Im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und seine Brüder hat Bushido bereits als Zeuge ausgesagt (Archivfoto).Bild: www.imago-images.de / Olaf Wagner
Vor Ort
21.01.2022, 08:5926.01.2022, 08:07
Die Vorstellung ist vorbereitet, aber nicht ausverkauft. Einige Plätze im Zuschauerraum bleiben frei. Offenbar haben nicht viele mitbekommen, dass hier heute eine Filmvorführung stattfinden soll. Vielleicht sind die Holzbänke im Saal 500 des Landgerichts Berlin auch einfach zu ungemütlich. Popcorn und Getränke sind ohnehin nicht erlaubt. Richtiges Kinofeeling kommt also nicht auf.
Der Vorsitzende Richter Martin Mrosk gibt sich Mühe und lässt den Raum verdunkeln. Arafat Abou-Chaker rückt seinen Stuhl zurecht, um freie Sicht auf die Leinwand zu haben. Es kann losgehen.
Darum geht es im Prozess
Laut Anklage soll es zu Straftaten gekommen sein, nachdem Bushido 2017 die geschäftlichen Beziehungen auflösen wollte. Abou-Chaker habe dies nicht akzeptieren wollen und von Bushido eine Millionen-Zahlung sowie die Beteiligung an dessen Musikgeschäften für 15 Jahre gefordert, heißt es in der Anklageschrift. Der Rapper sei bedroht, beschimpft, eingesperrt und verletzt worden. Die Brüder im Alter von 39, 42 und 49 Jahren sind als Gehilfen oder Mittäter angeklagt.
Am 26.11.2021 erschien die sechsteilige Dokuserie "Unzensiert – Bushido's Wahrheit" bei Amazon Prime. Bereits im Vorfeld hatte die Serie viel Aufmerksamkeit erregt. Sie liefert einen privaten Einblick in Bushidos Leben, in seine Musikkarriere, in die Berliner Unterwelt und natürlich in die Beziehung zu seinem ehemaligen Manager Arafat Abou-Chaker, dem mutmaßlichen Anführer einer polizeibekannten Großfamilie.
True Crime-Legende zwischen Gangsterimage und Familienleben
Ziemlich guter Kinostoff also und nicht nur für Bushido-Fans eine reizvolle Story in True Crime-Machart, in der Bushido wie der fürsorgliche Familienvater in Jogginghose rüberkommen soll. Die Produktion wurde von dem Regie-Duo Rossberg/Gregorski geleitet, enge Vertraute und Freunde von Bushido. Wie der Titel schon sagt, zeigt die Doku "Bushidos Wahrheit" – ist also ziemlich einseitig.
Gleich zu Beginn der ersten Folge geht es um das Wort "Stolz". Bushido dekliniert, auf was er stolz ist und auf was er nicht stolz ist. Er erwähnt seine Kinder, seine Mutter, sein Vater, sitzt auf der Couch, öffnet eine rosa Box und kramt wehmütig alte Fotos heraus. Er zeigt einen Brief, den er als 18-Jähriger seinem Vater geschrieben hat und unterdrückt dabei eine Träne.
Bushidos Aufstieg zum Rap-Star wird im Schnelldurchlauf widergegeben. Die meiste Zeit widmet sich die Serie dem Verhältnis zu Arafat Abou-Chaker. Die Geschichte handelt von einem Knebelvertrag mit dem unbeherrschbaren Arafat, von seinen Wutausbrüchen und seinem Kontrollzwang. Und schließlich von der konfliktreichen Trennung, die Bushido zu einem neuen Menschen machte. Ein Mensch, der nicht mehr der harte Rapper von der Straße ist, sondern sich auf die Einschulung seiner Kinder freut.
Und so wirkt "Unzensiert" wie ein gemeinschaftlich zusammengeschustertes Ablass-Dokument, in dem Bushido jede Menge Freiraum gegeben wird, die Vorfälle, die zu dem Prozess führten, aus seiner Sicht zu erzählen – inklusive fantasiereicher Beleidigungen gegen Arafat Abou-Chaker ("Neandertaler-Spasti" ist nur eine davon).
Dass sich Arafat und drei seiner Brüder parallel zum Serienstart bereits seit eineinhalb Jahren zu ebendiesen Vorwürfen vor Gericht verantworten müssen und ebenjener Bushido als Zeuge und Nebenkläger auftritt, kann als irrelevant oder Zufall bezeichnet werden.
Der Streit um die Auflösung des Managervertrages und die damit verbundenen mutmaßlichen Straftaten zum Nachteil Bushidos werden nun mal bekanntlich vor Gericht verhandelt; Während die filmreife Erzählung Bushidos dankbares Material liefert und damit einen Spin für alle nachfolgenden Betrachtungen: Der ehemalige Gangsterrapper als geläuterter Vollzeitpapa.
Drei Folge werden im Gerichtssaal gezeigt – Fortsetzung folgt
Den Prozessbeteiligten könnte diese Inszenierung herzlich egal sein. Doch jetzt, am 57. Prozesstag, fanden beiden Geschichten zusammen. Das Gericht wurde zum Kinosaal. Im Programm: die ersten drei Folgen von Bushidos Amazon-Doku. Oder wie es im Juristendeutsch heißt: Die Dokuserie wurde als "Beweismittel zur akustischen Inaugenscheinnahme" eingebracht.
Offenbar erhoffen sich die Anwälte der Abou-Chakers, einen Widerspruch in der Doku zu Bushidos Zeugenaussage bei der polizeilichen Vernehmung aufzudecken. Um sicher zu gehen, dass auch alle auf demselben Stand sind, kündigte Richter Mrosk an – "ich möchte ja nicht spoilern, aber..." – auch die restlichen drei Folgen zu zeigen, sollte mal ein Zeuge ausfallen. Die Zeit können man dann gut nutzen. Das klang schon fast wie eine in Aussicht gestellte Belohnung.
Die nächste Möglichkeit bietet sich am Mittwoch, den 26.1.. Dann sollen die Rapper Ali Bumaye und Fler als Zeugen geladen sein. Doch ob es wirklich dazu kommt, bleibt abzuwarten. Selbst Richter Mrosk zeigte sich skeptisch. Vielleicht bringen die ein oder anderen sicherheitshalber ja doch Popcorn und Getränke mit.
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