Vor der WM waren die Befürchtungen bei Fans, Spielern und Funktionären groß: Wie soll der Videobeweis auf der großen WM-Bühne bloß funktionieren?
Vorgeprägt vom Chaos in der Bundesliga und Pannen beim Confed-Cup lautete die einhellige Meinung vor dem Startschuss der WM: Das wird eine Vollkatastrophe!
Nach dem ersten Spieltag und vier korrekten Video-Elfern heißt es nun aber: Das läuft ja ganz schön rund da in Russland mit dem VAR!
Aber warum funktioniert es bei der WM so gut mit dem Videobeweis? Wir haben den Schiri-Experten Alex Feuerherdt von "Fokus Fussball" gefragt.
Das Online-Magazin ist vor allem bekannt durch den Schiedsrichter-Podcast "Collinas Erben". Auch auf Twitter sind "Collinas Erben" sehr beliebt und regelmäßig gefragt, wenn es um strittige Entscheidungen in Fußballspielen geht.
Hier kommen 4 Gründe, warum der Videobeweis bei der WM besser funktioniert als in der Bundesliga und eine Empfehlung für die DFL:
Bisher waren es klare Fälle, wenn der Videoschiedsrichter zum Einsatz kam
"Es gab bisher fünf Entscheidungsänderungen bei der WM. Von diesen fünf Korrekturen war es viermal ein Elfmeter, der nachträglich gegeben wurde, und bei denen es keine zwei Meinungen gab. Die fünfte Korrektur betraf eine Situation, in der nachgeschaut wurde, ob möglicherweise eine Tätlichkeit übersehen worden ist. Das war in der Nachspielzeit der Partie zwischen Serbien und Costa Rica. Der Schiedsrichter hat dann nach Betrachten der Bilder gesagt, dass es keine Tätlichkeit, sondern eine Unsportlichkeit gewesen sei, und Gelb gegeben. Das hätte man auch anders beurteilen können, lag aber noch im Ermessensspielraum des Schiedsrichters.
Alex Feuerherdt
Costa Rica gegen Serbien: Rote oder Gelbe Karte?imago/ITAR-TASS/sergei bobylev
Die Eingriffsschwelle für die VARs liegt sehr hoch. Seeehr hoch...
"Man erkennt eine klare Linie, die nachvollziehbar ist. Es geht darum, klare und eindeutige Fehler zu korrigieren. Sobald der Schiedsrichter sagt: Ich habe das so gesehen und bin mir sicher in meiner Entscheidung, sind die Videoassistenten mehr oder weniger raus aus der Sache. Mit dieser Linie fährt man bisher sehr gut. Die Direktive ist offensichtlich so, dass die Videoassistenten sich nur dann einschalten sollen, wenn der Schiedsrichter etwas ganz klar übersehen oder ein Vergehen nicht wahrgenommen hat oder wenn die Wahrnehmung des Schiedsrichters dermaßen falsch gewesen ist, dass man die Entscheidung selbst mit ganz viel gutem Willen nicht mehr rechtfertigen kann. Die Auslegungslinie der Fifa ist sehr sinnvoll und hat sich bisher auch bewährt. Hoffen wir, dass es dabei bleibt".
Alex Feuerherdt
Beispiel für die hohe Eingriffsschwelle
Es gab natürlich auch strittige Situationen:
Nehmen wir den Zweikampf zwischen Diego Costa und Pepe im Spiel zwischen Spanien und Portugal vor dem 1:1-Ausgleichstreffer. Das war durchaus eine strittige Situation, die man auch anders hätte entscheiden können. Es gab auch eine kurze Besprechung zwischen VAR und Schiedsrichter. Aber das Tor zählte.
Hier die Szene:
Die Transparenz ist besser als in der Bundesliga
"Die Linie ist sicherlich transparenter als das, was die DFL bisher zugelassen hat. Die Fifa hatte bereits vor dem Turnier angekündigt, dass die Fernsehzuschauer im Falle einer 'On-Field-Review' genau die Bilder zu sehen bekommen, die auch der Schiedsrichter gezeigt bekommt. Das ist bis jetzt auch weitgehend so geschehen. Damit hat man als Zuschauer das Gefühl, dass man Teil der Prüfung ist. Was noch viel wichtiger und ein großer Unterschied zur Bundesliga ist: Die Zuschauer im Stadion bekommen nach Abschluss der 'On-Field-Review' die entscheidenden Bilder auf der Anzeigetafel gezeigt. Das kommt gut an und sorgt für Transparenz, die dem ganzen Projekt sehr gut tut. Die Zuschauer werden nicht alleine gelassen. Hinzu kommen Texteinblendungen im Stadion, was in der Videozentrale in Moskau gerade geprüft wird. Es gibt dort auch jemanden, der die Reporter informiert, was das Gespräch zwischen Schiedsrichter und Videoassistent ergeben hat. Das tut der ganzen Sache sehr gut".
Alex Feuerherdt
In der Bundesliga verzweifelten viele Fans an der neu eingeführten Technikimago/Zink
Unsere emotionale Distanz ist bei der WM viel größer
"Es hat etwas mit der emotionalen Involviertheit zu tun. Das ist ein Punkt, bei dem man hierzulande glaubt, dass der Videobeweis bei der WM besser läuft als in der Bundesliga. Stellen wir uns vor, der Zweikampf zwischen Diego Costa und Pepe wäre im Spiel Bayern gegen Dortmund passiert, die Protagonisten hätten Franck Ribéry und Gonzalo Castro geheißen und dann wäre ein Tor gefallen – es hätte tagelang Diskussionen und Schreiereien gegeben: Warum in Dreiteufelsnamen greift der Videoassistent nicht ein? Das war doch ein klares Foul! Bei Spanien gegen Portugal ist die emotionale Distanz der deutschen Zuschauer natürlich größer. Das führt dazu, dass man solche Szenen nüchterner, mit mehr Abstand betrachtet. Wenn so eine Situation im Spiel zwischen Deutschland gegen Schweden passierte, die Deutschen durch den Videobeweis benachteiligt würden, sähe das schon wieder anders aus".
Alex Feuerherdt
Und was kann die Bundesliga vom WM-Videobeweis lernen?
"Die DFL sollte sich ganz dringend daran orientieren, wie die Fifa das mit der Transparenz gelöst hat: Kann man Videobilder in den Stadien zeigen? Kann man Texteinblendungen machen? Brauchen wir auch jemanden, der die Reporter über den Stand der Dinge informiert? Das sind mit Sicherheit Punkte, die ein Vorbild für den Videobeweis in der Bundesliga sind. Die DFL ist bislang aber skeptisch und glaubt, dass die technischen
Voraussetzungen in der Bundesliga nicht überall gegeben sind".
Alex Feuerherdt
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