IOC-Präsident Thomas Bach hielt trotz Coronapandemie an den Olympischen Spielen fest. In Japan ist er daher kein gern gesehener Gast. Bild: ap / Shinji Kita
Sport
19.07.2021, 16:2519.07.2021, 17:51
Den schönen PR-Bildern mit der Fackel muss Thomas Bach
diesmal auch entsagen. Für den Präsidenten des Internationalen
Olympischen Komitees halten die Corona-Spiele von Tokio so einige
Prüfungen bereit, den Verzicht auf tradierte Symbolik inklusive. "Ein
Beispiel" wolle Bach setzen, lässt ein IOC-Sprecher wissen. Vor den
Spielen in Sotschi 2014, Rio 2016 und Pyeongchang 2018 hatte der
IOC-Chef noch jeweils am olympischen Fackellauf teilgenommen – ein
Brauch, den Juan Antonio Samaranch 1992 in Barcelona begründet hatte.
"Wir wissen um die Skepsis vieler Japaner."
IOC-Präsident Thomas Bach
Doch Bach ist in Japan dieser Tage kein wirklich gern gesehener Gast.
Seine Auftritte werden höchst kritisch begleitet, das unbedingte
Festhalten an den um ein Jahr verlegten Tokio-Spielen inmitten eines
Corona-Notstands nehmen viele Japaner dem 67-Jährigen übel.
"Wir
wissen um die Skepsis vieler Japaner", sagte Bach wenige Tage vor der
Eröffnung der Sommerspiele betont vorsichtig. Er hoffe doch sehr,
dass mit Beginn des unter strengsten Vorsichtsmaßnahmen organisierten
Spektakels die Stimmung im Gastgeberland "weniger emotional, um nicht
zu sagen, weniger aggressiv wird".
Noch ist davon wenig zu spüren. Jeder Schritt Bachs wird misstrauisch
beäugt. Proteste gab es gegen den Besuch des Würzburgers im
Friedenspark von Hiroshima, eine Online-Petition unterzeichneten mehr
als 70 000 Menschen. Rechtfertigen musste sich der IOC-Präsident auch
dafür, dass er trotz der strikten Corona-Regeln bei Olympia eine
Einladung der Organisatoren zu einem Empfang für Funktionäre im
Staatlichen Gästehaus annahm. Man sei doch nur zu Gast, erwiderte der
Fecht-Olympiasieger von 1976 etwas pikiert.
Bach zögerte lange mit
Olympia-Verlegung
Auch der umstrittene Ministerpräsident Yoshihide Suga hatte Bach bei
einem Treffen noch ermahnt. "Als Gastgeber der Spiele hoffe ich, dass
das IOC alles tun wird, dass alle Sportler und Beteiligten sich
vollständig an die Maßnahmen halten."
"Diese Spiele werden anders sein, sie müssen anders sein."
IOC-Präsident Thomas Bach
"Wir sollten uns gegenseitig vertrauen", sagte Bach kurz darauf. "In
aller Bescheidenheit" bitte er die japanische Bevölkerung, "die
Athleten aus aller Welt willkommen zu heißen und zu unterstützen".
Immer wieder wirbt Bach seit seiner Ankunft im Auge des Zorns mit
Nachdruck öffentlich für die Tokio-Spiele, die auch für ihn und das
IOC zu einem Hochrisiko-Projekt geworden sind. Schon im Vorjahr
setzte es massive Kritik, als die Olympia-Macher um Bach lange
zögerten, ehe sie das Weltsportfest mit Zehntausenden Beteiligten
wegen der Corona-Krise doch verlegten.
"Die einfachste Entscheidung wäre gewesen, die Spiele abzusagen, die
Versicherung zu kassieren und die Vorbereitungen auf Paris 2024 zu
beginnen", sagte Bach im Rückblick auf die März-Tage 2020.
Stattdessen habe das IOC viele Millionen in die Hand genommen, um
Olympia in Tokio zu retten. Dass es dem Ringe-Zirkel auch um die
Milliardengelder von Fernsehen und Sponsoren ging, die bei einer
Absage wohl verloren gewesen wären, ist kein großes Geheimnis.
Menschen versammeln sich vor dem Staatlichen Gästehaus, um gegen die Olympischen Spiele in Tokio und gegen eine Willkommensparty für IOC-Präsident Bach zu demonstrieren.Bild:kyodo/dpa
Unter Bachs Führung ist das IOC mehr denn je ein Sport-Konzern, der
wirtschaftlich stetig neue Erfolgsbilanzen vorlegt. Die Spiele sind
dabei das Kernprodukt – und waren seit Bachs Aufstieg zum Präsidenten
im Jahr 2013 nie frei von Problemen.
Die Winterspiele in Sotschi 2014
stehen für Russlands dreisten Dopingbetrug mit staatlicher Hilfe und
den Gigantismus von Wladimir Putin. Rio 2016 umgab ein Skandal um
Bestechung bei der Vergabe, die Milliardenkosten für die Spiele
stürzten die Metropole noch tiefer in die Krise. In Pyeongchang 2018
stand Russlands Team am Pranger, Nordkorea durfte die Olympia-Bühne
für Propaganda in eigener Sache nutzen.
Corona stürzte olympische Welt in eine tiefe Krise
Da versprach Tokio für Bach eine Atempause bei perfekt organisierten
Spielen vor einem sportbegeisterten Publikum. Dann kam Corona und
stürzte die olympische Welt in eine schwere Krise. "In den
vergangenen 15 Monaten hatten wir jeden Tag Zweifel, das war eine
Situation von hoher Unsicherheit", räumte Bach jetzt ein.
Doch der IOC-Chef, seine Getreuen und die japanischen Organisatoren
blieben stur. Mehrfach wurde in Tokio der Corona-Notstand verhängt,
in Umfragen sprach sich stets eine klare Mehrheit gegen die Spiele in
diesem Jahr aus, alle Zuschauer wurden ausgeschlossen – und doch soll
Olympia am Freitag eröffnet werden. "Diese Spiele werden anders sein,
sie müssen anders sein", sagte Bach.
Für den Ober-Olympier, der im März mit nur einer Gegenstimme für eine
letzte Amtszeit wiedergewählt wurde, wird es Zeit, dass sich die
Blicke statt auf die Corona-Tageszahlen auf den Medaillenspiegel
richten. "Wenn die Athleten endlich loslegen, wird das den Menschen
hier in Japan gut gefallen", beteuerte Bach. Nach den jüngsten
Eindrücken aus der Olympia-Metropole könnte das eine durchaus gewagte
Prognose sein.
(dpa)
Wenn die Formel 1 am Wochenende in Miami Halt macht, hat sie ein umfangreiches Programm mit im Gepäck. Am Freitag stehen die freien Trainings sowie das Sprint-Qualifying an, am Samstag das Sprint-Rennen sowie das Qualifying fürs klassische Rundrennen. Dieses bildet am Sonntag schließlich den Abschluss des ereignisreichen Wochenendes.