Ein aktueller Bericht zeigt, wie unzufrieden die DFB-Spielerinnen schon früh mit der Trainerin Martina Voss-Tecklenburg gewesen sein sollen.Bild: imago images / BEAUTIFUL SPORTS / Jones
Fußball
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist angeschlagen. Seit dem WM-Titel der Männer im Jahr 2014 erzielte das Team ausschließlich schlechte Turnierergebnisse. WM-Vorrundenaus 2018, Achtelfinal-Aus bei der EM 2021 und ein erneutes Vorrunden-Aus bei der WM 2022 stehen auf dem Papier. Auch die Finanzlage ist deshalb alles andere als positiv.
Wegen der schlechten Leistungen fehlen Prämien in Millionenhöhe. Der neue Campus des DFB in Frankfurt wird zudem etwa 30 Millionen Euro teurer als geplant. Außerdem drohen Steuernachzahlungen in Millionenhöhe. Zweistellig. Das Führungschaos beim DFB macht die Situation auch nicht besser.
Kurzum: Beim Verband brodelt es.
Bis zuletzt war die Frauen-Nationalmannschaft so etwas wie der Hoffnungsträger des DFB. Das änderte sich jedoch mit der WM in Australien und Neuseeland und dem überraschenden Vorrunden-Aus.
Die DFB-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg ließ sich kurz nach dem Turnier krankschreiben und eine Aufarbeitung der Ereignisse vor Ort fand bis heute nicht statt. Stattdessen sprechen die frisch gekündigte Bundestrainerin und der Verband nur noch über Anwälte miteinander. Und das, obwohl der DFB selbst nach dem blamablen Vorrunden-Aus noch hinter der 55-Jährigen stand.
Nun gehen Verband und Trainerin getrennte Wege, wie am Samstag bekannt wurde. Hinter den Kulissen soll es jedoch schon lange gebrodelt haben. Ein aktueller Bericht des "Spiegel" zeigt, wie unzufrieden die Spielerinnen schon früh mit Voss-Tecklenburg gewesen sein sollen.
Noch vor wenigen Monaten lobte der DFB Martina Voss-Tecklenburg auf ganzer Linie. Jetzt trennen sich die Wege.Bild: imago images / Eibner
DFB: Verhältnis zu Trainerin Voss-Tecklenburg völlig zerrüttet
Eigentlich gab es viel zu tun, nach der enttäuschenden WM. Doch Voss-Tecklenburg meldete sich kurz danach krank, der DFB befand sich unter anderem deshalb am Rande der Handlungsunfähigkeit. Jetzt soll das Verhältnis völlig zerrüttet sein. Insider vermuteten bereits, dass die endgültige Trennung von ihr nur noch eine Frage der Zeit sei. Die Kommunikation lief nur noch über die Anwälte. Am Samstag verkündete der DFB schließlich, dass der Vertrag mit Voss-Tecklenburg aufgelöst worden sei.
Seit Längerem stellt sich die Frage, wer in dem ganzen Chaos wann was verbockt hat. Klar ist: Die Mannschaft und die Trainerin fanden nie ganz zueinander.
Mit der Art Voss-Tecklenburgs kamen nicht alle Spielerinnen klar.Bild: IMAGO images / James Whitehead
Das deutete sich schon beim ersten Turnier von Voss-Tecklenburg im Jahr 2019 an: Mehreren Berichten zufolge sollen das Team und die Trainerin bereits bei der WM immer wieder aneinander geraten sein. Die Dokumentation "Born for this – mehr als Fußball", die vom DFB in Auftrag gegeben wurde, hatte dies bereits angedeutet. Von Überforderung der Spielerinnen wegen Anweisungen der Trainerin ist darin die Rede.
DFB-Spielerinnen kritisieren Voss-Tecklenburgs Sturheit
Wie der "Spiegel" berichtet, beschreiben mehrere "Begleiter" die Trainerin als konsequent. Demnach verfolgte sie stets einen klaren Weg, ohne davon abzuweichen. Während einige dies demnach als professionell empfinden, bezeichnen andere diese Eigenschaft andere als stur.
Als bei der WM 2023 wichtige Spielerinnen ausfielen, reagierte Voss-Tecklenburg mit Entscheidungen, die bei den Fußballerinnen offenbar alles andere als gut ankamen: Sie setzte etwa Spielerinnen in der Außenverteidigung ein, die zu diesem Zeitpunkt kaum Erfahrung auf dieser Position hatten.
Die Frustration darüber soll groß gewesen sein. Die DFB-Führung wusste davon. Laut "Spiegel" spätestens, als die Frauen befragt wurden, wie ihre Eindrücke von der WM 2023 waren. Demnach wurde scharf gegen die Trainerin geschossen: Es soll Unverständnis über die taktischen Entscheidungen geherrscht haben. Auch die Art, wie Voss-Tecklenburg kommunizierte, stieß demnach auf Frust. Einige Spielerinnen sollen sich von ihrem Coach komplett ignoriert gefühlt haben.
Gutes Ergebnis bei EM nicht wegen, sondern trotz Voss-Tecklenburg?
Die Vorwürfe reichen sogar noch weiter zurück: Selbst, als die Frauen bei der EM 2022 erfolgreich waren, soll das Verhältnis schlecht gewesen sein. Der "Spiegel" bezieht sich in seinem Bericht auf mehrere nicht namentlich benannt Personen, die "den Aufarbeitungsprozess der WM eng begleitet haben". Demnach verlautete eine Spielerin nach der EM, das Team habe das EM-Finale nicht wegen, sondern trotz Voss-Tecklenburg erreicht.
Hinter den Kulissen soll bereits bei der EM 2022 die Unzufriedenheit groß gewesen sein.Bild: dpa / Sebastian Christoph Gollnow
Wie es nun mit den Frauen weitergeht, ist ungewiss. Für die deutschen Fußballerinnen könnte es nach dem ersten Vorrunden-Aus der Geschichte noch schlimmer kommen. Möglicherweise fällt sogar die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2024. Bereits in Tokio 2021 mussten die Frauen darauf verzichten.
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Klar ist: Man will international den Anschluss halten. Wer die DFB-Frauen wieder auf den richtigen Kurs lenken soll, ist derzeit noch unklar. Horst Hrubesch, der aktuelle Interimstrainer, macht den Job nur vorübergehend.
Die Auflösung des Vertrages mit der Bundestrainerin ist vermutlich nicht billig. Schließlich wurde ihr Vertrag kurz vor der WM noch bis 2025 verlängert. Diese Entscheidung dürfte man intern bereits bitter bereuen.
Für die ersten 39 Minuten gegen Union Berlin fanden die Verantwortlichen des VfB Stuttgart am Freitagabend noch deutliche Worte. Es sei "schwere Kost" gewesen und das Spiel "mutlos", sagte Trainer Sebastian Hoeneß.