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Quiet Quitting, Ghosting oder Cuffing: Dating-Phänomene am Arbeitsplatz

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Wie beim Dating so auf Arbeit: Spinnt der Chef? Schaust du heimlich schon nach anderen?Bild: pexels / RODNAE Productions
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Quiet Quitting oder Ghosting: Wenn die Kollegen sich verhalten wie beim Dating

17.01.2023, 15:26
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"Der Müller ghostet mich": Sagt man zwar selten am Arbeitsplatz, aber so ganz falsch wäre das oft nicht. Denn manchmal hat man es auch in der Jobwelt mit Verhaltensweisen zu tun, die man sonst nur aus dem Dating kennt. Wo Menschen unter Erwartungshaltungen zusammenkommen, entwickeln sich nun mal gewisse soziale Phänomene.

Ob es das unangenehme "Blind-Date-Gefühl" nach einem Bewerbungsgespräch ist ("Mögen die mich?", "Ob die wohl jemand anderen besser finden?", "Ich hätte nicht 'vom Ex' erzählen sollen....!") oder eine befreiende Trennung aufgrund mangelnder Wertschätzung – ein Arbeitsverhältnis kann emotional betrachtet durchaus Ähnlichkeiten zu einer Liebesbeziehung haben.

Das zeigen Daten des Online-Portals "Glassdoor", auf dem Unternehmen von Mitarbeiter:innen bewertet werden können. Die Verhaltensweisen, die dort offengelegt werden, kommen einem seltsam bekannt vor – nämlich aus dem Datingleben ...

Ghosting

Der Begriff des "Ghostings" ist inzwischen weit verbreitet. Ob sich das Date schlagartig nicht mehr meldet oder nicht zu einem Treffen erscheint – das Verlassen ohne Erklärung ist eines der ärgerlichsten Phänomene des modernen Datings. Im Extremfall blockiert die Gegenseite alle Kommunikationswege, von der Telefonnummer bis hin zu Social-Media-Accounts. Das Resultat: Frustration und verlorene Zeit.

Ähnliches lässt sich zuweilen auch in der Arbeitswelt finden: Bewerber:innen werden zum Vorstellungsgespräch eingeladen, gehen eigentlich mit einem positiven Gefühl aus dem Gespräch, doch erhalten nie eine Antwort von den potenziellen Arbeitgebern. Auch auf Nachfragen bleibt jede Reaktion aus.

Offenbar scheint dieses Phänomen immer häufiger vorzukommen. Seit der Pandemie wurde "Ghosting" in dreimal so vielen Bewertungen des Bewerbungsprozesses erwähnt, wie noch davor. Das Phänomen gibt es natürlich auch umgekehrt – wenn ehemalige Jobinteressenten plötzlich nicht mehr erreichbar sind.

Quiet Quitting

Wer aufhört, sich um seinen Partner zu bemühen, weniger Zeit für Dates investiert und kleine Geschenke oder Komplimente einstellt, hat sich innerlich von der Beziehung verabschiedet. Das wird auch "Quiet Quitting" genannt.

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Ein "quiet quitter" macht nur noch das Nötigste und das auch nur widerwillig. Bild: pexels / cottonbro studio

Jeder kennt wohl unter den Kolleg:innen einen oder eine, die es auch auf dem Arbeitsplatz ganz ähnlich hält: Gearbeitet wird nur noch das nötigste, zusätzliche Verantwortung oder auch Überstunden werden abgelehnt, auch gemeinsame Aktivitäten nach der Arbeitszeit gemieden. Laut "Glassdoor" ist dieses Phänomen seit der Pandemie deutlicher zutage getreten, viele Arbeitnehmer:innen hätten sich innerlich vom zusätzlichen Engagement auf der Arbeit verabschiedet und stattdessen "eine gesunde Work-Life-Balance zur Priorität gemacht", so das Unternehmen.

Cuffing

Für Singles sind die Wintermonate eine besondere Herausforderung. Während der Sommer viele Gelegenheiten bietet, jemanden kennenzulernen, verbringen wir im Winter mehr Zeit zu Hause. Von November bis März geht es um Beständigkeit – rechtzeitig vor dieser Saison wird beim "Cuffing" eine feste Partnerschaft angestrebt, um die dunkle Jahreszeit in kuscheliger Zweisamkeit verbringen zu können.

Auch auf dem Arbeitsmarkt ist ein ähnlicher Trend zu erkennen, stellte das Job-Portal fest. Während im Herbst viele auf Jobsuche sind, um rechtzeitig vor den kalten und dunklen Monaten einen sicheren Job zu ergattern, ist in den Wintermonaten dazu wenig Aktivität zu erkennen. Insbesondere in der aktuellen Lage mit steigenden Lebenshaltungskosten wollten sich viele Deutsche noch vor den Wintermonaten offenbar ein geregeltes Einkommen sichern.

Cushioning

Mehrere Eisen im Feuer zu haben, um im Notfall nicht ohne Partner dazustehen, wird beim Dating als "Cushioning" bezeichnet. Dahinter steckt oft auch Unsicherheit. Wenig überraschend ist dieses Verhalten auch in der Arbeitswelt verbreitet.

Gerade jetzt, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten setzen sowohl Arbeitnehmer:innen als auch Arbeitgeber:innen offenbar auf einen Plan B oder C, wie Karriereexperten beobachten. Demnach sollen nicht nur Unternehmen permanent nach neuen Talenten Ausschau halten, auch viele Menschen in Anstellungen, schauen nebenbei schon nach einem neuen Job und senden Bewerbungen raus, das zeigen Umfragen vom Juli 2022. Diese Form der heimlichen Absicherung wird passenderweise als "Career Cushioning" bezeichnet.

Toxizität

Eine toxische Beziehung sollte man so schnell wie möglich verlassen, doch oft fällt das den Beteiligten schwerer als gedacht. Auf emotionale Höhenflüge folgen Vorwürfe und Tiefschläge, die Verunsicherung nimmt zu, das Selbstwertgefühl ab.

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Gekündigt! Oder Schluss gemacht? Egal. Hauptsache: Frei!Bild: www.imago-images.de / Uwe Umstätter

Auch am Arbeitsplatz gibt es dieses Phänomen: Das können starre Hierarchien sein, mobbende Kollegen oder eine ungesunde, vorwurfsvolle Arbeitsmoral. Der Arbeitnehmende fühlt sich nicht mehr genügend wertgeschätzt, ausgebeutet und missbraucht. Mangelnde Empathie, Inklusion und Diversität spielen auch oft eine Rolle. Irgendwann rächt sich das: Eine Analyse von Millionen von Mitarbeiter:innen-Bewertungen auf "Glassdoor" ergab, dass eine toxische Arbeitsplatzkultur der Hauptgrund war, warum Menschen ihren Arbeitsplatz verließen.

Früher Ärztin, heute Peloton-Trainerin: "Wenn ich nerve, war der Schweinehund zu groß"

Charlotte Weidenbach ist Ärztin – und hat sich nach dem Medizinstudium für einen ungewöhnlichen Karriereweg entschieden: Sie steht nicht als Frau Dr. Weidenbach in einer Klinik, sondern ist Fitnesstrainerin vor der Kamera.

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