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Sie wollten es ganz genau wissen: Forscher haben nach eigenen Angaben erstmals bis zu einen Meter genau in das Innere von Gewitterwolken geschaut. Dabei haben sie bislang unbekannte Strukturen gefunden.
- Wissenschaftler haben überraschende Strukturen in Gewitterblitzen entdeckt. Sie seien ein Grund dafür, warum Gewitterwolken mehrfach hintereinander blitzen, berichtet das internationale Team mit deutscher Beteiligung.
- Messinstrument war ein großes Radioteleskop aus vielen zusammengeschalteten Antennen.
Die entdeckten Strukturen in den Blitzen sind nach Forscherangaben
sogenannte Nadeln, die Ladung speichern und daraus die Wolken wieder
aufladen. Somit könnten sich Gewitterwolken schon nach kurzer Zeit
ein zweites Mal entladen. "Daher kommt es aus einer Wolke zu
wiederholten Blitzeinschlägen auf dem Boden, und Gewitter liefern
nicht nur einen Blitz, sondern viele spektakuläre, aber auch
gefährliche Entladungen", sagte Erstautor Brian Hare von der
niederländischen Universität Groningen. Die Nadeln sind nach Angaben
der Forscher rund 100 Meter lang und haben einen Durchmesser von
weniger als fünf Metern.
"So genaue Messungen eines einzelnen Blitzes gab es noch nie", sagte
Ko-Autorin Anna Nelles vom Hamburger Forschungszentrum Desy und der
Universität Nürnberg-Erlangen der Deutschen Presse-Agentur. Das Team
nutzte das europäische Radioteleskop Lofar (Low Frequency Array), das
aus mehreren Tausend Antennen besteht. Sie stehen verteilt auf
verschiedenen Stationen in mehreren Ländern und bilden somit ein
riesiges virtuelles Teleskop für Wellen im Radiofrequenzbereich. Ihre
Ergebnisse präsentieren die Forscher im Fachmagazin "Nature".
Bisher waren die Experten davon ausgegangen, dass Ladung von Blitzen entlang von Plasmakanälen von einer Wolke zur anderen fließt. Nun aber steht nach Angaben der Forscher fest, dass Restladung stattdessen in den entdeckten nadelförmigen Strukturen der Blitze gespeichert und quasi in die Wolke zurückgepumpt wird. Die neuen Erkenntnisse der Forscher könnten auf lange Sicht sogar Menschenleben retten, sagte Ko-Autorin Nelles. "Blitze sind allgegenwärtig, aber noch nicht vollständig verstanden. Am besten wäre es ja, wenn man Einschläge vorhersagen könnte, um so Menschen zu schützen. Aber dafür brauchen wir zunächst ein gutes Verständnis. Dazu trägt unsere Messung bei."
Blitze entstehen, wenn innere Turbulenzen verschiedene Teile großer
Cumulonimbus-Wolken gegeneinander elektrisch aufladen. Wenn der
Spannungsunterschied zwischen negativen und positiven Wolkenteilen zu
groß wird, entlädt sich die Wolke plötzlich. Diese Entladung ist auf
der Erde als Blitz zu sehen.
Eigentlich wird das Radioteleskop Lofar in erster Linie für
astronomische Beobachtungen genutzt. Diesen Antennenzusammenschluss
hatten die Forscher nun erstmals für die Messung von Blitzen
verwendet - und konnten so ins Innere der Gewitterwolken schauen, die
Blitze messen und mit bildgebenden Verfahren sogar dreidimensional
darstellen.
(pb/dpa)