Der Twitch-Star MontanaBlack kündigte am Wochenende eine Auszeit auf unbestimmte Zeit an.Bild: Screenshot / RTL / Stern TV
Meinung
MontanaBlack ist ohne Zweifel einer der erfolgreichsten Twitch-Streamer Deutschlands. Auf der Plattform folgen ihm 4,4 Millionen Abonnenten, wenn er live geht, schauen in der Regel Zehntausende User zu. Auf Youtube sind Highlight-Ausschnitte aus seinen Twitch-Sessions, in denen er auf verschiedene Youtube-Videos reagiert, mittlerweile Kult. Außerdem ist er meinungsstark. Wenn Marcel Eris, wie MontanaBlack mit bürgerlichem Namen heißt, sich über Themen wie die Corona-Schutzimpfung äußert, ist es gewiss, dass Tausende Menschen darauf reagieren. Den einen oder anderen Abonnenten dürfte er laut einiger Kommentare um den Jahreswechsel herum zu einer Impfung bewegt haben.
Dass so eine große Reichweite, wie er sie innehat, aber auch nach hinten losgehen kann, bekam der 33-Jährige kürzlich zu spüren, als er für zweifelhafte NFTs auf Twitter warb und damit nicht den ersten, aber einen gewaltigen Shitstorm ausgelöst hat. Nun gab der Streamer überraschend seinen Rückzug auf allen Social-Media-Plattformen bekannt. Warum das seine erste gute Entscheidung seit Langem ist, zeigt sich, wenn man seine Historie im Internet verfolgt.
MontanaBlack erklärt, wieso er sich vorerst aus dem Netz zurückzieht
Am Samstagabend meldete sich MontanaBlack nach einigen Tagen Funkstille auf Twitter zu Wort und gab an, dass er momentan "wohl am tiefsten Punkt" seines Lebens angekommen sei, sowohl "körperlich" als auch "mental". Einige Dinge seien außerhalb des Internets passiert, die er erstmal verarbeiten müsse. Wann er zurückkehre, wisse er noch nicht:
Was genau im Privatleben des Internet-Stars vorgefallen ist, darüber kann man lediglich spekulieren. Seine Fans und Kollegen wünschen ihm, selbstverständlich zu Recht, alles Gute und dass sich seine Situation bald wieder bessere. Auch Unge, der als Moralinstanz auf Social Media gilt und mit dem Monte den gemeinsamen Podcast "Chatgeflüster" betreibt, setzte einen eigenen Tweet ab. Darin heißt es unter anderem, dass neue Podcast-Episoden erst einmal auf sich warten lassen werden, bis Monte wieder in der Lage ist, neue aufzuzeichnen:
Eine solch freiwillige Auszeit ist ein absolutes Novum in der Geschichte von Monte. Selbst im Urlaub richtete er regelmäßig die Handykamera auf sich und seine Umgebung und startete Livestreams. Die weiteren Pausen in seiner Twitch-Karriere waren nie freiwilliger Natur, vielmehr wurde er nach mehreren unbedachten Aussagen und Aktionen schon des Öfteren von Twitch gebannt.
Zuletzt erfolgte ein knapp einmonatiger Bann von der Streaming-Plattform, als er auf Malta mehreren Frauen hinterhergaffte, ihre Körper bewertete und teilweise auch unerlaubt die Gesichter der Personen zeigte. Zur Sperre führte auch die Aktion, als er auf seinem Hotelbalkon eine Spiegelreflexkamera auspackte und (vermutlich) so tat, als würde er eine leichtbekleidete Frau fotografieren.
MontanaBlack wird erst einmal auf unbestimmte Zeit nicht mehr auf Twitch streamen.Bild: Screenshot / Twitch / MontanaBlack88
Andere, teils kürzere Twitch-Sperrungen erfolgten, weil er seinen Zuschauern durch Körperbewegungen und genauste Beschreibungen Sex-Tipps vermittelte. All das ist auf der Plattform generell unerwünscht, teilweise hatte Monte hierbei aber seine Community hinter sich. Immerhin gebe es viele leichtbekleidete Frauen auf Twitch, die ebenso mit Sex-Andeutungen Zuschauer generieren. Dass MontanaBlack nun aber selbstständig inmitten des aktuellen Shitstorms die Reißleine zieht, könnte der erste Schritt in Richtung Einsicht sein.
Die NFT-Problematik des Twitch-Stars
Das, womit MontanaBlack momentan konfrontiert wird, übersteigt in jedem Fall jede Kritik, die er sich zuvor gefallen lassen musste. Aber was genau ist eigentlich vorgefallen? Der Streamer bewarb auf Twitter gleich mehrere Gewinnspiele für NFTs.
Was sind NFTs?
Bei NFTs handelt es sich um eine Art digitalisiertes Kunstwerk, dessen Eigentumsnachweis man erstehen kann. Die Datei und der Nachweis wird auf einer Blockchain registriert und erhält damit eine einzigartige Signatur, auch wenn das Kunstwerk im Netz reproduziert wird. Das NFT ist ein Unikat und eine neue Form der Investition. Denn die Kunstwerke sind momentan sehr gefragt, kosten teilweise aber auch ein kleines Vermögen. Sicher ist diese Geldanlage jedoch ganz und gar nicht, in einigen Jahren oder auch nur Monaten könnte die Aufmerksamkeit, Relevanz und damit der Wert der NFTs wieder vollkommen abflauen.
MontanaBlack, der selbst kluge Wege sucht, um sein Vermögen zu vergrößern, scheint gleich auf die neue NFT-Welle aufgesprungen zu sein. Auf Twitter bewarb er so unter anderem Gewinnspiele für NFT-Auktionen, die sich im Nachhinein als Teil einer Betrugsmasche herausstellten. User, die bei dem Gewinnspiel Geld eingesetzt hatten, verloren es so auf direktem Wege. Das passierte ihm nicht nur mit einem zweifelhaften digitalen Affen-Token, der eine Hakenkreuz-Armbinde trug und als Hitler verkleidet war, sondern auch gleich noch ein zweites Mal kurze Zeit später.
Kurzerhand wurden die Gewinnspiele wieder von Montes Twitter-Account gelöscht. Entschädigt wurden die Investoren nicht, es ist jedoch davon auszugehen, dass Eris mit der Werbung bereits finanziellen Gewinn gemacht hat. Auf ein ausführliches Statement dazu mussten die Fans verzichten, vielmehr blockierte Monte Kritiker wie den Youtuber AlphaKevin vorsorglich auf Instagram und Twitter und versuchte, die Kritik zunächst an sich vorüberziehen zu lassen.
Die Fans mutmaßten wohlwollend, MontanaBlack habe gar nicht gewusst, dass die Gewinnspiele Scams waren, allerdings erklärte die Plattform OpenSea, auf der die NFTs zu erstehen waren, bereits Ende Januar, dass in etwa 80 Prozent der Tokens betrügerischen Ursprungs seien. Auch Kollegen warnten Monte immer wieder, solche Gewinnspiele seien alles andere als sicher.
MontanaBlack schienen Fans zunehmend egal zu sein
Warum hat MontanaBlack nun also trotzdem Werbung für die Gewinnspiele gemacht? Bei dem Token mit dem Hakenkreuz-Affen wurde es schon deutlich: Der Streamer scheint sich die Produkte, für die er wirbt, nicht mehr im Detail anzuschauen und sich auch nicht über die Firmen, mit denen er zusammenarbeitet, zu informieren. Vielmehr wirkt es so, als sei er darauf aus, mit einfachen Werbepostings schnell Geld zu verdienen. Von seinen Zuschauern hat er sich damit vollends entfernt. Dass das nicht schon immer so war, wird durch Aussagen aus einem älteren Twitch-Stream deutlich. Seinerzeit warnte er seine Community noch vor Werbe-Influencern:
"Jeder kann das machen, was er möchte. Aber supportet vielleicht lieber Leute, die authentisch Werbung machen und nicht jede Woche ein neues, tolles Produkt bewerben. Es gibt sehr viele Werbe-Huren und -Hurensöhne, dabei ist es einfach nur dummes Gelaber, um die Zuschauer zu veräppeln."
MontanaBlacks Vorbildrolle litt zuletzt immens.Bild: dpa / Philipp Schulze
Dass er nun selbst zu so einem Influencer geworden ist, könnte auch Monte zuletzt aufgefallen sein. Seine Social-Media-Auszeit begründete er zwar mit gesundheitlichen und psychischen Problemen, doch sich die Zeit zu nehmen, um auch über die aktuelle Problematik rund um seinen Internetauftritt nachzudenken, könnte und sollte ebenfalls ein Beweggrund gewesen sein. Sich vorschnell dazu zu äußern, würde der Sache sicherlich nicht gerecht, schon gar nicht, wenn Monte tatsächlich den Überblick über seine Werbepartnerschaften verloren hat.
MontanaBlacks subtile Casino-Werbung
Mit seiner Meinungsmacht muss MontanaBlack erst nach und nach lernen, verantwortungsvoll umzugehen. Seinen Reichtum lebt der gebürtige Buxtehuder voll aus, besitzt ein hochwertiges Haus. Zwei Autos, darunter ein giftgrüner Lamborghini, stehen in seiner Garage. In Shopping-Streams kauft er Designerklamotten für mehrere Tausend Euro. Regelmäßig legt er seinen Kontostand offen. In der Vergangenheit erklärte er, auch in Kryptowährung investiert zu haben.
Dass ein Großteil seiner Fans es ähnlich wie er, der zeitweise in seiner Jugend drogenabhängig und sogar obdachlos war, auch zu so einem Wohlstand schaffen möchte, ist nicht von der Hand zu weisen. Indem er seiner Community also indirekt dazu rät, in unsichere NFTs zu investieren, schadet er nachhaltig seiner Glaubwürdigkeit und seiner Funktion als Vorbild.
Und noch ein zweites Problem beschäftigt seine Kritiker. Denn auch, wenn Monte immer wieder erklärt, nicht (mehr) spielsüchtig zu sein, so sucht er dennoch immer wieder Möglichkeiten, eigentlich in Deutschland verbotene Casino-Streams zu unterstützen. So tat er sich mit dem Streamer Ishmael "Roshtein" Schwartz zusammen. In dessen Liveübertragungen ist Monte nie zu sehen oder zu hören, so umgeht er Konsequenzen, die ihm laut dem Glücksspielstaatsvertrag für Casino-Streams drohen würden.
Im Stream vom 19. September 2021 kündigte er jedoch subtil an, sich "noch bräunen gehen" zu wollen. Damit spielt er auf das Werbe-Icon von "Merkur Casino" an, welches eine Sonne darstellt. Mit der Warnung, man solle nur ab 18 Jahren weiterschauen, lotste er seine Fans anschließend auf den Stream von Roshtein. Ihm wurde in der Folge vorgeworfen, zum Teil dennoch minderjährige Zuschauer mit der geschickten Werbung auf Online-Glückspiel aufmerksam zu machen und sie dazu zu verleiten.
Auch hierzu gab es nie ein zufriedenstellendes Statement von MontanaBlack. Stattdessen gab er immer wieder zu verstehen, die Glücksspielregelungen in Deutschland seien zu hart, er könne als Volljähriger mit seinem Geld machen, was er wolle und wegen der Gesetzgebung erwäge er sogar auszuwandern. Dass der Streamer auch diesen Karriereschritt in seiner Netz-Pause noch einmal in Ruhe überdenkt, bleibt zu hoffen.
MontanaBlack auf Twitch zu verlieren, wäre dennoch ein Verlust
Denn trotz der aktuellen und vergangenen Fehltritte MontanaBlacks steht fest: Er begeistert mit seiner unkonventionellen und unverstellten Art eine riesige Community. Zusätzlich vermittelt er durchaus auch jede Menge positive Werte. Obwohl er zu großem Reichtum kam, vergisst er seine Vergangenheit nicht, trinkt keinen Tropfen Alkohol mehr und erinnert seine Fans regelmäßig daran, was für Auswirkungen Drogenkonsum haben kann – und zwar am eigenen Beispiel. Über sein Leben wurden bereits zwei Bücher veröffentlicht, die auf der "Spiegel"-Bestsellerliste landeten.
Darüber hinaus propagiert er, wie wichtig der Rückhalt seiner Familie für ihn ist und kümmert sich regelmäßig um seine Großeltern, die auch großen Anteil daran haben, dass er nicht schon längst die Koffer gepackt hat und ausgewandert ist. MontanaBlack legt Wert darauf, seiner Community treu zu bleiben und nicht wie beispielsweise Jens "Knossi" Knossalla sicherlich lukrative TV-Angebote wahrzunehmen. Viel lieber möchte er selbst entscheiden, wie und wann er sich in der Öffentlichkeit präsentiert.
Eben deswegen sollten ihm nun die Fans, die ihm seinen luxuriösen Lebensstil mit Abos und Spenden ermöglichen, wieder wichtiger werden als zweifelhafte Werbung. Es wäre nämlich fatal, eine Persönlichkeit wie ihn, der sich alles aus dem Nichts aufgebaut hat, auf Twitch gänzlich zu verlieren. Wenn die Gründe für die Auszeit auch darin liegen, über solche Themen nachzudenken und mit einem anderen Mindset zurückzukehren, scheint das der einzige Weg für MontanaBlack zu sein, um seine Karriere zu retten. Und es erscheint weit besser als das bisherige Schweigen oder ein weiteres, halbherziges Entschuldigungs- oder Statement-Video. Es würde zeigen, dass Monte sich Kritik endlich in dem Maße zu Herzen nimmt, wie er es schon seit Langem hätte tun müssen.