einen 'internationalen Toptransfer' bei den Bayern angekündigt hat, finde ich..." – Watzke sagte darauf erstmal: nichts. Fünf Sekunden suchte er nach einer Antwort. Zehn Sekunden. Dann begann er zu schmunzeln. Seine Mundwinkel bewegten sich in Richtung seiner Ohren: "Ähm...", begann Watzke den Satz zu vervollständigen: "... zumindest diskussionswürdig..."
Hintergrund: In München denken sie offenbar auch in ungewissen Zeiten der Corona-Pandemie groß. Salihamidzic, Sportdirektor beim BVB-Dauerkonkurrenten FC Bayern München, ließ jüngst in einem Interview mit der Zeitung "Welt am Sonntag" beim Thema Transfers aufhorchen. Neben einem "Toptalent aus Europa" will der deutsche Rekordmeister "einen internationalen Star nach München bringen, der die Qualität unserer Mannschaft hebt". Dieser ist als weiterer Garant gedacht, um den Fans "ergebnisstarken und attraktiven Fußball zu bieten".
Watzke kann da nur müde lächeln, den Vorstoß des Ex-Bayern-Profis findet er angesichts der aktuellen Krise scheinbar etwas vermessen.
Einen kleinen verbalen Seitenhieb hatte Watzke, seit 1975 CDU-Mitglied, auch noch für SPD-Politiker Karl Lauterbach, dem er "abenteuerliche Thesen", zum Beispiel in puncto Corona-Testkapazitäten attestierte, parat. Auf die Frage, ob er ihn schon mal angerufen habe, sagte Watzke: "Ich glaube gar nicht, dass er die Zeit hätte, einen Anruf von mir entgegenzunehmen, weil er ja pausenlos in Talkshows sitzt."
Zu den Thesen Lauterbachs führte der BVB-Boss aus: "Die sind teilweise relativ abenteuerlich, wie die, dass es keine Kapazitäten für Testungen gebe." Dem widerspreche gar der Berufsverband der Laborärzte. "Er hat seine feste Meinung, die er auch ganz konsequent vorträgt. Das muss man akzeptieren. Ich habe eine andere Meinung", sagte Watzke. Das sei eben so in einer Demokratie.
(as)