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Faber wollte mit politischem Song provozieren – und wurde als Rassist beschimpft

Faber präsentierte beim watson-Interview seine professionellste Instagram-Pose.
Faber präsentierte beim watson-Interview seine professionellste Instagram-Pose.bild: sophia sichtermann/watson
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Faber über politische Texte: "Die Leute wollen mich missverstehen"

Julian Pollina, besser bekannt als Faber, ist mit seinen mal ernst gemeinten, mal ironisch-politischen Texten schwer zu fassen. Watson hat den Schweizer Singer-Songwriter zum Interview getroffen.
02.11.2019, 08:14
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Der Schweizer Musiker Faber ist für seine markante Stimme bekannt – und für seine Texte, bei denen auch Fans sich manchmal fragen, wie ernst oder eben auch satirisch er sie eigentlich meint. Dies wurde ihm bei einem seiner Songs vor einigen Monaten zum Verhängnis.

Als Teaser für sein neues Album "I fucking love my life" veröffentlichte Faber im Juli die Single "Das Boot ist voll". Darin kamen unter anderem folgende Zeilen vor:

"Geh auf die Knie, wenn ich dir meinen Schwanz zeig / Nimm ihn in den Volksmund, blond, blöd, blau, rein / Besorgter Bürger, ja, ich besorg's dir auch gleich"
Faber in "Das Boot ist voll"

Bereits kurze Zeit später wurde eine andere Version mit abgeschwächtem Text veröffentlich:

"Besorgter Bürger, ja ich besorg's dir auch gleich / Wenn sich 2019 '33 wieder einschleicht"
Entschärfte Version von "Das Boot ist voll"

Doch zu diesem Zeitpunkt war der Shitstorm schon längst über den 26-jährigen Musiker hereingebrochen. Die Vorwürfe reichten von einer sexuell herabwürdigenden Sprache bis hin zu Vergewaltigungsfantasien.

Watson hat Faber in Berlin getroffen und mit ihm über seine Sicht auf die Dinge gesprochen, ihn gefragt, warum er in Zeiten von Political Correctness überhaupt solche Texte schreibt und wieso er sein zukünftiges Ich in Funktionskleidung beim Wandern sieht.

Watson: Dein Song "Das Boot ist voll" hat im Sommer einen kleinen Skandal ausgelöst. Was möchtest du mit solch provokanten Texten erreichen?
Faber: Es wäre übertrieben, zu sagen, dass der Song eine konstruktive Lösung ist oder irgendetwas zur Gesellschaft beiträgt. Dass man niemanden mit nur einem Song überzeugen kann, ist auch klar. Wann ein Song aber helfen kann: Wenn man sich in seiner Situation alleine gelassen fühlt und denkt, dass nur noch die Sorgen der Rechten wahrgenommen werden. Aber letzten Endes ist es immer noch ein Popsong.

Du willst also nicht nur provozieren?
Wenn es auf die Frage, ob Menschen in Not gerettet werden sollen, zwei mögliche Antworten gibt, nämlich ja oder nein – das macht mir Angst. Und es macht mich auch wütend. Das steht im Gegensatz zu allem, für was Europa eigentlich stehen sollte. Die Leute haben durchaus einen Punkt, wenn sie sagen, dass die Seenotrettung den Schleppern helfe. Aber darauf kann ich nur sagen... na und? Das ist doch kein Argument.

Sondern?
Man muss vorher ansetzen und verhindern, dass Leute erst in diese Situation geraten. Aber solange Europa mitverantwortlich ist, dass es Menschen in vielen Teilen der Welt schlecht geht und man dort nicht nach Glück streben kann, werden Leute kommen. Und das ist auch gut und richtig so. Was den Schleppern wirklich das Handwerk legen würde, sind stabile Regierungen und gute Lebensbedingungen in den jeweiligen Ländern. Jetzt habe ich mich aber in Rage geredet (lacht).

Fabers Musikvideo zu "DasBoot ist voll"

Der vieldiskutierte Song "Das Boot ist voll" in seiner aktuellsten VersionVideo: YouTube/FABER

In "Das Boot ist voll" kritisierst du auch und vor allem Deutschland. Stichwort Horst Seehofer, der sich an seinem 69. Geburtstag darüber freute, dass 69 Geflüchtete abgeschoben werden.
Es ist ein sehr europäisches Problem. In Italien ist gerade die Hölle los, ebenso in Polen und Ungarn. Da ist es eigentlich überall schlimmer als in Deutschland, aber auch hier ist es nicht zu verharmlosen. Dass es im Text vor allem um Deutschland geht, liegt daran, dass ich hier viel Zeit verbringe. Aber das soll nicht heißen, dass das für meine schweizer Heimat nicht gilt, ganz im Gegenteil.

Du behandelst diese Themen oft mit schwarzem Humor und Zynismus, zum Beispiel wenn du reimst: "Das Haus brennt, mal sehen, wer am schnellsten rausrennt". Wie sollen deine Hörer darauf reagieren?
Ich finde es grundsätzlich erstmal gut, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Ich mag es, wenn man in die Irre geführt wird und dann plötzlich merkt, dass es eigentlich überhaupt nicht lustig ist.

"Ich schau' dich an und du siehst top aus /
Baby, schau mich und zieh dein Top aus /
Mach's wie mit einem Lollipop /
Dann kauf' ich dir was Schönes bei Topshop"
Aus dem Song "Top" von Fabers neuem Album "I fucking love my life"

Du eckst auch oft mit dem Frauenbild an, das du in deinen Songs vermittelst. Zum Beispiel mit den Songs "Brüstebeinearschgesicht" von deinem letzten und "Top" von deinem neuen Album. Siehst du dich trotzdem als Feminist?
Ich glaube, dass jeder, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Sexualität oder Religion das Recht hat, nach Glück zu streben. Und ja, in diesem Sinne bin ich ein Feminist. Ich bin für totale Gleichstellung, sofort. Mit "Top" will ich die Gesellschaft beschreiben und wenn man das tut, darf man sie nicht beschönigen. Wenn du zum Beispiel Modus Mio (eine Spotify-Playlist mit Deutschrap, Anm. d. Red.) anmachst, dann wird genau das beschrieben und zwar ohne zweite Ebene dahinter. Man könnte genauso gut sagen, dass das, was ich tue, ein Widerspruch ist – wie Bomben abwerfen für den Frieden. Doch dann müsste man jegliche Satire verbieten und damit bin ich nicht einverstanden. Man muss den Leuten einen Spiegel vorhalten.

Ist dann Satire der Sinn dahinter, wenn du sexuell herabwürdigende Ausdrücke, Klischees und Sprache in deinen Songs benutzt?
In "Top" werden Frauen und Männer gleichermaßen als sehr primitiv dargestellt. Das lyrische Ich steht für nichts, ihm ist alles egal. Ich glaube, das wird auch als Satire wahrgenommen. Es gibt aber auch immer solche, die sagen: "Wenn du das singst, dann bist du wohl auch so". Aber man liest ja auch kein Buch und denkt, der Protagonist sei der Autor.

Faber wurde als Rassist beschimpft

Du nimmst in deinen Songs also verschiedene Rollen ein?
Na klar! Dass das nicht immer funktioniert und mich die Leute nicht verstehen, finde ich schade und ehrlich gesagt auch erschreckend. Der Song "Wer nicht schwimmen kann, der taucht" ist aus der Perspektive eines Bürgers vom rechten Rand geschildert. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viele wütende Reaktionen ich bekommen habe. "Du übler Rassist", "Für Nazi-Scheiß gibt’s keinen Applaus" und so weiter.

Bist du frustriert, wenn Leute deine Intentionen nicht verstehen?
Ich könnte ja auch was Anderes machen (lacht). Aber nochmal zur Sprache in meinen Songs: Ich finde, man kann Sprache nutzen, wie man möchte. Es ist alles erlaubt, aber es kommt immer auf das Wie und den Kontext an. Besonders zu "Das Boot ist voll" taten die Vorwürfe weh, da sie von Leuten kamen, die ich kenne und die eigentlich wussten, wie der Text gemeint war. Die wollten mich missverstehen. Wenn jemand "Lutsch’ meinen Schwanz" ruft, dann glaubt doch niemand ernsthaft, dass er Oralsex will. Das heißt doch einfach nur "Verpiss’ dich", oder?

Du sagst also, dass die Leute dich sehr wohl verstehen, aber für den Aufreger so tun, als täten sie es nicht?
Bei der Kritik zu "Das Boot ist voll" war auf jeden Fall eine Menge Polemik dabei. Es ist trotzdem gut, dass die entsprechenden Zeilen jetzt raus sind.

Wie wichtig ist dir politisches Engagement?
Ich versuche, aktuelle politische Probleme in meiner Musik zu thematisieren. Zudem bin ich Teil eines Projekts in Zürich, das heißt "Be a Robin" und es geht darum, Geflüchteten mit dem zu helfen, was man kann. Das rangiert von "Wie stelle ich einen Antrag beim Amt" bis hin zu "Lass uns Abendessen gehen und ich zeige dir die Stadt".

Faber bei einem Konzert in Jena im August diesen Jahres
Faber bei einem Konzert in Jena im August diesen JahresBild: www.imago-images.de

Was unterscheidet dein aktuelles von deinem letzten Album?
Ich selber finde es einfach ein bisschen besser (lacht). Aber sonst steht es in einer ähnlichen Tradition. Es ist thematisch ähnlich breit, musikalisch auch. Es ist einfach alles etwas feiner.

In deiner Musik schwingt oft viel Weltschmerz mit, wenn du zum Beispiel singst: "Ich wollte euch doch nur gefallen" oder "Lass mich nicht mit mir allein". Meinst du, dem Faber in 10 Jahren geht es immer noch so?
Ich hoffe nicht! (lacht) Ich hoffe, der Faber der Zukunft hat eine andere Agenda, da muss dann mal was Neues kommen.

Was denn zum Beispiel?
Erwachsen werden wäre gut! Vielleicht auch schon ein bisschen früher. Sommer 2020 wäre doch ein gutes Ziel. Dann gehe ich mal Wandern in einer "Mammut"-Jacke. Was Erwachsene eben so machen.

Würdest du künstlerisch mal etwas machen, was nicht so zu deinem Image passt? Ein ganzes Album voller Schnulzen zum Beispiel?
Oh ja, das würde ich sofort machen! Ich glaube, als nächstes mache ich tatsächlich mal italienische Schnulzen-Songs. Fairerweise muss man auch sagen, dass mein Management und mein Label das alles mitmachen würden. Da habe ich sehr viel Glück.

Fabers neues Album "I fucking love my life" erscheint am 1. November 2019. Im Februar und März ist er damit auf Tour in Deutschland.
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Video: watson
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