
Kameras statt Scanner – Smartphone statt Geldbeutel: Rewe bietet kassenloses "Pick & Go"-System an. Bild: iStockphoto / shironosov
Supermarkt
07.11.2021, 13:5323.11.2021, 10:36
Nach einer fünfmonatigen Testphase hat die Supermarktkette Rewe in Köln nun ihre erste kassenlose Filiale eröffnet. Statt an der Kasse zu warten und die Waren aus dem Wagen aufs Band und dann wieder in Taschen zu packen, soll man hier nun einfach mit den Einkäufen aus dem Laden spazieren können. Beim Betreten des sogenannten "Pick-&-Go"-Geschäfts muss die Kundschaft sich zunächst mit einer Smartphone-App registrieren – beim Verlassen des Geschäfts wird der zu zahlende Betrag dann automatisch vom Konto abgebucht. Doch wie funktioniert das?
Mittels Kameras und Sensoren in den Regalböden wird das Einkaufsverhalten der Besucherinnen und Besucher beobachtet. So kann nicht nur erkannt werden was gekauft wird, sondern auch mit wem: Das Pick-&-Go-System soll einwandfrei feststellen können, welche Personen zusammen gehören.
Datenschützer sind skeptisch
Anika Vooes, Projektleiterin aus dem Bereich Research & Innovation bei REWE digital, erklärt: "Neben dem Einkaufserlebnis der Kundinnen und Kunden haben Datensicherheit und Stabilität für uns oberste Priorität. Darüber hinaus stehen wir in engem Austausch mit der Datenschutzaufsichtsbehörde in NRW." In der Pressemitteilung wird weiter beteuert, dass lediglich "Skelettmerkmale" der Kundschaft erfasst werden und das System keine persönlichen Bildaufnahmen erkennt.
Dennoch stehen viele Datenschützer dem Einkaufssystem eher kritisch gegenüber. "Kassenlose Supermärkte können ein positives Beispiel für Innovation sein – wenn Datenschutz von Anfang an mitgedacht wird", sagt Hamburgs Datenschutzbeauftragter Thomas Fuchs gegenüber dem der "Lebensmittel Zeitung". "Wenn persönliche Daten zur Kaufabwicklung erhoben werden, ist darauf zu achten, dass sich die Kunden bewusst und informiert für ein solches Modell entscheiden".
System darf nicht zur Erstellung von Profilen genutzt werden
Durch die App-Registrierung ist diese Einwilligung beim Rewe-Modell gegeben. Wer nicht mitmachen möchte, kann außerdem weiterhin wie gewohnt an der Kasse bezahlen. Doch auch bei diesem Hybrid-System gibt es Bedenken: "Betreiber hybrider Märkte müssen darauf achten, dass sie nur die personenbezogenen Daten von Kunden verarbeiten und auswerten, die mittels App eingewilligt haben", erklärt Sebastian Schulz, Anwalt der Kanzlei Härting, der "Lebensmittel Zeitung".
Bei einer im Frühjahr anstehenden Datenschutzkonferenz (DSK) sollen sich Aufsichtsbehörden ausführlicher mit der Vertretbarkeit solcher Videoüberwachung befassen. "Es geht darum abzustimmen, wie unsere gemeinsame Haltung zu dem Thema lautet", erklärt Benjamin Bäßler von der Landesdatenschutzbehörde Baden-Württemberg, die den Vorsitz des Arbeitskreises innehat. "Der Händler darf das kassenlose Einkaufen nicht nutzen, um Profile zu erstellen – also, um herauszufinden, welche Produkte der Kunde am liebsten kauft", erläutert er weiter.
Rewe ist deutscher Vorreiter für kassenlose Supermärkte
Bisher steht Rewe mit dem kassenlosen Bezahlsystem alleine da – zumindest in Deutschland. In den USA gibt es mittlerweile circa 30 "Amazon Go"-Läden, welche ein ähnliches Einkaufskonzept verfolgen. Und auch die britische Supermarktkette Tesco hat im Oktober ihre erste kassenlose Filiale eröffnet.
(fw)
Supermärkte sind nicht gerade Orte der Stille und Geruhsamkeit. Menschen zwängen sich in engen Gängen aneinander vorbei, Wägen werden von gestressten Armen herumgeschubst und Regale auseinander gerupft und wieder aufgefüllt. Gleichzeitig gibt es enorm hohe Hygiene-Standards.
Und diese Standards sind wichtig. Wer in Supermärkten und Discountern einkauft, ist zwar häufig genervt vom Gewusel seiner Mitmenschen und ausverkauften Lieblingsartikeln. All das ist aber nichts im Vergleich zu verdrecken oder gar vergammelten Lebensmitteln.