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Warum der Winter in Fitnessstudios gefährlich wird und wie du dich schützt

woman in the gym during the covid19
Wenn es kalt wird, werden Sportler wieder ins Innere der Fitnessstudios fliehen müssen.Bild: E+ / franckreporter
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Warum der Winter in Fitnessstudios gefährlich wird und wie du dich schützt

01.10.2020, 16:31
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Durch den Corona-Ausbruch haben viele Deutsche ihr Fitnessprogramm ins Freie verlegt. Große Ketten bieten Yoga in Parks an, viele Leute sind zu Joggern geworden. Doch es wird kälter und die ungemütliche Regenzeit wird viele wieder in die geschlossenen Räume der Fitnessstudios treiben.

Ein bisschen Vorsicht ist da schon geboten, wie Sportmediziner Wilhelm Bloch im Interview mit watson erklärt. Er ist Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln und untersucht auch Covid-19-Patienten. "Die Spätfolgen der Krankheit können wir noch nicht absehen, deshalb würde ich gerade jungen Leuten raten, eine Infektion möglichst zu umgehen, gerade beim Training", sagt er.

"Bei tiefen Atemzügen, wie man sie eben beim Sport tut, würde der Virus direkt in die Lunge transportiert."

watson: Wird sich die Situation in Fitnessstudios im Winter verändern?

Wilhelm Bloch: Ich denke schon, dass die Leute wieder mehr ins Fitnessstudio gehen werden. Noch betreiben viele Menschen ihren Sport im Freien, aber wenn es unangenehm, nieselig und kalt wird, verlagert sich das wieder in die Studios. Mit all den Risiken, die da kommen. Gerade, weil wir das wissen, hätte ich mir einen besseren Start in den Winter gewünscht, mit niedrigeren Infektionszahlen – aber so sieht es ja leider momentan nicht aus.

Ist eine Infektion während des Sports denn gefährlicher als sonst?

Das Problem ist, dass wir den Virus über die Luft aufnehmen und die Schwere des Krankheitsverlaufs damit zusammenhängen kann, wie das Virus im Körper ankommt. Bei der normalen Atmung gelangt nur ein kleiner Teil der Luft in die Lunge, das meiste hängt im Atembereich wie Rachen und Hals. Tritt der Virus dort auf, kann das Immunsystem noch adäquat reagieren. Bei tiefen Atemzügen, wie man sie eben beim Sport tut, würde der Virus direkt in die Lunge transportiert und kann von da aus schnell über die filigranen Lungenbläschen ins Blut gelangen. Dort zirkuliert es schneller zu den wichtigen Organen wie Herz und Niere und führt dann oft zu schweren Krankheitsverläufen.

"Die Umkleiden und Duschen sind Räume, in denen die Abstände schlechter eingehalten werden können und die Luft mehr steht, daher würde ich die meiden."

Sollte man also lieber nicht mehr ins Fitnessstudio gehen?

Nein. Wir sollten unsere körperliche Aktivität nicht reduzieren, denn auch das richtet Schäden in der Gesellschaft an. Wir müssen ja mit dieser Situation leben und Sport ist wichtig für den Körper. Aber wir sollten alle darauf achten, möglichst risikoarme Räume für den Sport zu finden, die Gefahr einer Ansteckung zu minimieren. Meine Kinder trainieren zum Beispiel auch wieder im Fitnessstudio, allerdings haben wir uns da schon im Vorfeld schlau gemacht, wie der Betreiber das führt, um unnötige Gefahren zu vermeiden.

Worauf sollte ich denn achten, wenn ich ein Fitnessstudio aussuche?

Das zentrale Problem ist die Übertragung des Virus durch die Luft, deshalb würde ich beim Studio immer nach der Lüftung fragen. Was gar nicht geht, ist eine Umluft-Lüftung. Damit wird die im Raum befindliche Luft nämlich einfach neu verteilt. Um sie sauber zu bekommen, bräuchten die Studios dann einen Virusfilter wie aus dem Labor. Das ist allerdings so teuer, dass ihn die meisten sicher nicht haben.

Besser ist ein leistungsstarkes Zu- und Ablüftungssystem, über das wird die Luft nach draußen geleitet und frische eingelassen. Es lohnt sich auch zu fragen, ob die Betreiber regelmäßig den CO2-Gehalt der Luft messen, denn das ist ein guter Indikator dafür, ob die Luft ausgetauscht werden muss, zum Beispiel durch Stoßlüftung. In Kursräumen wird das manchmal eingesetzt: Die Trainer haben ein CO-2-Messgerät und wenn das schlechte Werte zeigt, lüften sie nach.

"In vollen, geschlossenen Räumen kann einfach mehr passieren, es kommt schneller zu Übertragungen. Das sollte man schon im Kopf haben."

Erkältet man sich nicht direkt, wenn so viel Zugluft herrscht, während man selbst schwitzt und schnauft?

Ich sage es mal so: Wir werden uns diesen Winter daran gewöhnen müssen, auch im Fitnessstudio mehr anzuziehen als kurze Shorts und ein Tank-Top. Einfach, weil die Studios wohl mehr lüften müssen und nicht ständig Gegenheizen können. Aber auch bei 14 Grad lässt es sich noch gut Sport machen, dann zieht man eben mal eine Leggins drüber.

Auf was sollte ich im Fitnessstudio denn lieber verzichten?

Was ich nicht machen würde, ist, mich dort umzuziehen. Lieber einfach schon in Sportkleidung kommen, nach dem Training eine Jacke drüber und erst zu Hause duschen. Die Umkleiden und Duschen sind Räume, in denen die Abstände schlechter eingehalten werden können und die Luft mehr steht, daher würde ich die meiden. Ob man weiter einen Kurs besucht, muss man wohl im Einzelfall abschätzen, es sollte aber klar sein: Ein Kurs, in den früher 50 Leute gingen, kann unter Umständen nun nur noch von 15 Menschen besucht werden, wenn das Studio denn die Lüftungs- und Abstandsregeln gut umsetzen will. In vollen, geschlossenen Räumen kann einfach mehr passieren, es kommt schneller zu Übertragungen. Das sollte man schon im Kopf haben.

Könnten Online-Angebote denn eine Alternative sein, wenn ich zur Risikogruppe gehöre oder mir das Studio einfach zu voll wird?

Absolut. Ich finde Online-Angebote durchaus sinnvoll. Wir arbeiten selbst mit Hochrisikogruppen und bieten denen Homebase-Training und ähnliches an, das kann sehr gut funktionieren. Wer sich wegen Corona unsicher fühlt, sollte solche Angebote in dieser Phase nutzen. Die Motivation muss natürlich da sein, aber das ist ja im Fitnessstudio nicht anders.

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