Gegen den Berliner Rapper Samra wurden kürzlich schwere Vorwürfe seitens einer Influencerin laut: Nika Irani behauptete auf Instagram, dass der Künstler sie in seinem Studio in Brandenburg sexuell missbraucht habe. Im Nachklang teilten wichtige Frauen im Rapbusiness wie Shirin David oder Visa Vie die Posts von Nika, schließlich formierte sich der Hashtag #deutschrapmetoo, unter dem etliche weitere Frauen angeblich ähnliche Missbrauchserfahrungen mit Samra und weiteren Rappern teilten.
Samra meldete sich nach einigen Tagen selbst zu Wort und bestritt vehement die Anschuldigungen. Ungeachtet dessen zog nach öffentlichem Druck sein Plattenlabel Universal Music Konsequenzen und pausierte seinen Vertrag. Nika allerdings möchte die angebliche Tat nicht zur Anzeige bringen, da sie befürchtet, die Polizei glaube ihr nicht. Samra, für den die Unschuldsvermutung gilt, geht mit den Vorwürfen offensiv um.
In einem offiziellen Instagram-Statement heißt es dazu von ihm: "Da sich diejenige, die mich beschuldigt, weigert, die Angelegenheit zur Anzeige zu bringen, sehe ich mich gezwungen, den Sachverhalt von der Staatsanwaltschaft klären zu lassen. Ich gehe bewusst diesen Weg, da ich den Vorwürfen nicht nur widersprechen, sondern eine unabhängige Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft und Polizei herbeiführen möchte."
Der Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzler Wilde Beuger Solmecke, Christian Solmecke, schätzte nun auf Anfrage von watson die rechtliche Lage für Samra und Nika ein. Dabei geht er unter anderem davon aus, dass ein gerichtliches Verfahren das Image des Rappers allein nicht wieder reinwaschen kann.
Zunächst stellte Christian Solmecke gegenüber watson fest: Es ist keine Seltenheit, dass ein mutmaßliche Opfer nach der vermeintlichen Tat nicht zur Polizei geht. Dies begründete der Anwalt wie folgt:
Dass der beschuldigte Samra seinerseits zur Polizei gegangen ist, findet der Anwalt aus seiner Sicht nachvollziehbar und nicht unüblich.
Sollte sich in einem Verfahren beweisen lassen, dass das mutmaßliche Opfer die Unwahrheit gesagt hat, hätte sie sich gemäß § 187 StGB wegen Verleumdung strafbar gemacht, was mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird, so Solmecke. "Da es sich in dem Beispiel um eine schwerwiegende, rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Rappers handeln würde, hätte Samra auf zivilrechtlicher Ebene zudem einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen die Influencerin", ergänzte er dazu.
Durch eine Anzeige seitens Samra müsste Nika vor Gericht die Wahrheit ihrer Äußerungen beweisen. Schwierig dürfte trotz betonter Unschuldsvermutung in allen Medienberichten der Umgang mit einer eventuellen Vorverurteilung Samras sein. Solmecke erklärte dazu gegenüber watson:
Fakt ist, dass die Welle der Entrüstung negative Konsequenzen für Samra hat und haben wird, auch wenn er den juristischen Weg geht. Denn: "Unabhängig von der Anzeige, den Ergebnissen der Ermittlungsbehörden und einem Urteil werden die Missbrauchsvorwürfe weiterhin in den Köpfen der Menschen verankert bleiben. Ein 'Reinwaschen' des Namens allein durch das rechtliche Vorgehen gegen die Vorwürfe wird daher nur schwer möglich sein", war sich Solmecke sicher.
Zur Frage, was sich künftig durch die von Nika losgetretene Welle im Deutschrap ändern könnte, stellte Christian Solmecke weiterhin fest, dass Frauenrechtsbewegungen durchaus rechtliche Auswirkungen haben können: "So führte die 'Nein heißt Nein'-Kampagne mehrerer Frauenrechtsorganisationen vor einigen Jahren gar zu einer notwendigen Reform des Sexualstrafrechts", ruft er in Erinnerung.
Auch jetzt solidarisieren sich Frauen mit der ehemaligen Youtuberin und nutzen den Hashtag, um auf sexuelle Misshandlungen in der Szene aufmerksam zu machen. "Der Rap- und Hip-Hop-Szene tut eine solche Diskussion sicherlich gut, denn Frauenrechte stehen in vielen Song-Texten nicht gerade an erster Stelle", betonte der Medienrechtsanwalt.
Vehement wird Nika auf der anderen Seite allerdings weiterhin beschuldigt, die Unwahrheit in diesem Fall gesagt zu haben. Ob sie sich vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Samra noch einmal ausführlich dazu äußern wird, bleibt abzuwarten. Die Diskussion über sexuellen Missbrauch im Deutschrap-Business und die Grenzen der Frauenfeindlichkeit in Texten des Genres hat sie jedoch ungeachtet des künftigen Urteils allemal entfacht.