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Präsenzunterricht nur mit Impfung? Lehrerpräsident findet das nicht "zielführend"

Eine Rückkehr zum Präsenzunterricht hält Lehrerpräsident Heinz-Peter Meidinger nur unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen für möglich. (Symbolbild)
Eine Rückkehr zum Präsenzunterricht hält Lehrerpräsident Heinz-Peter Meidinger nur unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen für möglich. (Symbolbild)Bild: iStockphoto / Ridofranz
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Lehrerpräsident mahnt in Debatte um Corona-Impfung für Schüler: "Eine Koppelung der Frage nach Schulöffnung an die Impfung von Kindern ist nicht zielführend"

27.05.2021, 12:4027.05.2021, 15:48
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Wann werden Kinder und Jugendliche in Deutschland gegen Corona geimpft? Das ist eine Frage, mit der sich Bund und Länderchefs beim Impfgipfel am Donnerstag befassen. Nach wie vor ist hierzulande kein Impfstoff gegen das Virus Sars-Cov-2 für unter 16-Jährige zugelassen. Der Impfstoff-Hersteller Biontech hat vor Kurzem die Zulassung für 12- bis 15-Jährige bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) beantragt, Moderna plant dasselbe.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) zeigt sich mit einer Impfempfehlung gegen Corona für Kinder und Jugendliche bisher zurückhaltend. "Bei unklarem Risiko kann ich zurzeit noch nicht vorhersehen, dass es eine Impfempfehlung für eine generelle Impfung geben wird", sagte Stiko-Mitglied Rüdiger von Kries. Die Stiko will das Verhältnis zwischen Risiko der Impfung und Risiko der Erkrankung, die bei Kindern selten schwer ausfällt, gut gegeneinander abwiegen.

Gleichzeitig kehren immer mehr Schulen in den Präsenzunterricht zurück, wo in vollen Klassenräumen das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus steigt. Obwohl die deutschlandweite Inzidenz aktuell sinkt – am Donnerstag liegt sie bei einem Wert von 47 gemessen an 100.000 Einwohnern – ist die Zahl der Ansteckungen bei jungen Menschen noch sehr hoch: Die 10- bis 14-Jährigen sind die einzige Gruppe, bei denen die Inzidenz bei knapp über 100 liegt.

Rückkehr zum Präsenzunterricht: Geht das ohne Impfung?

Bisher keine Impfungen, hohe Ansteckungszahlen: Kann man unter diesen Umständen eine Rückkehr zum Präsenzunterricht verantworten? "Das Hauptkriterium dafür, ob vollständiger Präsenzunterricht möglich ist, ist die Inzidenz in der Region", sagt Heinz-Peter Meidinger vom Deutschen Lehrerverband (DL) gegenüber watson. "Für uns sollte es eine Inzidenz unter 50 sein." Meidinger zeigt sich zuversichtlich, dass dieser Wert "aller Voraussicht nach bald in ganz Deutschland erreicht" sein wird.

Gleichzeitig betont er:

"Eine Koppelung der Frage nach Schulöffnung an die Impfung von Kindern ist aus unserer Sicht nicht zielführend."

Meidinger rechnet damit, dass das Infektionsgeschehen sich weiterhin stärker auf Kinder und Jugendliche verlagern wird, sie aber dennoch in die Schulen zurückkehren können – unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen:

"Wenn es keine schnelle Impfung von Kindern und Jugendlichen unter 16 geben wird, was derzeit das wahrscheinlichste Szenario ist, dann stehen wir im Herbst vor der Situation, dass Lehrkräfte und wohl auch Eltern und Großeltern der Schülerinnen und Schüler bis dahin weitgehend geimpft sind und das Infektionsrisiko vor allem auf die Gruppe der Kinder und Jugendlichen untereinander übergeht.

Deshalb wird Schulbetrieb wohl möglich sein, aber auch im Herbst werden Gesundheitsschutzmaßnahmen wie Maskenpflicht, regelmäßige Schnelltestungen und zusätzliche Raumluftfilteranlagen notwendig sein."
ARCHIV - 05.02.2018, Bayern, Deggendorf: Heinz-Peter Meidinger, Pr�sident des Deutschen Lehrerverbandes. (Zu dpa "Lehrerverband: Versetzte Schulanfangszeiten keine grundlegende L�sung") Foto ...
Heinz-Peter Meidinger ist der Präsident des Deutschen Lehrerverbands und Direktor einer Schule in Bayern.Bild: dpa / Armin Weigel

Schulalltag wie vor der Pandemie nur eingeschränkt möglich

Eine gänzliche Rückkehr zum normalen Schulalltag wie vor der Pandemie schließt Meidinger allerdings bisher aus: "Es wird also vollständigen Präsenzunterricht geben, aber wohl nicht die Normalität vor Corona erreicht – zum Beispiel, was Gemeinschaftsveranstaltungen, Sportwettkämpfe, Schülerfahrten und Schüleraustausch und so weiter betrifft."

Dass Schülerinnen und Schüler direkt an Schulen geimpft werden könnten, hält der Lehrerpräsident für denkbar: "Wenn es bei verbesserter Studienlage zukünftig einmal eine Impfempfehlung der Stiko für Kinder geben wird, dann spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, dass es auch niederschwellige Impfangebote etwa durch freiwillige Impfaktionen an Schulen geben kann." Eine Impfpflicht für Schüler und Lehrkräfte lehnt Meidinger allerdings ab.

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