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Ironman in Frankfurt: Wie ich die erste Langdistanz hinter mich brachte

Um 6.25 Uhr starteten die Profis in den Wettkampf. Zehn Minuten später ging es für die Amateure los.
Um 6.25 Uhr starteten die Profis in den Wettkampf. Zehn Minuten später ging es für die Amateure los.Bild: www.imago-images.de / imago images
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Spaß mit Flaggen, schwache Blase und DJ Ötzi: So habe ich meinen ersten Ironman überstanden

28.06.2022, 10:4428.06.2022, 10:57
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"Nikolai, you're now an Ironman." Als ich diese Worte höre und durch den Zielbogen am Frankfurter Römerberg laufe, ist es bereits 21.02 Uhr. Etwas mehr als 14 Stunden bin ich unterwegs gewesen, um meinen Traum zu erfüllen – zum Glück am Ende erfolgreich.

Dabei lief längst nicht alles rund. Sowohl in der Vorbereitung, als auch am Renntag selbst. Um 6.30 Uhr sollte das Rennen am Langener Waldsee starten: 3,8 Kilometer schwimmen, 182 Kilometer Rad fahren und zum Abschluss einen Marathon laufen. Profis schaffen das in unter acht Stunden. Der Rekord, unter optimierten Bedingungen, liegt sogar bei sechs Stunden, 44 Minuten und 26 Sekunden. Er wurde vom Dänen Kristian Blummenfelt aufgestellt.

3 Kilometer zum Start zu Fuß

Für mich sind diese Zeiten illusorisch. Es geht einzig und allein um das Ankommen im Ziel. Dafür hat jeder Athlet in Frankfurt ab dem Moment, in dem er ins Rennen geht, 15 Stunden Zeit. Das erste Problem stellt sich mir allerdings schon auf dem Weg zum Start. Ich werde von meiner Familie zum See gefahren, aber eine Stunde vor Beginn sind die Straßen überfüllt und teilweise gesperrt, es geht mit dem Auto kaum vorwärts. Deshalb steige ich aus und mache mich zu Fuß auf den Weg in die Startzone – wie viele andere Teilnehmende auch.

In der Wechselzone angekommen, zeigt meine Sportuhr, dass ich schon drei Kilometer gelaufen bin. Jetzt kommt "nur" noch der Ironman on top. Als um 6.25 Uhr die Profis starten, wird mir klar, dass ich nun bei dem Rennen starte, wofür ich insgesamt drei Jahre lang geschuftet habe.

Seitdem habe ich etliche Trainingsstunden auf dem Rad, im Schwimmbecken oder in Laufschuhen verbracht. Allein im letzten Vorbereitungsjahr seit Oktober 2021 habe ich über 2200 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt, bin 67,5 Kilometer geschwommen und fast 700 Kilometer gejoggt. Zehn bis 15 Stunden pro Woche zusätzlich zum Training mit der Hobby-Fußballmannschaft (Grüße gehen raus).

"In Anlehnung an die bekannte Comedy-Serie 'The Big Bang Theorie' habe ich diesen Abschnitt 'Stübi präsentiert Spaß mit Flaggen' genannt."
Über die Beschäftigung während den 182 Kilometern auf dem Fahrrad

Mit dieser Vorbereitung im Rücken starte ich um 6.52 Uhr das Schwimmen im See und bin – zumindest gefühlt – auch ganz schnell wieder draußen. Angestrengt bin ich nach fast vier Kilometern noch nicht. Stattdessen geht es jetzt auf zwei Rädern weiter und ich begebe mich ins Hamsterrad. 182 Kilometer sind extrem lang und man hat viel Zeit, um zu überlegen, weshalb man sich das Ganze überhaupt antut.

Nach 3,8 Kilometern im Wasser verlasse ich den Langener Waldsee und bin auf dem Weg in die Wechselzone, um auf das Fahrrad zu steigen.
Nach 3,8 Kilometern im Wasser verlasse ich den Langener Waldsee und bin auf dem Weg in die Wechselzone, um auf das Fahrrad zu steigen.

Während ich die ersten Kilometer fahre, summe ich "Rock 'n' Roll all nite" von Kiss vor mich hin. Irgendwie passend. Gleichzeitig beginne ich ab Kilometer 30 aus Langeweile zu beobachten, aus welchen Ländern die anderen Teilnehmenden kommen. Vor dem Rennen habe ich gelesen, dass Menschen aus 81 verschiedenen Nationen teilnehmen. Immer wenn ich überholt werde (und das passiert oft), kann ich auf den Startnummern die Nationalität sehen.

Da ist Jorge aus Spanien, Nicolas aus Frankreich oder Ivana aus Kroatien. Aber auch aus Thailand, Costa Rica und Chile verschlägt es die Menschen zum Ironman nach Frankfurt. In Anlehnung an die bekannte Comedy-Serie "The Big Bang Theorie" habe ich diesen Abschnitt "Stübi präsentiert Spaß mit Flaggen" genannt.

DJ Ötzi als Wegbegleiter

Kilometer 60: Zum gefühlt 20. Mal ertönt in meinem Kopf der Refrain vom Kiss-Song, da fahre ich durch eines der vielen Dörfer, die auf der Strecke liegen. Aus einer Einfahrt, in der viele Menschen sitzen, ertönt lautstarke Musik: "Ein Stern" von DJ Ötzi – vielen lieben Dank für den nächsten Ohrwurm.

Während ich wieder in die Frankfurter Innenstadt rolle, um meine zweite Radrunde zu starten, zieht Zdravko aus Kroatien an mir vorbei. Mit einer Rennmaschine, wie sie fast in einem Formel-1-Rennen starten könnte. Richtig teure Rennräder können mehrere Tausend Euro kosten. Im Vergleich dazu: Mein Fahrrad hat gebraucht 200 Euro gekostet, ist dafür aber nicht so aerodynamisch. Das merke ich besonders bei den Abfahrten. Da ziehen viele Teilnehmer an mir vorbei, während ich sie beim nächsten Anstieg zumindest etwas einhole.

Eine andere Sache, bei der ich auf dem Rad sehr viel Zeit verliere, ist das Klo. Bei insgesamt zehn Versorgungs- und Wasserstationen muss ich mindestens achtmal, verliere dadurch sicherlich immer zwei Minuten. Das sorgt auch dafür, dass ich Zdravko sieben- oder achtmal überhole und er während meiner Pause wieder an mir vorbeifährt. Merke: Blasentraining hätte mir sicherlich auch noch zehn bis zwanzig Minuten gebracht.

Trotzdem komme ich nach 7 Stunden und 13 Minuten auf dem Rad in die zweite Wechselzone. Zu dem Zeitpunkt bin ich insgesamt schon fast neun Stunden unterwegs und kann mir während der letzten Kilometer auf dem Rad überhaupt nicht vorstellen, noch einen Marathon zu laufen. Im Hintergrund wabert zum letzten Mal "Ein Stern" in meinem Kopf, als ich in die Wechselzone fahre. Zum Glück gibt es von nun an auf der Strecke immer wieder Lautsprecher mit definitiv besserer Musik.

Fan-Unterstützung auf der Laufstrecke

Und zu meiner Überraschung fällt mir das Laufen sogar leicht – zumindest am Anfang. Insgesamt müssen vier Runden auf einer etwas mehr als 10 Kilometer langen Strecke absolviert werden. Die ersten zwei gehen mir locker von den Füßen. Erst ab der dritten Runde werde ich langsamer. Die unfassbar vielen Menschen, die an der Strecke stehen, feiern und anfeuern, geben damit auch den Teilnehmenden einen Push.

Die ersten beiden Runden laufe ich noch locker und entspannt. Danach werden die Beine schwerer und das Tempo langsamer.
Die ersten beiden Runden laufe ich noch locker und entspannt. Danach werden die Beine schwerer und das Tempo langsamer.

Auch die lustigen und motivierenden Plakate erleichtern das Laufen beispielsweise durch den Spruch: "Du hast viel schlauere Dinge gemacht, als du betrunken warst." Oder auch das Schild von einem meiner besten Freunde lässt mich strahlen. "Weg frei, hier kommt Nikolai" hat er auf Pappe geschrieben. Dadurch fühlen sich zumindest die nächsten zwei Schritte um einiges leichter an.

In der Frankfurter Innenstadt erwartet mich dieses Schild beim abschließenden Marathon.
In der Frankfurter Innenstadt erwartet mich dieses Schild beim abschließenden Marathon.

Doch das alles hilft nicht dagegen, dass ich mich noch gut 20 Kilometer durchkämpfen muss. Ein Learning aus meinem Probemarathon im April: Auf gar keinen Fall anfangen zu gehen. Deshalb bleibe ich immer im Jogging-Modus, auch wenn das Tempo immer langsamer wird.

Auf der letzten Runde lerne ich José kennen. Er kommt aus Spanien, absolviert auch seinen ersten Ironman. Nach einem kurzen Gespräch legt er aber noch einmal einen Gang zu, freut sich schon auf die Ziellinie.

"Auch ich werde frenetisch bejubelt, initiiere mehrere La-Ola-Wellen und fühle mich wie ein kleiner Star."
Über den Zieleinlauf am Ende des Ironmans

Ich bleibe in meinem Tempo, weil ich auch gelernt habe, sich nicht von anderen Teilnehmenden ablenken und mitziehen zu lassen. Wichtig ist die Konzentration auf das eigene Tempo und so schlendere ich, noch immer im Jogging-Modus, in Richtung Zielbereich. Schon ein paar Hundert Meter vorher verengt sich die Strecke, rechts und links stehen Zuschauer und bejubeln die Athleten und Athletinnen auf ihren letzten Metern.

Auch ich werde frenetisch bejubelt, initiiere mehrere La-Ola-Wellen und fühle mich wie ein kleiner Star. Als ich auf die Zielgerade einbiege, bekomme ich Gänsehaut. Die Tribünen zur Rechten und Linken sind noch komplett besetzt. Auch meine Frau, Familie und Freunde sind da. Es läuft laute Musik und die Finish-Line-Party ist in vollem Gang. Mittendrin sehe ich das Ziel. Das gibt so viel Kraft, dass ich noch einmal einen Zahn zulege und mit einem Jubelsprung das Rennen beende – nach etwas mehr als 14 Stunden.

Danach überkommt mich Erleichterung, dass ich es geschafft habe. Aber auch schnell merke ich die Erschöpfung. Ich setze mich in den Athletenbereich. Beim nächsten Aufstehen merke ich schon, wie schwer meine Beine sind. Ein runder Gang sieht anders aus. Trotzdem hole ich mir die Gravur für meine Medaille, ein Finisher-T-Shirt und gehe zum Duschen.

"Die Schattenseiten des Ironman-Trainings sind nämlich besonders von Verzicht geprägt."
Über die Schwierigkeiten beim Training zum Ironman

Dort tauschen sich alle Athleten miteinander aus, obwohl sie sich nicht kennen. Was lief gut? Welche Probleme gab es? Während ich völlig stolz über meinen ersten beendeten Ironman bin, verrät ein anderer Athlet, dass er nun bei allen 20 Ausgaben des Frankfurter Ironman gestartet ist und sie alle beendet hat.

Meine Bewunderung dafür ist groß, trotzdem will ich dem persönlich nicht nacheifern. Die Schattenseiten des Ironman-Trainings sind nämlich besonders von Verzicht geprägt. Verzicht darauf, sich mit Freunden zu treffen, weil man besser trainieren sollte. Verzicht darauf, ein Feierabendbier zu trinken (ja, da bin ich jetzt wieder dabei) und der Verzicht auf einen längeren Schlaf vor der Arbeit.

Einen Tag später schreibe diesen Artikel. Im Bett. Weil mein ganzer Körper einen Muskelkater hat und besonders das Gehen der ersten Schritte schwerfällt. Trotzdem geht es mir besser als beim halben Ironman ein Jahr vorher. Und ganz objektiv muss ich feststellen: Der Verzicht und die Schmerzen waren es trotzdem definitiv wert.

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