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Olympia: Hendrik Pfeiffer startet nach zahlreichen Absagen beim Marathon

Hendrik Pfeiffer beim Halbmarathon in Dresden
Hendrik Pfeiffer feiert mit 28 Jahren endlich seine Olympia-PremiereBild: www.imago-images.de / Kai Peters
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"So stolz, jetzt ein Olympionike zu sein": So kämpfte sich Marathon-Läufer Hendrik Pfeiffer nach Olympia-Absage 2016 und Corona-Infektion zu Olympia

07.08.2021, 13:1308.08.2021, 10:29
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"Wenn ich eine Kiste Wasser hochhob, musste ich mich danach erst mal hinlegen", erzählt Hendrik Pfeiffer über seine Situation Ende März. Der 28-Jährige hatte sich mit Corona infiziert, brauchte vier Wochen, bis er wieder lockere Läufe absolvieren konnte. Etwas mehr als vier Monate später konnte er am Sonntag beim wohl größten Sport-Event der Welt starten: beim olympischen Marathon in Tokio.

Trainer Tono Kirschbaum erzählte vor dem Start bei watson zur Corona-Infektion seines Athleten: "Es hat ihn letztlich richtig umgehauen und es hat sehr lange gebraucht, um wieder auf das vorherige Level zu kommen." Das Bangen um die Olympia-Teilnahme begann – schon wieder, so muss man es bei Pfeiffer fast sagen.

"Der Arzt hat mir gesagt, dass ich ohne die Operation keinen Sport mehr hätte betreiben können."
Marathon-Läufer Hendrik Pfeiffer über seine Verletzung 2016

Denn in der Vergangenheit hat Pfeiffer Erfahrungen gesammelt, große Wettbewerbe absagen zu müssen. Schon 2016 lief er die Olympia-Norm und wäre in Rio dabei gewesen. Einen Monat vorher kam dann allerdings die große Enttäuschung. Die Achillessehne schmerzte zu sehr. Kurz später ließ er sich sogar operieren, erzählte danach von einer Aussage seines Arztes: "Er hat mir gesagt, dass ich ohne die Operation keinen Sport mehr hätte betreiben können. Ich bin diesem Arzt sehr, sehr dankbar."

Der nächste Schock schon 2018

Rückblickend sagt Trainer Kirschbaum gegenüber watson: "Das war ein Schock und hat ihn natürlich ziemlich geknickt. Aber es hat auch gezeigt, dass er nicht aufgibt, ein Kämpfer ist und immer wieder den Anschluss findet." Das schaffte er und qualifizierte sich für die Heim-EM 2018 in Berlin. Da folgte der nächste Schock, er musste wieder absagen. Wieder war es die Achillessehne, wenn auch an einer etwas anderen Stelle. Wieder musste er sich operieren lassen.

Lauf-Trainer Tono Kirschbaum bei einem Wettbewerb 2011
Lauf-Trainer Tono Kirschbaum bei einem Wettbewerb 2011null / imago images

Mehrfach betonte Pfeiffer, dass die Enttäuschung nach diesen Verletzungen groß sei, trotzdem schaffte er es immer, den Blick nach vorne zu richten. Kirschbaum erzählt: "Es ist nicht so, dass er sich da einmal schüttelt und dann ist es für ihn erledigt. Aber irgendwann reißt er sich zusammen und packt es wieder neu an." Auch nach seiner erneuten Verletzung 2018.

Nochmal nahm er Anlauf und setzte auf das Ziel Tokio. Im Februar 2020 unterbot er die Olympia-Norm um mehr als eine Minute, lief die 42,195 Kilometer in zwei Stunden, zehn Minuten und 18 Sekunden in Sevilla. Aber Pfeiffer wäre nicht Pfeiffer, wenn nicht der nächste Dämpfer gekommen wäre. Erst wurden die Olympischen Spiele wegen der Corona-Pandemie verschoben, dann infizierte er sich selbst mit dem Virus.

Und plötzlich musste er um sein Olympia-Ticket bangen. Einerseits musste er rechtzeitig fit werden, andererseits hat der Deutsche Leichtathletik-Verband nur drei Marathon-Startplätze, aber vier Läufer hatten die Norm erreicht. Pfeiffers Zeit von Sevilla war die drittbeste. "Das Bangen war auf jeden Fall da. Hendrik konnte wegen Corona nicht mehr kontern. Deshalb ist es umso schöner, dass er es geschafft hat", findet sein Trainer. Denn Läufer Simon Boch blieb exakt 30 Sekunden langsamer als Pfeiffer.

Glückliche Nachricht nach dem rennen

Deshalb ist Pfeiffer dabei, musste auch kurzfristig nicht mehr absagen und erfüllte sich somit endlich einen Lebenstraum. Nach dem Rennen schrieb er glücklich bei Instagram, dass er unter die Top 50 gekommen sei und "so stolz", endlich ein Olympionike zu sein.

Er hatte sich gut vorbereitet: Das große Thema war die Anpassung an das warme Wetter in Tokio. Kirschbaum erzählt: "Wir haben lange überlegt, was wir machen. Wegen der Höhe sind wir nach Kenia gereist. Das hat bei ihm immer sehr positiv gewirkt. In den ersten 14 Tagen hatten wir warmes Wetter, danach hat es sich abgekühlt. Aber wir haben hier in Japan neun Tage, um mit der Zeit- und Hitze-Anpassung zurechtzukommen." Denn schon vergangenes Wochenende reisten Pfeiffer und Kirschbaum nach Japan, um sich dort auf die Wetterbedingungen am Wettkampfort einzustellen.

Höhentraining
In vielen Ausdauersportarten wird das Höhentraining angewandt. Da in zunehmender Höhe der Sauerstoff-Gehalt abnimmt, steigt die Produktion von roten Blutkörperchen, die für den Sauerstoff-Transport zuständig sind.

Dadurch erhöht sich die Kapazität von Sauerstoffaufnahme und -transport, was positiv für die sportliche Leistungsfähigkeit ist. Dieser Effekt tritt aber erst nach frühestens einer Woche auf. Außerdem kommt es zu positiven Anpassungen im Stoffwechsel.

Im Wettkampf-Ort Sapporo, wohin die Geh- und Marathon-Wettbewerbe wegen zu hoher Temperaturen in Tokio verlegt wurden, sieht Kirschbaum weitere Probleme: "Mit der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit geht es auch für einen Spitzensportler darum, das richtige Tempo zu finden. Er darf nicht zu schnell laufen, um bei den Verhältnissen keinen Ausfall zu riskieren. Gleichzeitig darf er nicht zu langsam laufen, damit er sich am Ende ärgert, weil er noch mehr Power gehabt hätte."

Eine Prognose hatte Kirschbaum für das Rennen nicht gewagt. "Das Starterfeld ist extrem eng und mit vielen Top-Athleten besetzt, weil auch die Läufer von 2019, 2020 und 2021 zählen, die die Norm geschafft haben. Deshalb ist das Feld sehr groß."

Am Sonntag war klar: Laufstar Eliud Kipchoge gewann den Marathon – erst als dritter Leichtathlet in der Olympia-Geschichte zum zweiten Mal. Der 36 Jahre alte Kenianer, der schon in Rio 2016 als Erster ins Ziel kam, setzte sich in Sapporo in 2:08:38 Stunden klar vor Abdi Nageeye (2:09:58) aus den Niederlanden durch. Dritter wurde der Belgier Bashir Abdi (2:10:00). Keine schlechte Gesellschaft, in der sich Hendrik Pfeiffer seinen Kindheitstraum erfüllte.

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