Bethlehem kennt fast jede:r und sei es nur aus der Weihnachtserzählung: Denn es ist für Gläubige ein heiliger Ort. Bethlehem hat eine komplexe Geschichte mit kulturellen und religiösen Veränderungen. Die Stadt ist heute ein wichtiger Ort für das Christentum, aber politische Spannungen und Restriktionen beeinflussen das Leben der Bewohner:innen.
Denn Bethlehem mit seinen 29.930 Einwohnern liegt im Westjordanland. Es gehört zu den Palästinensischen Autonomiegebieten und grenzt im Norden an Jerusalem. Derzeit herrscht Krieg zwischen Israel und Palästina.
Am 7. Oktober 2023 übte die radikal-islamistische Hamas aus Palästina einen terroristischen Angriff auf Israel aus. Mehr als tausend Menschen in Israel wurden getötet, viele werden immer noch als Geiseln gehalten. Israel reagierte mit militärischen Gegenangriffen auf die Hamas in Palästina, die auch unzählige unschuldige Zivilist:innen tötete oder verletzte.
Wie wird Weihnachten inmitten dieser Lage vor Ort gefeiert? Und warum ist die Stadt Bethlehem überhaupt so besonders?
Die Stadt Bethlehem ist nicht nur für die christliche, sondern auch für die Menschheitsgeschichte von großer Bedeutung. Dort finden sich die frühesten Zeugnisse menschlicher Besiedlung: Es sind Funde von Feuersteinen aus der Jungsteinzeit und archäologische Überreste dauerhafter Siedlungen in der späten Kupfersteinzeit und Frühbronzezeit.
Bethlehem ist aber auch von großer Bedeutung, weil sie der Überlieferung nach der Geburtsort Jesu ist: Unter Kaiser Konstantin wurde die erste Kirche über der Geburtsgrotte errichtet – die berühmte Geburtskirche. Für die Israelis soll sie dagegen der Geburtsort König Davids sein.
Bethlehem war lange Zeit unter islamischer Herrschaft: Im Jahr 640 eroberten muslimische Truppen unter Kalif ʿUmar ibn al-Chattāb Bethlehem. Die Geburtskirche wurde während dieser Periode als Gebetsraum für Muslime genutzt. Später folgten Kreuzzüge und wechselnde Herrscher: Nacheinander beherrschten Kreuzritter, Ayyubiden, Mamluken und Osmanen die Stadt Bethlehem. Die osmanische Herrschaft brachte den Abtransport von Teilen der Geburtskirche nach Jerusalem mit sich.
Religiöse Gemeinschaften wie die lateinische und griechisch-orthodoxe Christen stritten sich lange Zeit darum, wem die Geburtskirche gehöre. Bethlehem war bis 1967 jordanisch, aber nach dem Sechstagekrieg verringerte sich die Einwohnerzahl. Schließlich übergab Israel Bethlehem 1995 im Rahmen des Oslo-II-Abkommens an die Palästinensische Autonomiebehörde.
Seit 2002 trennt eine israelische Sperranlage Bethlehem von Jerusalem. Die Bewegungsfreiheit der Bewohner:innen ist daher stark eingeschränkt. Aufgrund der immer schärferen israelischen Reiserestriktionen verließen viele Christ:innen bereits Bethlehem.
Aber dieses Jahr ist die Lage der Menschen in Bethlehem so schlimm wie nie: Rony Tabash, Familienvater und Christ, dessen Familie seit fast einem Jahrhundert in Bethlehem wirkt, schilderte dem katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" seine Situation.
Tabash sagt, über dem Himmel von Bethlehem seien bereits Raketen geflogen. Er sorge sich sehr um die Sicherheit seiner Familie: "Meine Kinder wollen nicht mehr von meiner Seite weichen." Die Menschen in seinem Umfeld seien erschöpft von Terror und Krieg: "Wir sind müde, wir wollen Frieden, nur Frieden für unsere Kinder und Familien." Die Lage sei laut dem Familienvater schrecklich. "So etwas habe ich noch nie erlebt, niemals!"
Weihnachten fällt dieses Jahr in Bethlehem weitgehend aus, obwohl die Stadt wirtschaftlich auf die vielen Besucher:innen angewiesen ist: Der Zugang in die Stadt ist stark eingeschränkt, keine Pilgernden oder Tourist:innen dürfen dieses Jahr nach Bethlehem.
Ein Pfarrer sagte zu "DW News": "Es ist das erste Mal, dass ich Bethlehem so sehe. Ich lebe hier seit 35 Jahren. So schlimm war es nicht mal während Covid-19. Es ist sehr traurig."
Zwar wird es kleinere Weihnachtsmessen in der Geburtskirche geben, auf Anordnung des Bürgermeisters Hanna Hanania gibt es aber weder Weihnachtsbaum noch Krippe, um sich solidarisch mit den Menschen in Gaza zu zeigen.
Es wird das erste Mal seit Einführung dieser Tradition sein, dass auch der Baum auf dem Manger Square nicht geschmückt wird. Auch festliche Musik oder Dekorationen werden fehlen.
Wegen des Krieges trauere Bethlehem wie die übrigen Palästinenserstädte und könne diesmal nicht feiern. Zum Fest der Geburt von Jesus Christus wird die Stadt nicht leuchten wie sonst, sondern Trauer tragen wegen der vielen Toten.