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Fußball-Kolumne

Said El Malas Weg entlarvt das DFB-Nachwuchsproblem

Said El Mala 1. FC Koeln schaut waehrend des spiels der Bundesliga zwischen 1. FC K�ln und FC Augsburg, RheinEnergieSTADION am 18. October 2025 in K�ln, Deutschland. Foto von Oliver Kaelke/DeFodi Imag ...
Versucht, den Hype zu überhören: Saïd El Mala.Bild: IMAGO/DeFodi Images
Fußball-Kolumne

Der DFB hat ein Nachwuchsproblem – und El Mala liefert den Beweis

In seiner Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
25.10.2025, 14:0625.10.2025, 14:06

Wenn Borussia Dortmund am Samstagabend (18.30 Uhr) den 1. FC Köln empfängt, wird Saïd El Mala alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nach sieben Spielen und drei Toren für die Kölner ist ein regelrechter Hype um das 19-jährige Ausnahmetalent entstanden.

Angeblich steht er bereits bei mehreren Top-Klubs aus der englischen Premier League auf der Liste. Auch große Vereine wie der FC Bayern sollen ein Auge auf den jungen Linksaußen geworfen haben.

Der neue Hype um Saïd El Mala

Was hingegen kaum bekannt ist: Vor vier Jahren musste El Mala das Nachwuchs-Leistungszentrum von Borussia Mönchengladbach verlassen – und fand über den TSV Meerbusch, derzeit Elfter der Oberliga Niederrhein, und den FC Viktoria Köln den Weg in die Bundesliga.

Unmittelbar vor dem heutigen Spitzenspiel vermeldete der Boulevard auch noch, dass El Mala um ein Haar zum BVB gewechselt wäre, sich dann aber wegen der attraktiver erscheinenden sportlichen Perspektive für den 1. FC Köln entschieden habe.

Fanforscher Harald Lange.
watson-Kolumnist und Fan-Forscher Harald Lange.Bild: Uni Würzburg
Über den Autor

Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Lange schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Falls er heute Abend erneut treffen sollte – und davon können wir getrost ausgehen – wird der ohnehin rasant gestiegene Marktwert nochmals durch die Decke gehen. In den einschlägigen Transferportalen wird der Sprung von einst drei auf inzwischen 18 Millionen Euro bereits jetzt als Erfolgsgeschichte gefeiert.

Doch der aktuellen Feierstimmung mag vielleicht bald die Ernüchterung folgen. Vieles deutet darauf hin, dass auch dieses Talent schon bald dem Ruf des britischen Pfunds folgt – und irgendwo in den Weiten der Premier League verschwindet. Schuld daran ist die Bundesliga.

Das doppelte Nachwuchsproblem der Bundesliga

Denn die Bundesliga hat ein doppeltes Nachwuchsproblem. Zum einen betreiben die Profiklubs teure Leistungszentren, die zunächst alle talentierten Jugendlichen der Region an sich ziehen – um sie wenige Jahre später, meist mit 16, 17 oder 18, wieder in die Bedeutungslosigkeit zu entlassen. Zur Erinnerung: Im Fall von El Mala führte dieser Weg zum TSV Meerbusch.

Zum anderen stehen, sobald ein solcher Spieler doch den Sprung zurück in den Profifußball schafft, längst die Scouts der internationalen Topklubs bereit, um ihn mit hohen Summen erneut abzuwerben.

Die DFL sucht mit Experten nach Antworten

Passend zu diesem Dilemma tagte in dieser Woche eine neue Expertenrunde der Deutschen Fußball-Liga (DFL), die sich um die Strukturen der Nachwuchsförderung im Deutschen Fußball kümmern soll.

Der Arbeitsauftrag dieser Gruppe hat es in sich. Es geht dort um die "sportliche Zukunft des deutschen Fußballs" – und wie so oft beeindrucken die prominenten Namen.

23.08.2024, Vorstellungs-Pressekonferenz von Bundestrainer Christian Wueck, Deutschland, Frankfurt am Main, DFB-Campus, v.li. Bundestrainer Christian Wueck unscharf und DFB-Geschaeftsfuehrer Andreas R ...
Sucht nach Lösungen: DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig.Bild: IMAGO/HMB-Media

Ex-Nationalspieler Sami Khedira, Jürgen Klopp, die Manager Markus Krösche (Eintracht Frankfurt), Andreas Bornemann (FC St. Pauli) und Joti Chatzialexiou (1. FC Nürnberg) sowie Andreas Rettig, Geschäftsführer beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), waren geladen.

Angetrieben durch wirre Statistiken, die im Grunde nur das feststellen, was jeder Fußballinteressierte in Deutschland längst weiß: Unzählige Fußballtalente in Deutschland bekommen schlichtweg keine Chance.

Saïd El Mala und der Fehler im System

Die Vereine werden vom Fußballnachwuchs geradezu überrannt, die Trainer vor Ort machen einen ausgezeichneten Job. Doch sobald eine Generation an Talenten bereit ist für den Schritt in den Spitzensport, wird sie zu früh aussortiert und zu Vereinen wie dem TSV Meerbusch geschickt.

Wohin auch immer es Saïd El Mala demnächst ziehen wird, wir alle werden ihm für die in Köln geschossenen Tore und gewonnenen Spiele dankbar sein.

Er hat mit seinem Weg von Gladbach über den TSV Meerbusch bis in die Bundesliga dem verkorksten Talentsystem des deutschen Fußballs einen Spiegel vorgehalten.

Köln-Trainer Lukas Kwasniok spricht schon über Verkauf von Saïd El Mala
Saïd El Mala gehört zu den positiven Überraschungen der noch jungen Bundesliga-Saison. Schon jetzt wird öffentlich über einen Wechsel des Youngsters gesprochen.
Vor der Saison hatten nicht wenige Fans und Expert:innen den 1. FC Köln auf einen Abstiegsplatz getippt. Der Aufsteiger aber mischt die Bundesliga auf, grüßt nach sieben Partien von einem starken sechsten Platz.
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