
Was kann der Rurik denn dafür, dass er so schön ist? Was kann der Rurik denn dafür, dass man ihn liebt?Bild: imago images / DeFodi
Fußball
Vor einem Jahr wurde er weltberühmt: Rurik Gislason vom deutschen Zweitligisten SV Sandhausen sammelte Hunderttausende Follower auf dem ganzen Erdball. Aber nicht, weil er entscheidende Tore schoss, den WM-Pokal in die Höhe stemmte oder durch ein kurioses Dribbling auffiel. Nein, der isländische Nationalspieler wurde einfach nur wegen seines Aussehens zum Star. Und seitdem hat sich seine ganze Fußballkarriere verändert.
Der Moment, in dem sein neues Leben ihm zu
Kopf stieg, kam für Rurik Gislason mit einer Rechnung. Als der
Isländer sah, für wie viel Geld er seine Trikots mit der Rückennummer
neun an Fans verschenkt hatte, wurde ihm klar: "Ich muss einen
Schritt zurück gehen, um mich selbst zu schützen." Die Rechnung
erhielt er wenige Wochen nach der Fußball-WM in Russland, nach der
sich innerhalb kürzester Zeit fast alles für ihn verändert hatte. "Es
war ein bisschen verrückt", sagt er.
Knapp ein Jahr später erkennt man beim Training des Zweitligisten SV
Sandhausen nicht, dass der 31-Jährige ein Star in den Sozialen Medien
ist. Es ist Ende Juni und eine der ersten Einheiten in der
Vorbereitung auf die neue Saison, die Sonne brennt vom Himmel auf den
Rasenplatz am Waldrand, im Schatten der kleinen Tribüne haben es sich
ein paar Rentner gemütlich gemacht. Fußballerisch fällt Gislason im
Kreis seiner Mannschaftskollegen nicht sonderlich auf. Was ihn jedoch
massiv von den anderen unterscheidet, ist sein Instagram-Profil.
Von 40.000 zu über einer Million Follower
Fast eine Million Menschen folgen ihm bei Insta, das
sind mehr als hundertmal so viele wie bei SVS-Linksverteidiger Leart
Paqarada. Vor einem Jahr hatte es angefangen, als der isländische
Nationalspieler bei der WM im Vorrundenspiel gegen Argentinien
eingewechselt worden war. Gislason fiel auch bei diesem Kurzeinsatz
nicht auf, weil ihm ein Hattrick oder etwas anderes Spektakuläres
gelang, sondern durch sein Aussehen: "Huh, ist der schön!", titelte
zum Beispiel der "Tagesspiegel".
Lediglich sieben Tage später war die Zahl seiner Follower von knapp
40.000 auf über eine Million gestiegen. "Was in dieser Woche passiert
ist, war überwältigend. Es hat Zeit gebraucht, bis ich es verstanden
habe", sagt Gislason heute. Im Anschluss passierte noch viel mehr: Er
wurde oft als Model angefragt, sein Gesicht wurde auf den Titelseiten
von Hochglanzmagazinen abgedruckt und selbst aus Argentinien, Russland
und der Schweiz kamen Gislason-Fans ins kleine Sandhausen. Der
Offensivspieler verschenkte so viele seiner Trikots, dass er das vom
Club zur Verfügung gestellte Kontingent weit überschritt.
"Vielleicht war ich zu nett. Ich wurde auf der Straße gefragt, nach
dem Training, nach den Spielen. Die Leute wissen ja nicht, dass wir
Fußballer die Trikots auch selbst bezahlen müssen", sagt er. Wegen
seiner langen blonden Haare und der feinen Gesichtszüge erinnert sein
Aussehen an den Schauspieler Chris Hemsworth in der Comicverfilmung
"Thor".
Einer seiner Mitspieler verpasste ihm im Anschluss an den
Hype nach seinem Argentinien-Einsatz den Hashtag #sexyrurik, der im
Netz ein Hit wurde. Alle wollten was von ihm: Fans seine Trikots,
Frauen seine Aufmerksamkeit, Magazine seine Fotos.
Es folgte der Alltag in der deutschen Provinz
Es sei schwer gewesen, sich kurz nach der WM wieder auf die tägliche
Arbeit in Sandhausen zu konzentrieren, sagt er. Der damalige
SVS-Trainer Kenan Kocak, der ihn sowohl vor als auch nach der WM
erlebte, sagt: "Er hat damals natürlich das erste Mal sowas
durchgemacht. Es ist für einen Menschen nicht leicht, damit
umzugehen." Er habe auch auf die Stimmung in der Mannschaft aufpassen
müssen, weil Gislason "plötzlich als Star zurückgekommen" war.
Noch
heute verdient der Isländer im Monat mit Instagram manchmal mehr, als
beim SVS, wie er sagt. Wie viel er verdient, verrät er nicht, doch als Zweitligaprofi kann man eine hohe vierstellige oder auch mal eine fünfstellige Summe im Monat einstreichen. Die Zahlen gehen aber weit auseinander und können in einer Liga mit dem HSV natürlich wesentlich höher liegen. Als Instagram-Star mit fast einer Million Follower kann da schon ein Post für eine gute fünfstellige Summe verkauf werden. Wie das aber bei Gislason aussieht, ist natürlich nicht bekannt. Die Situation war nicht nur für Kocak und
Gislason, sondern für den ganzen SV Sandhausen neu.
Kaum ein Club steht so sehr für die Provinzialität des deutschen
Profifußballs wie der SVS. 14.500 Einwohner leben in dem Ort nahe
Heidelberg, der nicht mal eine Stadt, sondern eine Gemeinde ist, wie
der Vereinssprecher betont. Der Kontrast zu seinem zweiten Leben,
das für Gislason während der WM im Internet entstanden ist, hätte
kaum größer sein können.
Etwas mehr als ein halbes Jahr nach seiner
Rückkehr sank die Zahl seiner Follower übrigens wieder knapp unter
eine Million. "Es wurde weniger, als ich anfing, Bilder von meiner
Freundin zu posten", sagt er und verzieht den Mund zu einem Lächeln:
"Ich weiß auch nicht, warum."
(bn/dpa)
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