Wer keine Apple-Produkte nutzt, kommt kaum um Android herum. Die Software ist auf den meisten Smartphones und Tablets jenseits des Steve-Job'schen Kosmos installiert. Einer ihrer Erfinder, Andy Rubin, gründete das Start-up Essential, um eigene Smartphones auf den Markt zu bringen. Leider ohne Erfolg – trotz Vorschusslorbeeren. Am Donnerstag verkündete Essential das Aus, das Start-up macht die Pforten dicht.
Eigentlich wollte er mit seiner Firma in diesem Jahr ein eher ungewöhnliches Produkt auf den Markt bringen. Nur halb so breit und wesentlich länger als die üblichen Smartphones sollte das neue Gerät namens Project Gem werden. Der Prototyp erinnert optisch an eine Fernbedienung.
Dahinter steckt eine simple Idee: Das Design sollte schlicht die Bedienung mit einer Hand erleichtern. Ob das auch für Menschen mit kurzen Fingern funktioniert hätte? Unklar. Erfahren werden wir es wohl auch nicht mehr. Denn in einem Blogbeitrag schrieb Essential, dass keiner der großen Smartphone-Hersteller Interesse an dem Gerät gezeigt habe.
Bereits 2017 brachte Essential ein Premium-Smartphone heraus – zwei Monate später, als angekündigt. Nachdem es erschien, verkaufte es sich nur schleppend. Dabei konnte es damals mit Geräten wie dem Samsung Galaxy S8 technisch mithalten, abgesehen von der Kamera. Die eignete sich laut Testberichten nur für Schnappschüsse.
Außerdem plante Essential einen Lautsprecher für eine Smarthome-Plattform zu entwickeln. Fertig wurde er nie. Diese Unzuverlässigkeit könnte für das schwindende Interesse mitverantwortlich gewesen sein. Doch auch Rubins Image könnte eine Rolle gespielt haben, trotz vielversprechender Geschichte.
Denn Rubin war Mitbegründer des Start-ups Android und trug so seinen Teil zu einem der führenden Betriebssysteme für Smartphones und Tablets bei. Google kaufte die Firma 2005.
Android entwickelte sich zum Gegengewicht für iOS. Besonders die kostenlose Verfügbarkeit für Smartphone-Hersteller war für diese Entwicklung entscheidend. Inzwischen hat Android einen Anteil von mehr als 80 Prozent bei Smartphone-Verkäufen.
Bis 2013 führte Rubin das Android-Geschäft. Google verließ der Softwareentwickler 2014. Kurz darauf gründete er die Risikokapital-Firma Playground und darauf Essential. Es vergingen ein paar Jahre – dann kam der Wendepunkt.
2018 veröffentlichte die "New York Times" einen Artikel, in dem es hieß, dass Rubin Google aufgrund von Vorwürfen zu sexueller Nötigung verlassen musste. Dafür kassierte er 90 Millionen Dollar als Abfindung.
Rubin bestreitet nicht nur die Vorwürfe, sondern auch die Höhe der Abfindung. Seiner Reputation schadete der Bericht dennoch. Auch Google-Mitarbeiter reagierten auf die Enthüllung. Sie protestierten gegen die Vorgehensweise der Firmenführung – besonders wegen der hohen Abfindung – und legten ihre Arbeit an mehreren Standorten nieder.
Die Probleme rund um Rubin und Essential bildeten keine gute Grundlage. Dabei gab sich der Android-Vater sehr ambitioniert. Wollte er doch mit Project Gem den Smartphone-Markt revolutionieren.
Dafür investierte Essential laut "New York Times" mindestens 50 Millionen Dollar in das Gerät. Noch vor zwei Jahren äußerten Amazon und Walmarkt Interesse an dem Gerät – das war noch vor der Enthüllungsgeschichte zu Rubin.
(tkr)