Julian Nagelsmann gilt als Paradebeispiel für einen Laptop-Trainer. Schon bei seinen ersten beiden Trainer-Stationen in Leipzig und Hoffenheim wurde er von einem Team an Analysten unterstützt. Auch beim FC Bayern hat der 35-Jährige eine Art Digitalisierung angestoßen.
Beispielsweise haben seit einem Jahr alle Profis Zugriff auf eine Taktik-App, auf der sie sich unter anderem Videos zum nächsten Gegner angucken können. Das Nutzungsverhalten der Profis soll letzte Saison allerdings noch eingeschränkt gewesen sein.
Inzwischen sind auch die ersten baulichen Veränderungen am Trainingsgelände an der Säbener Straße abgeschlossen worden: Seit einer Woche hat Nagelsmanns Trainer-Büro im ersten Stock einen Privatbalkon, am Donnerstag wurde die dazugehörende geheime XXL-Taktik-Leinwand installiert, wie "Bild" berichtet.
Diese kann demnach nur von einem Geheimplatz auf dem Trainingsgelände begutachtet werden, und natürlich vom Büro des Cheftrainers aus. So soll Nagelsmann in der Lage sein, seinen Profis mithilfe eines Laser-Pointers von oben herab taktische Instruktionen zu geben.
Auch in Leipzig hat Nagelsmann schon "von oben" gecoacht: Damals hat man ihm und seinen Assistenten eine Hebebühne an den Spielfeldrand gefahren. In München hat man sich stattdessen für die kostspieligere Variante entschieden.
Dass die umfangreichen und kostspieligen Neuerungen gerade jetzt fertiggestellt wurden – inmitten der ersten sportlichen Krise während Nagelsmanns Amtszeit – ist wohl Zufall. Jedoch ein ziemlich unglücklicher, immerhin erinnern Nagelsmanns sonderbare Wünsche sehr an die eines anderen einstigen Bayern-Trainers, der "jeden Spieler jeden Tag ein bisschen besser" machen wollte.
Die Rede ist von Jürgen Klinsmann. Bei seinem Amtsantritt 2008 hatte der Ex-Bundestrainer auf einer Dachterrasse nämlich nicht nur vier Buddha-Statuen aufstellen lassen, sondern sich von den Bayern-Bossen eigens ein neues Leistungszentrum bauen lassen. Einschließlich Bibliothek, Dachterasse, Sofalandschaft und Whirlpool. Nach weniger als einer Saison war Klinsmann jedoch schon wieder weg, wegen sportlicher Erfolglosigkeit. Einige seiner Neuerungen behielten die Bayern allerdings weiter bei und nutzten sie.
Nagelsmann hat zumindest vergangene Saison schon unter Beweis gestellt, dass er mit den Bayern Meister werden kann. Trotz der aktuellen sportlichen Talfahrt sind die Münchner-Bosse überzeugt, dass er es wieder schaffen kann.
Und selbst wenn nicht: Auf das hochmoderne Leistungszentrum waren der Rekordmeister auch nach dem Klinsmann-Aus noch lange stolz (die Buddha-Statuen sind mittlerweile weg). Genauso könnte auch der Coaching-Balkon unabhängig von Nagelsmann zum festen Bestandteil der Münchner Trainingsroutine werden.
(kpk)