Dass nicht alles ganz rund laufen würde, war Jana Wosnitza schon im Vorfeld klar. Schließlich ist bei RTL seit einigen Wochen alles neu – zumindest, wenn es um die Übertragung der amerikanischen Football-Liga NFL geht. "Wir haben beim ersten Spiel gesagt: Wir müssen nicht an Tag eins sofort das Rad neu erfinden, sondern jeder konzentriert sich auf das, was er kann", erinnert sie sich im Gespräch mit watson an die ersten Sendungen.
Nicht nur für die Teams waren es die ersten Spiele in der Vorbereitung. Auch für die Moderatorin und den Sender war es ein guter Testlauf mit Blick auf das erste Saisonspiel zwischen den Kansas City Chiefs und den Detroit Lions, das in der Nacht auf den 8. September auf dem Kölner Privatsender läuft.
Denn dann wird ein großes Ziel verfolgt: "Wir wollen den nächsten Schritt gehen mit diesem Sport und ihn in Deutschland noch beliebter machen", sagt sie. Schon jetzt ist Football bei den 14- bis 49-Jährigen der zweitbeliebteste TV-Sport.
Wie soll das in RTL-Maßstäben gesteigert werden?
Der Sender gibt Gas: Ein komplett neues Studio in Köln mit Blick über die Stadt, ein neues Team mit den bekanntesten Gesichtern des deutschen Footballs und ein halbes Spielfeld, das im Innenhof des Senders aufgebaut ist.
Dennoch hat American Football im öffentlichen Diskurs in Deutschland noch ein großes Problem. Das wurde der 30-Jährigen, die zuvor für Sport1 Co-Moderatorin beim Fußball-Talk "Doppelpass" war und für den Sender vom Darts und Eishockey berichtete, auch bei ihrer ersten Sendung vor einigen Wochen bewusst.
Denn eine große Football-Community gibt es durch die jahrelangen Übertragungen auf ProSieben und ProSieben Maxx unter dem Label ranNFL bereits in Deutschland. Die RTL-Moderatorin charakterisiert sie als "laute und meinungsstarke Community". Doch das ist nicht immer positiv.
Nach ihrer ersten Sendung gab es auf X und Instagram zahlreiche sexistische und herablassende Kommentare über sie. Die 30-Jährige kritisiert eine gewisse Doppelmoral:
In den USA ist das anders. Dort sind NFL-Übertragungen enorm weiblich geprägt. Wobei Wosnitza selbst mittlerweile von der Diskussion genervt ist. "Da muss ein Team stehen, das harmoniert und dem Sport die bestmögliche Berichterstattung bietet. Ich finde, wenn wir dahin kommen, dass wir einfach gar nicht mehr thematisieren, ob Mann oder Frau, dann sind wir am Ziel."
Gleichzeitig ist sie überzeugt, dass ein Team am stärksten ist, wenn es von verschiedenen Charakteren geprägt wird. "Und eine Frau bringt nochmal eine andere Farbe rein, geht vielleicht anders an ein Interview ran und stellt andere Fragen."
Auch wenn die Harmonie innerhalb des RTL-Casts bereits "überragend" sei, müsse man sich als komplettes Team erst noch finden. Ihr sei bewusst, dass die Übertragungen noch lockerer, lustiger und spontaner werden können, doch das brauche eine gewisse Anzahl an gemeinsamen Sendungen.
Zeit, die viele Zuschauer:innen dem Sender aber nicht zugestehen wollen. Schon als bekannt wurde, dass ProSieben die NFL-Übertragungsrechte an RTL verliert, hagelte es heftige Kritik. Auch nach den ersten RTL-Übertragungen wurden schnell Vergleiche zwischen den Sendern gezogen.
Dass es dazu kommen würde, sei laut Wosnitza allen Beteiligten bewusst, jedoch hinter den Kulissen kein Thema. Die ranNFL-Crew habe den Startschuss in Deutschland gegeben, aber sie wollen es "weiterdrehen und da schauen wir nach vorn und nicht zurück".
Und so fordert sie auch von den Zuschauer:innen Geduld. "Wir lernen uns innerhalb des Teams, sowohl vor als auch hinter der Kamera, immer noch kennen – und für die Zuschauer ist es auch eine neue Konstellation."
Aufgrund der bereits vorhandenen Fan-Basis steht RTL bei seinen Übertragungen vor der großen Herausforderung, zwei Zielgruppen zufriedenstellen zu müssen. Einerseits die Zuschauer:innen, die den Sport schon seit Jahren verfolgen, und "auf der anderen Seite ist es ja auch unser Anspruch, dass wir neue Leute gewinnen und für diesen Sport begeistern."
Dazu würde dann auch gehören, dass sie Fragen stellt, die sich unerfahrene Zuschauer:innen zu Hause auf der Couch stellen. "Deswegen ist es vielleicht auch gar nicht so verkehrt, dass ich nicht als Supernerd in die Sendungen gehe."
Man dürfe auch nicht vergessen, dass Sport Entertainment sei. Das sei in kaum einer Sportart besser vereint als im Football. Einerseits sei das Spiel unfassbar physisch, taktisch geprägt und sehr anspruchsvoll zu verstehen. Andererseits "hast du Typen, die sich was trauen, die auch mal Mist bauen, die aus der Reihe fallen, die verrückte Styles haben." Das sorge dafür, dass eine sehr breite Masse an Menschen für Football zu begeistern sei – und in Deutschland noch reichlich Potenzial vorhanden ist.
Hierzulande sei das gerade im Fußball noch umgekehrt. "Wir sagen, wir wollen Charaktere, wir wollen Leute, die aus der Reihe tanzen. Wir halten es aber nicht aus, wenn es doch mal einer macht. Uns fehlt die Toleranz dafür."
Mit Football kam sie das erste Mal während ihrer Studienzeit an der San Diego State University in Kontakt, anschließend flachte ihr Interesse jedoch etwas ab. Daher waren die vergangenen Wochen für sie mit intensiver Recherche verbunden.
Podcast hören, Google-Suche, das Einlesen in gewisse Themen, Saisonvorschauen: Wosnitza hat laut eigenen Angaben im Schnitt pro Tag sechs Stunden am Laptop gesessen und sich nur mit Football beschäftigt.
Und sollte es doch nicht schnell genug mit der Lockerheit vor der Kamera klappen, holt sie sich Tipps von Florian König, mit dem sie die vergangenen zwei Jahre durch den Doppelpass führte. Inzwischen habe sich sogar eine Freundschaft zwischen beiden entwickelt.
"Wir haben einen sehr ehrlichen und persönlichen Austausch. Er gibt mir aber nie Tipps aus der Kategorie ungefragte Ratschläge, sondern immer das Gefühl, dass er da ist und ich anrufen kann, wenn ich Hilfe brauche."
Und obwohl beide nicht mehr beim Doppelpass bei Sport1 vor der Kamera stehen, ist er weiterhin ihr Kollege. Denn König begleitete jahrelang für RTL die Formel 1 und seit einigen Jahren nun die Spiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Wenn ich da Fragen zu Abläufen im Sender habe, ist er mein erster Ansprechpartner."