Chelsea und Champions League. Diese beiden Begriffe in Kombination rufen keine guten Erinnerungen beim FC Bayern hervor. Im "Finale dahoam" 2012 waren die Bayern in der heimischen Allianz Arena gegen die Londoner Favorit, sie führten ab der 83. Minute durch ein Tor von Thomas Müller mit 1:0, der Henkelpott war zum Greifen nah – doch dann köpfte Didier Drogba kurz vor Schluss den Ausgleichstreffer, im Elfmeterschießen scheiterten die Münchner dann auf dramatische Art und Weise.
Nun gibt es zwischen dem FC Chelsea und Bayern München am Dienstagabend (21 Uhr/Sky) an der Stamford Bridge das erste Wiedersehen in der Königsklasse, auch diesmal ist der Bundesligist der klare Favorit. Mit Thomas Müller, Manuel,Neuer, David Alaba und Jérôme Boateng sind immer noch vier FCB-Spieler dabei, die bereits vor knapp acht Jahren bei den Bayern unter Vertrag standen. Bis auf Alaba (Gelbsperre) standen sogar alle im Champions-League-Finale in der Startelf.
Bei Chelsea wird am Dienstag nur noch einer der Helden von damals mit dabei sein: Frank Lampard, allerdings an der Seitenlinie. 2012 war Lampard Kapitän der Blues, seit Sommer 2019 ist er deren Trainer.
Es hat sich viel verändert beim FC Chelsea. Der Klub ist aktuell nicht die Fußballgroßmacht, die er mal war beziehungsweise gerne wieder sein möchte. Einen Starstürmer wie Didier Drogba haben sie nicht mehr. Ihren besten Spieler Eden Hazard haben sie im Sommer an Real Madrid verkauft. Ersatz konnten die Londoner im Sommer nicht holen, da die Fifa sie mit einer Transfersperre belegt hat. Der Grund: In mehreren Fällen hatte Chelsea gegen die Regeln zur Verpflichtung Minderjähriger verstoßen.
Und so musste Lampard auf junge Spieler setzen, die nach ihren Ausleihen an andere Klubs nach London zurückkehrten: Mittelstürmer Tammy Abraham und der offensive Mittelfeldspieler Mason Mount oder die Verteidiger Fikayo Tomori und Reece James. Alle vier spielten sich in die erste Elf, Abraham ist mit 15 Toren und sechs Vorlagen in 33 Pflichtspielen sogar Topscorer der Blues.
Doch junge Spieler wie diese sind auch immer unerfahren, unkonstant, was mit einer der Gründe für die jüngste Negativserie ist: Seit dem 7. Dezember hat Chelsea bloß vier von zwölf Matches in der Premier League gewonnen. Wettbewerbsübergreifend haben die Blues in dieser Saison schon sieben Heimpleiten und damit ihren eigenen Negativrekord aus der Spielzeit 1994/95 eingestellt.
Am Samstag, als Chelsea sich im Londoner Stadtduell mit 2:1 gegen Tottenham Hotspur durchsetzte, holte Lampard einen erfahrenen Mann zurück in die Startelf, einen lange verschmähten französischen Weltmeister: Olivier Giroud, 33, durfte für den elf Jahre jüngeren Tammy Abraham starten, der bisher in der Regel den Vorzug vorm Franzosen erhalten hatte.
Und Giroud läutete prompt das vorläufige Ende der Chelsea-Durststrecke ein. Der ehemalige Arsenal-Stürmer erzielte gegen die Spurs den Führungstreffer für Chelsea, empfahl sich mit seinem allerersten Saisontor für einen Startelfeinsatz gegen den FC Bayern.
Dabei stand er im Januar noch kurz vor einem Vereinswechsel, weil er kaum noch zum Einsatz kam. An den Spieltagen 16 bis einschließlich 27 stand der französische Nationalspieler nicht einmal mehr im Kader.
Doch Giroud blieb am Ende doch bei Chelsea. Aus möglichen Engagements bei Tottenham und Lazio Rom wurde nichts. Die Blues können glücklich sein, dass er noch da ist. Neben Youngster Abraham, der seit dem 11. Januar nicht mehr getroffen und erst zwei Champions-League-Treffer auf dem Konto hat, und dem 26-jährigen Michy Batshuayi, dessen Form aktuell einer Wundertüte gleicht, ist der erfahrene Giroud plötzlich wieder wichtig.
Das Pfund, mit dem Giroud wuchern kann, ist nicht nur seine Erfahrung: Er ist widerstandsfähig, effizient und kann mit seiner Physis von 92 Kilogramm auf 1,93 Meter gegnerische Abwehrreihen zermürben. Auch nach hinten ackert er viel.
Der 33-Jährige zahlt es außerdem mit Toren zurück, wenn er von Beginn an ran darf – quasi eine goldene Giroud-Regel: Bei seinen vergangenen 14 Startelf-Einsätzen für Chelsea war er an 14 Toren direkt beteiligt: zehn Tore, vier Vorlagen.
Und Giroud ist einer fürs Wir-Gefühl, ein Teamplayer: "Dieses Spiel war vielleicht ein Wendepunkt für uns", sagte Giroud nach dem Sieg gegen Tottenham, als hätte er nie zwölf Spieltage auf der Tribüne gesessen.
Die Blues glauben nach ihrer Generalprobe mit dem 2:1 gegen die Spurs an sich. Sie dürfen sich gegen Bayern sogar ein bisschen Hoffnungen machen – trotz der aktuell schlechten Heimbilanz: An der Stamford Bridge siegte bislang noch keine deutsche Mannschaft. Und wenn die goldene Giroud-Regel eintritt, dann wird Chelsea mindestens einmal treffen...
(as)