Nachdem "Prince Charming" auf RTL+ beziehungsweise Vox längst zum Publikumsliebling avanciert ist, wollte auch Joyn mit einem queeren Format nachziehen. Anfang November 2022 kündigten die Verantwortlichen daher an, "Mr. Gay Germany" suchen zu wollen.
Das Konzept des Formats war einmalig. Der Streaming-Anbieter begleitete die Männer vor und hinter den Kulissen bei ihrem Weg durch die verschiedenen Etappen des Contests. Ab Mitte Dezember gingen wöchentlich neue Folgen online, auch das Finale war bereits zu sehen. Inzwischen ist die Sendung aber aus der Mediathek verschwunden. Als Grund dafür ist bei "Bild" von "Schummel-Vorwürfen" die Rede.
Mitte Februar ging auf Joyn das große Finale von "Mr. Gay Germany" online. Darin wird der 22-jährige Lukas aus Alsdorf zum Sieger und damit offiziell zum "Botschafter der LGBTQIA+-Community" gekürt.
Nach "Bild"-Informationen soll Joyn aber schon kurz nach dem Ende der Sendung interne Ermittlungen eingeleitet haben, um "etwaigen Schaden" vom Sender abzuwenden. Es stehe der Vorwurf im Raum, dass einzelne Jury-Mitglieder Lukas schon vor der Wahl und den Dreharbeiten kannten und er so einen unfairen Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern hatte.
"Mr. Gay Germany"-CEO Patrick Dähmlow und der amtierende Sieger teilten etwa schon 2018 ein gemeinsames Foto mit dem Hashtag "Friends" auf Instagram. Fraglich ist es laut "Bild" außerdem, ob Bewertungs-Verteilungen nachträglich angepasst wurden.
Deshalb habe Joyn Mitarbeitenden der zuständigen Produktionsfirma des Wettbewerbs und anderen Kandidaten einen Fragenkatalog zukommen lassen, so die "Bild". Es gehe darum, "dass von sehr vielen Seiten die rechtmäßige Wahl von Lukas erheblich angezweifelt wird", zitiert die Zeitung ein Schreiben des Senders.
Daraufhin wurde die Show angeblich von der Plattform genommen. Gegenüber der Zeitung räumte Joyn "Zweifel am fairen Ablauf des Auswahlprozesses" ein, die "nach interner Prüfung nicht vollständig" aufgeklärt werden konnten.
Das LGBTQIA+-Magazin "queer.de" berichtet außerdem über ein umstrittenes Tiktok-Video von Lukas. Darin äußert der 22-Jährige die "große Angst", dass "Männer genauso Catfishs werden wie Frauen", wenn sie Schminke tragen. Somit unterstellt er Frauen die generelle Absicht, Männer mit ihrem Make-up nur verführen zu wollen.
Kritik für diese Aussage gab es unter anderem von "Mr. Gay Germany"-Gastjuror David Lovric oder Podcast-Host Miss Ivanka T, die ihm Oberflächligkeit vorwarf.
Der ehemalige Vize von "Mr. Gay Germany", Maurice Schmitz, kommentierte: "Und so eine Person soll unsere Community repräsentieren? Absolute Fehlbesetzung!"
Lukas gibt sich zumindest im Internet gelassen: "Dass du dich nicht durch mich repräsentiert fühlst, ist absolut in Ordnung! Eine einzige Person kann nicht eine große bunte Community repräsentieren", erklärt er.
Trotz der Kritik und vor allem trotz der Entscheidung von Joyn, die Sendung herunterzunehmen, darf Lukas seinen Titel behalten. Das erzählte "Mr. Gay Germany"-CEO Patrick Dähmlow, der mit dem Aachener zuvor schon bekannt gewesen sein soll, ebenfalls der "Bild".
Er sprach von "haltlosen Vorwürfen" und versicherte, "dass die Wahl im Rahmen des Regelwerks wie jedes Jahr fair und in Absprache mit den elf Juroren abgesprochen durchgeführt wurde." Die persönliche Verbindung zu Lukas erklärt er der Zeitung so, dass man sich in der queeren Szene einer Stadt nun mal kenne.
Auch Lukas bezeichnet laut der Zeitung die Anschuldigungen gegen ihn als "erfunden" und bedauert den Hass, der ihm seitdem entgegenschlägt. Drei der elf Juroren habe er aus der Szene in Köln gekannt.