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EM: So beeinflusst Pedri das Spiel der spanischen Nationalmannschaft

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Pedri (Nummer 26) im Achtelfinale im Duell mit Kroatiens Vida Bild: www.imago-images.de / Kiko Huesca (es-ES)
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"Ich habe noch nie einen 18-Jährigen mit so viel Persönlichkeit und Qualität gesehen": So verzaubert Pedri die spanische Fußballwelt – und scheiterte mit Spanien im EM-Halbfinale an Italien

07.07.2021, 07:1907.07.2021, 10:41
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Spaniens Nationaltrainer Luis Enrique brachte es mit wenigen Worten auf den Punkt: "Er ist einzigartig. Wir haben keinen zweiten wie ihn." Doch diese Lobeshymnen galten nicht etwa dem 32-jährigen Kapitän Sergio Busquets oder dem häufig kritisierten Stürmer Alvaro Morata. Enrique hob die besondere Bedeutung des gerade einmal 18-jährigen Pedro González López, kurz Pedri, für das Nationalteam hervor.

"Ich habe noch nie einen 18-Jährigen mit so viel Persönlichkeit und Qualität gesehen wie ihn", lobte ihn auch die italienische Trainerlegende Fabio Capello. Ausgerechnet vor dem EM-Halbfinale am Dienstagabend als Italien die Spanier mit 4:2 im Elfmeterschießen besiegte und ins Finale einzog.

"Pedri spielt, als wäre er 40 Jahre alt."
Spaniens Alvaro Morata über seinen 18-jährigen Mitspieler Pedri

Hoffnungsträger beim FC Barcelona und bei der spanischen Nationalmannschaft

Die Erwartungshaltung an den zentralen Mittelfeldspieler ist riesig. Noch vor einem Jahr spielte er in der zweiten spanischen Liga bei UD Las Palmas. Es folgte der Wechsel zum FC Barcelona, wo er vom großen Umbruch unter Trainer Ronald Koeman profitierte. Pedri spielte in 37 von 38 möglichen Liga-Spielen und stand auch in sieben von acht Champions-League-Partien auf dem Platz. Dass er zwei Partien fehlte, lag lediglich daran, dass er geschont wurde.

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Pedri (r.) bejubelt einen Treffer mit Lionel Messi.Bild: www.imago-images.de / Bagu Blanco/Pressinphoto/Shutterstock

Innerhalb eines Jahres wurde der Stratege zu Barcelonas wichtigstem Mittelfeldspieler und es gab bereits erste Vergleiche mit Spaniens Legende Andrés Iniesta. Nun soll er ein Schlüsselargument für die Vertragsverlängerung von Lionel Messi sein. Der entscheidende Baustein für einen weiteren EM-Triumph der Spanier war er nicht. Doch er ist auch der Hoffnungsträger der spanischen U-23-Nationalmannschaft, die ab 23. Juni bei den olympischen Spielen antreten wird. Ganz schön viel Druck für gerade 18 Jahre alten Spieler.

Null Tore, null Vorlagen und dennoch wichtigster Offensivspieler

Pedris Statistiken sind auf den ersten Blick gar nicht so spektakulär. Im gesamten Turnier gab der Spanier bisher keinen Torschuss ab und bereite kein Tor direkt vor. Doch Pedri war an jeder gefährlichen Offensivaktion der Spanier beteiligt.

Kein Spieler spielte so viele Pässe ins letzte Angriffsdrittel wie er und niemand generierte so viele Torchancen wie der Spanier. Allein beim 5:0-Sieg über die Slowakei spielte er bei drei Treffern den meist wichtigen vorletzten Pass, der schließlich zum Assist für das Tor führte.

Pedri beeindruckt mit einer unglaublichen Ruhe und Spielintelligenz, dabei scheut er sich auch nicht, in Eins-gegen-Eins-Situationen zu gehen. Immer mit dem Wissen, dass dadurch ein Mitspieler in eine bessere Postion kommt. Das bewies er auch gegen Italien – nach 120 Minuten hatte er eine Passquote von unglaublichen 97 Prozent. Besonders in der ersten Halbzeit war er an einer der gefährlichsten Offensivaktionen der Spanier beteiligt. Doch seinen überragenden Pass konnte Stürmer Mikel Oyarzabal nicht kontrollieren.

Pedri ist seinen Gegenspielern oft nicht nur in Sachen Spielintelligenz voraus, sondern er läuft sie einfach in Grund und Boden. Trotz der enorm hohen Belastung im Laufe der Saison, lief er im Turnier bereits 61,5 Kilometer – fast vier Kilometer mehr als der zweitbeste Tomáš Souček aus Tschechien.

Wobei: Ein Tor gelang ihm dann doch. Im Achtelfinale gegen Kroatien spielte er auf Höhe der Mittellinie einen Pass zu seinem Torwart Unai Simon, der den Ball unglücklich über den Fuß rutschen ließ. Die Uefa wertete es als Eigentor des Mittelfeldspielers.

Trotz seines jungen Alters wirkte er aber absolut nicht verunsichert. "Ich war traurig, für Unai und für mich. Aber es ging darum, kühlen Kopf zu bewahren", sagte er abgebrüht nach der Partie. So stellte auch Torjäger Alvaro Morato fest: "Pedri spielt, als wäre er 40 Jahre alt." Und fügt hinzu: "Er wird einer der besten Spieler der Geschichte Spaniens werden."

Besonders beeindruckend: Neben dem Arbeiter Koke und Kapitän Sergio Busquets gibt Pedri im spanischen 4-3-3-System auf der halblinken Seite den kreativen Ballverteiler. Unter anderem verdrängte er dabei Ex-Bayern-Star Thiago auf die Bank. Unter Louis van Gaal gab es beim FC Bayern die Regel "Müller spielt immer". Bei der spanischen Nationalelf müsste es wohl heißen: "Pedri spielt immer". 509 von 510 möglichen Minuten stand er während der EM auf dem Feld. Auch gegen Italien stand er über 120 Minuten auf dem Feld. Thiago hingegen kam erst nach 106 Minuten ins Spiel.

Duell mit Italiens Shootingsstar Barella

Das Duell mit einem anderen Shootingstar der EM, Italiens Nicolo Barella, konnte er trotz Niederlage durchaus für sich entscheiden. Lediglich die Zweikampfquote (45 zu 43 Prozent) war zugunsten Barella einen Tick besser.

Der 24-jährige Italiener konnte jedoch nicht wie gewohnt seine Akzente in der Offensive setzen und wurde nach 85. Minuten ausgewechselt. Barella klang aber bereits vor dem Spiel selbstbewusst und erklärte: "Wir haben eine Siegermentalität, wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen." Und er sollte Recht behalten.

Beide prophezeiten im Vorfeld bereits ein "großartiges Spiel" und sollten Recht behalten. Für ein EM-Halbfinale zeigten beide Mannschaften von Beginn an eine offensiv ausgerichtete Spielweise. Das einzige Problem auf beiden Seiten war die mangelnde Chancenverwertung.

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Nicolo Barella brachte Italien im Viertelfinale gegen Belgien mit 1:0 in Führung. Bild: www.imago-images.de / STUDIO FOTOGRAFICO BUZZI SRL

Bei Olympia wartet für Pedri die nächste Titelchance

In seinem ersten großen internationalen Spiel zeigte Pedri eine ansprechende Leistung. Es ist jedoch auch klar, dass er mit 18 Jahren nicht das Spiel der Spanier in der Verlängerung übernimmt und sie zum Sieg führt.

Dennoch sind seine Mitspieler voll des Lobes für ihn. "Es ist schon überraschend, wie reif er mit seinen 18 Jahren ist. Er wird ein sehr wichtiger Spieler für Spanien sein – in der Gegenwart und der Zukunft", sagt Mittelfeldspieler Koke.

Dass er aber auch noch ein paar jugendliche Ideen im Kopf hat, zeigte er auf der Pressekonferenz vor dem Spiel: "Wenn wir die Europameisterschaft gewinnen, rasiere ich mir den Kopf." Damit wird es nun nicht, doch vielleicht verschiebt er diesen Einsatz einfach auf die Olympischen Spiele. Dann wird Pedri auch für U-23-Trainer Luis de la Fuente mit seiner einzigartigen Art wichtig für den Teamerfolg sein.

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