Nach mehreren Prozessionen in verschiedenen Städten Großbritanniens nahmen die Briten am 19. September endgültig Abschied von ihrer verstorbenen Königin. Der Leichnam wurde zunächst von der Westminster Hall in die Westminster Abbey überführt, wo ein Gottesdienst abgehalten wurde. Dann startete ein Trauerzug in Richtung Wellington Arch, dem Tausende beiwohnten. Danach sollte es noch nach Windsor gehen. In der St George's Chapel findet die Queen ihre letzte Ruhe neben dem im Jahr 2021 verschiedenen Prinz Philip.
Bereits in den frühen Morgenstunden hatten sich Tausende auf der Strecke eingefunden. Vorbeifahrende Busse sorgten immer wieder für Neugier und Applaus. Am Lautesten wurde es allerdings, als der neue König an der Westminster Abbey eintraf – und das war nicht unbedingt selbstverständlich.
Um 6 Uhr Montagfrüh war London schon belebter als an vielen Werktagen zur Rush Hour – einige Menschen hatten die Nacht im Freien verbracht, um sich einen Platz in der ersten Reihe, gleich hinter der Absperrung, zu sichern. Eben diese befand sich allerdings in großzügiger Entfernung zu der Route, die Elizabeths Sarg von der Westminster Hall zur Westminster Abbey zurücklegte.
Mehrmals am Morgen setzten die Massen zu spontanem Applaus an – beispielsweise, als ein Bus mit Veteranen an Bord vorbeifuhr. Ob in einem solchen auch die Staatsgäste eintrudeln würden? Darüber wurde teils spekuliert, der Konsens lautete allerdings, dass wohl zumindest US-Präsident Joe Biden isoliert eingefahren werden würde.
Mit Spannung erwartet wurde vor allem die Ankunft des neuen Königs Charles, der in den vergangenen Tagen nicht immer positiv aufgefallen war. Während einer Signier-Zeremonie gingen die Nerven mit ihm durch, als ihm ein Stift auslief. In Cardiff wurde er vor wenigen Tagen sogar ausgebuht, wie unter anderem "ITV" berichtete.
Bei seiner Ankunft in Westminster jedoch hätte das Bild kaum gegensätzlicher sein können: Als der Wagen mit Charles vorfuhr, applaudierten die Wartenden laut und zahlreiche von ihnen zückten ihre Handys, um den Moment festzuhalten. Ob sich nun das Blatt wirklich für ihn wendet, bleibt allerdings abzuwarten.
Tatsächlich haben die Briten auch gar keine andere Wahl, als sich mit dem 73-Jährigen zu arrangieren. Ein Mann, der über Nacht mit dem Auto aus Plymouth gekommen war, meinte: "Unglaublich, dass morgen alles vorbei ist und danach einfach wieder der Alltag beginnt." Nach Elizabeth muss und wird es weitergehen.
In den vier Tagen zuvor war der Sarg der Königin in der Westminster Hall aufgebahrt. Es formte sich eine kilometerlange Warteschlange, weil Tausende aus der Nähe Abschied nehmen wollten. Am Montag gaben die Briten noch einmal alles für die Queen und standen sich über Stunden hinweg die Beine in den Bauch – nur, um vom Straßenrand noch einmal einen kurzen Blick auf den Sarg (beziehungsweise auch einige Royals) zu erhaschen. "Das macht einen schon stolz", war aus der Menge heraus zu hören. Die einen kamen im Anzug, andere in Jogginghose.
Einige Anwesende hatten Klappstühle dabei, was bei den Stehenden allerdings mitunter für Missmut sorgte, da die Stühle natürlich zusätzlichen Platz beanspruchten. "Dort, wo der Stuhl ist, könnten vier weitere Leute stehen", grummelte ein Mann, der mit seiner Position nicht ganz zufrieden war.
Manche versuchten gar, sich einen weiteren Vorteil zu verschaffen, indem sie sich zwecks einer besseren Sicht später auf die Stühle stellten. Bei einem der wohl wichtigsten Trauer-Events in der Geschichte des Königreichs wird eben auch schonmal getrickst.
Wurde im Laufe des Morgens – Trauer-Zeremonie hin oder her – auch noch viel gelacht, kippte die Stimmung spürbar wenige Momente später, bevor der Sarg in die Westminster Abbey transportiert wurde. Kurz vor Beginn des Gottesdiensts – also noch vor den zwei Schweigeminuten – hätte man beinahe eine Nadel auf den Boden fallen hören können.
Unterbrochen wurde die Ruhe nur vereinzelt von Funkgeräten der Beamt:innen in der Nähe (die Sicherheitsvorkehrungen waren massiv). Tausende schweigen zusammen. Ein etwas befremdliches, aber irgendwie auch ergreifendes Gefühl.
Der Gottesdienst wurde für die Wartenden draußen über Lautsprecher übertragen. So konnten auch sie den Worten von – unter anderem – Premierministerin Liz Truss lauschen. Die Nationalhymne gab es ebenfalls zu hören, diverse Anwesende sangen lautstark mit. Daran, dass es nun "God Save the King" statt "God Save the Queen" heißt, muss man sich definitiv erst einmal gewöhnen.
Bei der anschließenden Prozession, die zunächst den Weg Richtung Buckingham Palast einschlug, war der Rand rechts und links der Straße prall gesäumt. Dem Fußmarsch angeschlossen hatten sich nicht nur Elizabeths Kinder Charles, Anne, Andrew und Edward, sondern auch die Prinzen William und Harry. Die letztgenannten Brüder gingen Seite an Seite. Nun geht das Leben für die Briten weiter – irgendwie.