Es kann schon was Feines sein, so ein Nickerchen. Augen geschlossen, Ohren auf Durchzug, das Gehirn auf Reisen. Nach wenigen Minuten holt einen der Wecker zurück in den Alltag. Vor Jahren galt der Mikro-Urlaub noch als verpönt. Mittlerweile genießt er den Ruf einer leistungssteigernden Droge. Dir mangelt's an Kreativität? Mach ein Nickerchen. Deine Motivation verpufft nach dem Mittagessen? Mach ein Nickerchen. Du hasst deinen Beruf? Wechsel ihn, probier's aber vorher mit einem Nickerchen.
Dass ein kurzes Schläfchen positive Effekte haben kann, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. So sieht es auch der Schlafforscher Albrecht Vorster, der das Buch "Warum wir schlafen" geschrieben hat: "In Studien wurde klar gezeigt, dass wir nach einem Powernap deutlich leistungsfähiger sind", sagt er im Gespräch mit watson. Zudem macht man laut Vorster nach einem Schläfchen weniger Fehler, man werde außerdem kreativer und allgemein freundlicher.
Leider gibt es auch einen Fallstrick: die Dauer des Nickerchens.
Gelegentlich scheint ein Nickerchen alles andere als erholsam zu sein. Nach dem Aufwachen fühlt sich der Körper schwer an, die Gedanken sind wirr und die Laune war vorher irgendwie besser. Das Gefühl erinnert stark an einen Montagmorgen. In so einem Fall schossen wir beim Powernapping übers Ziel hinaus. Laut Vorster tritt dieser Effekt ab etwa 30 Minuten ein.
Dass uns das so schlecht gelingt, lässt sich anhand der Schlafphasen erklären. Während eines Powernaps erreichen wir normalerweise höchstens die Leichtschlafphase oder wissenschaftlich: Non-REM-2. Dabei entspannen sich die Muskeln und das Gedächtnis verarbeitet Eindrücke, was vor allem bei Lernphasen helfen soll. Nach einer gewissen Zeit geht der Körper in die Tiefschlafphase über. Da werden alle Körperfunktionen gedrosselt, Puls sowie Atmung langsamer und die Zellreparatur eingeleitet. Der Körper fährt vollständig runter. Entsprechend schwierig ist ein Neustart.
Sobald wir aber wieder fit sind, profitieren wir nach solch einem langen Mittagsschlaf viele Stunden, ergänzt Vorster. Das liege auch daran, dass wir Schlafdruck abbauen. Leider kann der Schlafrhythmus dabei schnell durcheinanderkommen. Denn nach einem langen Schläfchen haben wir vorgeschlafen. Wollen wir dann abends zu gewohnter Zeit ins Bett, ist es gut möglich, dass wir kein Auge zu kriegen. Für viele mögen die Nachteile hier überwiegen. Keine Sorge, es geht besser.
Damit wir möglichst alle positiven Effekte aus einem Nickerchen ziehen können, sollten wir laut Vorster nur wenige Minuten schlafen.
Nun kann es Druck aufbauen, sich eine bestimmte Schlaflänge vorzugeben. Hier kann Vorster beruhigen. Selbst wenn das Schläfchen mal 15 Minuten dauert, können die meisten wohl noch mühelos aufstehen. Auch wenn die Verlockung manchmal groß scheint, einfach liegen zu bleiben. Hier hilft es vielleicht, an die Vorteile zu denken. Denn sagen wir mal so: Ein wenig gute Laune hat noch niemandem geschadet.
Bleiben wir unter fünf Minuten, werden wir wohl keine Effekte spüren, sagt Vorster. Die Zeit reicht schlicht nicht, um kurz in die Non-REM-2 Phase zu gleiten. Wir kommen nicht über die Einschlafphase hinaus.
Natürlich ist es nicht leicht, beim Nickerchen eine Punktlandung hinzulegen. Gerade die ersten Versuche können für viele damit enden, dass sie lediglich wach herumsitzen oder -liegen. Vorster empfiehlt hier ein paar Tricks.
So helfe es etwa, einen routinierten Ablauf zu verinnerlichen. "Am besten sollten wir das physiologische Mittagstief ausnutzen", sagt der Schlafforscher. Bei den meisten liege das zwischen 13 und 15 Uhr, beispielsweise nach der Mittagspause. Zu dem Zeitpunkt seien wir ohnehin weniger leistungsfähig. Bevor wir uns also bei der Arbeit oder anderweitig herumquälen, können wir auch eine kurze Pause zwischenschieben.
Dabei sollten wir unser Smartphone am besten in den Flugmodus stellen und einen Wecker einrichten. Sind wir damit durch, können wir uns zurücklehnen, ein wenig entspannende Musik anstellen und loslassen. Nach ein paar Versuchen wird es dann auch was mit dem Powernap.
(tkr)