
Man will eigentlich nur Sport machen, und dann wird einem sexistisches Zeug hinterhergerufen.Bild: Pexels / Olly
Leben
In Surrey (Großbritannien) ist die Polizei undercover gegen die Belästigung von Frauen beim Sport vorgegangen – und das mit großem Erfolg. Dafür haben sich Polizistinnen aber zunächst einmal Sportklamotten angezogen.
14.08.2025, 15:3914.08.2025, 15:51
In Großbritannien hat man die Faxen dicke: Dort sind Polizistinnen in Zivil joggen gegangen, um Männer, die Frauen in der Öffentlichkeit belästigen, bei frischer Tat zu ertappen. Das Experiment lief einen Monat lang – mit deutlichem Ergebnis: 18 Festnahmen wegen Belästigung, sexueller Übergriffe oder Diebstahls.
Laut Polizeisprecher Jon Vale erlebten die eingesetzten Beamtinnen genau das, was viele Läuferinnen im Alltag kennen: "Eine Kollegin wurde nach zehn Minuten angehupt, nur 30 Sekunden später fuhr ein Auto langsam neben ihr her – hupend und mit Gesten."
Obwohl sogenanntes "Catcalling" – also Hinterherpfeifen, Rufen oder Anhupen – in England kein eigener Straftatbestand ist, kann es sich schnell zu schwerwiegenderen sexuellen Übergriffen entwickeln. Vale führt gegenüber dem "Guardian" aus: "Wir wollen das Risiko früh erkennen und handeln."
Auf frischer Tat beim Catcalling ertappt
Die Zivil-Joggerinnen liefen gezielt durch bekannte Belästigung-Hotspots. In der Nähe warteten Spezialeinheiten, um bei Übergriffen sofort einzuschreiten. In manchen Fällen reichte eine Belehrung über unsoziales Verhalten – bei Wiederholung oder schwereren Taten folgte eine Festnahme.
Polizistin Abby Hayward, die selbst undercover unterwegs war, sagt dazu dem "Guardian": "Das ist Alltag für Frauen. Entweder ist es der erste Schritt vor etwas Ernsterem oder pure Unwissenheit – und dagegen kann man etwas tun."
Übergriffiges Verhalten ist generell ein Problem
Das Projekt basiert auf früheren Aktionen der Polizei, bei denen Beamt:innen in Bars oder Clubs in Zivil nach potenziellen Tätern Ausschau hielten. Andere Polizeieinheiten in Großbritannien haben bereits ähnliche Ideen: Die Londoner Metropolitan Police bot etwa an, Frauen beim Joggen zu begleiten.
Studien zeigen, wie groß das Problem ist: Laut einer Untersuchung der Universität Manchester haben mehr als zwei Drittel der Läuferinnen in Nordwestengland schon Belästigung erlebt – von Bedrohungen über Beschimpfungen bis hin zu geworfenen Gegenständen. Viele meldeten Vorfälle dieser Art nicht mehr, weil sie es als "Alltag" ansehen.
Catcalling-Betroffene äußern sich auf Reddit
Und auch ein Beitrag auf Reddit zu der Aktion der Polizistinnen unterstreicht die Allgegenwärtigkeit des Problems. Darunter gibt es inzwischen über 7000 Kommentare, in erschreckend vielen berichten Frauen davon, bereits als junge Mädchen im Alter von zwölf bis 14 Jahren ihre ersten Catcalling-Erfahrungen gemacht zu haben.
Eine schreibt beispielsweise: "Ich erinnere mich, dass ich mit 12 von einem alten Mann gecatcalled wurde. Ich war frühreif und hatte damals schon eine recht kurvige Figur. Seit diesem Tag habe ich mich immer mit einem Pullover bedeckt – selbst wenn es draußen brütend heiß war."
Und eine weitere kommentiert den Beitrag wie folgt: "So widerlich, wie oft das Kids passiert. Ich habe einmal zu Halloween schwarze Netzstrumpfhosen getragen, da war ich 11 oder 12, und ich erinnere mich, dass ich gecatcalled wurde … und ich sehe eigentlich sehr jung für mein Alter aus."
Die Menge an Vorfällen zeigt, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht. In einer weiteren Studie, durchgeführt von Sport England, geben fast drei Viertel aller Frauen an, ihre Sport-Routen im Winter anzupassen. Und wir wissen alle, wovor sie in der Dunkelheit Angst haben.
In Deutschland wird mehr gearbeitet: Zu diesem Schluss kam eine neue Studie. Eine Personengruppe treibt den Trend besonders stark voran.
"Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten", sagte Bundeskanzler Friedrich Merz beim CDU-Wirtschaftstag. Sein Wunsch ist offensichtlich in Erfüllung gegangen – oder hätte nie geäußert werden müssen. Das belegt eine aktuelle Studie.