Die geplante Fußballweltmeisterschaft in Katar gerät wiederholt ins Kreuzfeuer der Kritik, der Druck von außen wächst. Obwohl die WM aus ethischer Sicht in dem Land nicht stattfinden dürfte, wird an dessen Start im November derzeit nicht gerüttelt. Einer will seine Augen vor der gesellschaftlichen Situation im Gastgeberland nicht verschließen: der Fußball-Nationalspieler İlkay Gündoğan. Die Sportler in die Verantwortung zu ziehen, sei aber falsch, findet er.
Erst kürzlich haben die WM-Organisatoren in Katar nach erneuten Vorwürfen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Ausbeutung von Arbeitern im Zusammenhang mit Fußball-Turnieren in dem Land zugegeben. Amnesty sprach von "schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen" und "teilweiser Zwangsarbeit", denen Arbeiter im Zusammenhang mit Fußball-Turnieren in dem Land ausgesetzt sind.
"Mir tun alle Menschen leid, die Unrecht erlebt haben und erleiden müssen. Wie könnte es auch anders sein? Ich bin ein Menschenfreund", sagt Fußball-Nationalspieler İlkay Gündoğan im Interview mit Steffen Lüdeke im "DFB-Journal". Er sei ein Freund von Menschenrechten und positioniert sich klar gegen Menschenrechtsverstöße. "Hier gibt es in Katar ein Problem", sagt Gündoğan.
Die Fußballer dafür verantwortlich zu machen, findet der Nationalspieler allerdings falsch. "Es ist kein Problem, das der Fußball geschaffen hat. Nun die Fußballer in die Pflicht zu nehmen, halte ich für schwierig und überfordernd." Spieler hätten keinen Einfluss auf die Auswahl des Gastgeberlandes.
Auf die WM blickt Gündoğan trotz all der negativen Hintergründe mit Vorfreude entgegen. "Ich freue mich auf das Turnier, so wie viele Fans das auch tun, im Übrigen auch viele Menschen in Katar", erzählt der Fußballer. Und: "Für mich als Sportler gibt es nichts Größeres, als sich mit den Besten zu messen, dieser Reiz ist wahnsinnig groß."
Das bedeute aber nicht, dass er schweigen werde. "Meine Meinung werde ich immer vertreten." Es gelte, die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein weiter hochzuhalten.
Unterdessen reißt die Debatte um eine gesellschaftliche Verantwortung des deutschen Profifußballs in diesem Zusammenhang nicht ab. Amnesty International lässt sich mit bloßer Aufmerksamkeit für die Menschenrechtsverletzungen nicht abspeisen. Die Organisation findet: Der DFB muss mehr machen.
Mit einer Petition von Amnesty International wird nun DFB-Präsident Bernd Neuendorf vehement aufgefordert, Arbeitsmigranten zu entschädigen, deren "Menschenrechte im direkten Zusammenhang mit der Fußball-WM verletzt wurden". Zudem solle Neuendorf selbst verstärkt Druck auf die Fifa ausüben. Schließlich sei er der "höchste Vertreter des größten Fußballverbandes der Welt". Konkret fordert Amnesty "die Einrichtung eines Zentrums für Arbeitsmigrant:innen", das "der DFB und die Fifa dauerhaft unterstützen".
Auch andere Fan-Organisationen verstärken den Druck auf die geplante WM. "Unsere Kurve" etwa kritisiert die Fußballweltmeisterschaft 2022 als "Skandalturnier, das nicht ohne Protest und kritische Begleitung aus der Zivilgesellschaft vonstattengehen" dürfe.