Die Nachricht erschütterte nicht nur Frankreich, sondern Europa: Ein gerade mal 16 Jahre altes Mädchen verstarb am Donnerstag an der vom Coronavirus ausgelösten Krankheit Covid-19. Sie ist das bisher jüngste Opfer, das Frankreich in der Corona-Krise zu beklagen hat.
Der Tod der 16-Jährigen ist auch deswegen so tragisch, weil gerade jungen Menschen meist ein milder Krankheitsverlauf vorhergesagt wird. Laut des Robert-Koch-Instituts gehören Menschen unter 50 und ohne Vorerkrankung zu keiner Risikogruppe des Coronavirus. Das bedeutet: Schwere oder tödliche Verläufe sind sehr selten. Allerdings möglich.
Schnupfen, Husten, Kratzen im Hals ja – aber Atemnot und Erstickungstod? Woran kann es liegen, dass auch Menschen, die nicht einer Risikogruppe angehören, ein schwerer bis tödlicher Verlauf von Covid-19 droht?
Wissenschaftlich eindeutig beantwortet ist diese Frage noch nicht. Dazu fehlt es an Datengrundlage und Studien zu einer gerade mal ein paar Monate alten Krankheit. Im MDR-Podcast "Kekulés Corona-Kompass" stellte der Virologe Alexander Kekulé am Samstag zwei mögliche Antworten vor – betonte allerdings, dass diese nicht mehr als Spekulation seien.
Dem Experten zufolge könnte das Erbgut eines Menschen eine Rolle dabei spielen, wie schwer Covid-19 verläuft. Sars-CoV-2 benötige bestimmte "Andock-Punkte", um in eine Zelle zu gelangen. Diese seien bei jedem Menschen ein wenig unterschiedlich ausgeprägt.
Zudem gab Kekulé zu bedenken: Die Immunantwort eines jeden Menschen auf das Virus sei individuell verschieden. Jeder Mensch besitze ein einzigartiges Immunsystem, so wie jeder einen eigenen Charakter habe, so der Virologe.
Es sei also möglich, dass individuelle genetische Faktoren eine Rolle spielten.
Die zweite Möglichkeit, die bei der Antwort in Frage komme: Die Virus-Dosis könnte einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben. Bei Infektionen wie Ebola sei bekannt, dass Menschen, die sich über das Blut mit dem Erreger infizieren, und daher eine große Virus-Dosis abbekommen, besonders schwere Verläufe der Krankheit erlitten, führte Kekulé aus.
Es komme darauf an, wie schnell der Körper mit einer großen Menge von Viren konfrontiert werde. Daher könne es sein, dass eine extrem hohe Viren-Dosis, die in kurzer Zeit aufgenommen werde, schneller zu schweren Krankheitsverläufen führe als bei einer geringeren Dosis.
Zum Abschluss seiner Antwort stellte Virologe Kekulé noch einmal klar: "Das ist überhaupt noch nicht erforscht, es gibt keine konkreten Daten dazu." Beide Antworten seien möglich, bislang allerdings Spekulation.
Virologen-Kollege Christian Drosten hatte vor einer Woche noch eine weitere Vermutung, warum junge Menschen teils so schwer vom Coronavirus getroffen werden. In seinem NDR-Podcast "Coronavirus-Udpate" vermutete Drosten, dass bei diesen Patienten das Virus durch Einatmen direkt in die Lunge gelangt sei und nicht erst in den Rachen.
Durch die direkte Infektion der Lunge habe der Körper nicht genügend Zeit, um ausreichend Antikörper zu bilden. Bei einer Infektion des Rachenraums dauere es zunächst, bis das Virus in die Lunge gelange. Dadurch werde Zeit gewonnen, in der der Körper Antikörper bilden könne.
Auch das ist bisher aber lediglich eine Vermutung.
(pcl)