Will Smith zählt fraglos zu den größten Hollywoodstars überhaupt, und das seit Jahrzehnten. Bei den diesjährigen Oscars kam seine Karriere allerdings durch einen einzigen Moment ins Wanken: Er verpasste dem Comedian Chris Rock auf der Bühne eine Ohrfeige, nachdem dieser einen Witz über den Haarausfall von Smiths Frau gemacht hat: Jada Pinkett Smith leidet unter Alopecia. "Lass den Namen meiner Frau aus deinem verdammten Mund!", wütete der ehemalige "Prinz von Bel-Air" zunächst.
Der Star entschuldigte sich einerseits noch während der Verleihung, ließ sich auf der Aftershow-Party aber feiern, als wäre nichts passiert. Am selben Abend hatte Smith auch noch einen Oscar in der Kategorie Bester Hauptdarsteller für seine Darbietung in "King Richard" erhalten. Es dauerte nicht lange, bis Kritik an den Veranstaltern laut wurde – Smith hätte das Event sofort verlassen müssen, befanden zahlreiche Fans in sozialen Medien.
Mit leichter Verzögerungen stellen sich jetzt offenbar allerdings sehr wohl Konsequenzen für den 53-Jährigen ein. Am Wochenende berichtete der "Hollywood Reporter", dass das Netflix-Projekt "Fast and Loose" erst einmal auf Eis liegt, die Produktion des Kino-Sequels "Bad Boys 4" ist obendrein pausiert. Smith selbst hatte zudem am 1. April bekanntgegeben, aus der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zurückzutreten.
Für "Fast and Loose" angelte sich Netflix mit Smith wieder einmal einen Megastar, doch Probleme zeichneten sich schon vor dem Oscar-Skandal ab, als David Leitch als Regisseur absprang. Nun hat der Streaming-Dienst es gar nicht mehr eilig, nach einem Ersatz zu suchen – wegen Will Smiths gewalttätigem Ausrutscher. Das Schicksal des Actioners steht somit in den Sternen. Auch, wann und ob es mit "Bad Boys 4" weitergeht, ist unklar. Immerhin besteht natürlich die Möglichkeit, dass die Projekte zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden. Womöglich wollen die Produzenten in beiden Fällen abwarten, wie die kommenden Wochen und Monate verlaufen.
Der Medienexperte Ferris Bühler ist zumindest nicht allzu optimistisch, was die Karriere von Will Smith betrifft. "Eine Ohrfeige gilt generell als Körperverletzung und wenn sie dann noch vor einem Millionenpublikum ausgeübt wird von einem Hollywoodstar, der eigentlich Vorbildcharakter haben sollte, so hat dies entsprechende Folgen. Auch die Selbstbestrafung von Will Smith mit seinem Austritt aus der Academy und der öffentlichen Entschuldigung lassen dies nicht so einfach wettmachen", stellt er gegenüber watson klar. Für die Zukunft des Schauspielers prognostiziert er:
Die Ohrfeige war sicherlich "alles andere als ein Kavaliersdelikt", bekräftigt Bühler, doch sind die jetzigen Maßnahmen der Studios wirklich verhältnismäßig? Schnell erinnert man sich zurück an beispielsweise Kevin Spacey, der von zahlreichen Männern des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurde – oder an den einstigen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein, der seine Machtposition ausnutzte, um Schauspielerinnen sexuell zu bedrängen. Smith mit ihnen auf eine Stufe zu stellen, wäre kaum vertretbar und doch muss auch er um seine Karriere bangen.
Der Medienprofi kann allerdings nachvollziehen, warum große Studios und Streaming-Dienste jetzt große Vorsicht walten lassen. Er hat folgende Erklärung für die (vorläufigen) Produktionsstopps:
Für Will Smiths Vertragspartner ist also erst einmal nur ausschlaggebend, dass sich der Darsteller auf öffentlicher Bühne daneben benommen hat – ungeachtet dessen, dass es in Hollywood schon weit schlimmere Fälle von Gewaltausübung gab. "Um den Schaden zu minimieren, ergreifen die involvierten Unternehmen oft proaktiv Reaktionen, indem sie Sanktionen wie Dreh-Stopps ergreifen oder sich sogar von der betreffenden Person abwenden und die Zusammenarbeit beenden", führt Bühler näher aus.
Ein besonderes Augenmerk im Hinblick auf die Karriere von Will Smith verdient jetzt die Apple-TV+-Produktion "Emancipation". Dieser Actioner ist nämlich bereits abgedreht und sollte noch dieses Jahr als Stream veröffentlicht werden. Nun muss sich Apple ganz genau überlegen, wie verfahren wird: Mit seiner Entscheidung könnte der Konzern sogar das weitere Vorgehen von Netflix und Sony beeinflussen, vermutet der Medienexperte: "Falls sich Apple TV+ dazu entscheiden sollte, 'Emancipation' vorerst nicht zu veröffentlichen, so wäre dies ein wegweisendes Signal für die Branche. Oder anders gesagt: Diese wäre auch langfristig schädigend für die Karriere für Smith."
Für Bühler ist maßgeblich, dass "Emancipation" quasi schon zum Release bereitsteht und sämtliche Gelder geflossen sind: "Der Entscheid von Apple TV+ hat deshalb mehr Gewicht, da es sich hierbei um eine abgedrehte Produktion mit einem bereits hohen getätigten Investment handelt, während 'Bad Boys 4' oder der Netflix-Film 'Fast and Loose' noch im Anfangsstadium der Produktion stehen. Damit dürfte Smith wohl mittelfristig kaum neue Engagements bekommen", so der Experte abschließend.