Netflix sorgt derzeit mit gleich mehreren seiner Produktionen für Kontroversen. So sorgte die Serie "Dahmer" über den gleichnamigen Serienmörder für Kritik, weil sie zunächst unter der Rubrik "LGBTQ" geführt war. Am 28. September veröffentlichte der Streaming-Dienst das Drama "Blond" über die Leinwand-Ikone Marilyn Monroe und wieder gibt es heftige Diskussionen. Der Film bekam allerdings auch eine seltene Alterseinstufung zugeteilt, Interessenten sind damit also gewissermaßen vorgewarnt.
"Blond" hat eine lange Entstehungsgeschichte hinter sich. Bevor Ana de Armas die Hauptrolle übernahm, waren Naomi Watts und Jessica Chastain im Gespräch. Die jetzige Kritik richtet sich allerdings keineswegs gegen den Star des Films – vielmehr steht bei "Blond" die Inszenierung von Andrew Dominik im Fokus.
Es handelt sich nicht um klassisches Biopic, sondern die nicht linear erzählte Geschichte ist dem Roman von Joyce Carol Oates nachempfunden. Reale Begebenheiten werden mit reiner Fiktion vermischt – und an der Stelle setzt die Kritik zumeist an.
Das Leben von Norma Jeane Mortenson aka Marilyn Monroe wird als einziger Leidensweg beschrieben. Das wird schon durch eine frühe Szene klar, in der Norma Jeanes Mutter versucht, ihre kleine Tochter in der Badewanne zu ertränken. Und im weiteren Verlauf der Handlung (die Laufzeit von "Blond" beträgt stattliche 166 Minuten) nimmt der Schock-Faktor nicht gerade ab.
Die Abwesenheit von Norma Jeanes Vater zieht sich wie ein dunkles Band durch den gesamten Film und die Männer-Bekanntschaften, die die Schauspielerin macht, sind oft traumatisierend – eine Vergewaltigung durch einen Studio-Boss inklusive. Eine grafische Szene mit dem einstigen US-Präsidenten John F. Kennedy ist ebenfalls enthalten.
Wird dieser Film der schillernden Leinwand-Ikone also gerecht? Darüber gehen die Meinungen definitiv auseinander. In vielen Kritiken ist zu lesen, Regisseur Dominik schlachte das Leben Monroes lediglich voyeuristisch aus und tue ihr damit keinen Gefallen. Der "The New Yorker"-Autor Richard Brody vergleicht das Werk insoweit sogar mit Mel Gibsons Skandalstreifen "Die Passion Christi".
In sozialen Medien macht sich ebenfalls Unmut breit. "Dahmer" und "Blond" wollen mich dazu bringen, mein Netflix-Abo zu kündigen", meint beispielsweise dieser Abonnent, der anscheinend auch schon an der True-Crime-Serie zu knabbern hatte:
Eine andere Userin bezeichnet den Film als "geschmacklos". Weiter schreibt sie in ihrem Tweet: "Da ist diese emotionale Distanz zu Marilyn Monroe, die diesen Film zu einem so düsteren und grafischen Film macht. Es ist wirklich beunruhigend, wie ausbeuterisch das ist."
Derweil ist sich Netflix durchaus über das Skandal-Potenzial bewusst. In den USA erhielt "Blond" die Einstufung NC-17, was in Deutschland einer Empfehlung ab 18 Jahren entspricht. Das ist bei Produktionen des Streaming-Diensts eher selten der Fall.
Wie so oft spielt der ganze Aufruhr Netflix aber in die Hände, denn ein Film, über den viel diskutiert wird, wird meistens eben auch viel geschaut. Zumindest Hauptdarstellerin Ana de Armas dürfte der derzeitige Trubel in einem Punkt aber gar nicht gelegen kommen.
Die Befürchtung, die sie gegenüber "Variety" äußerte, scheint nämlich einzutreten: "Ich weiß, welche Szenen viral gehen werden, und es widert mich an. Der Gedanke verstört mich, weil ich es nicht kontrollieren kann. Ich kann nicht kontrollieren, was damit passiert und wie diese Szenen aus dem Kontext gerissen werden. Ich habe Dinge in diesem Film getan, die ich nie für irgendwen sonst gemacht hätte."