Geschlossene Autowerke, Hotels ohne Besucher, Handwerksbetriebe ohne Aufträge: Auch Unternehmen kämpfen mit den Auswirkungen des Coronavirus. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befinden sich im Homeoffice, sofern die Möglichkeit besteht. Andere müssen zunächst ausharren und hoffen, dass sie im Laufe der Krise nicht ihren Job verlieren. Kurzarbeit soll das verhindern.
Dabei werden Arbeitszeit und Lohn reduziert. Der Clou: 60 Prozent des ausgefallenen Einkommens übernimmt die Bundesagentur für Arbeit. Sozialabgaben, die für den ausgefallenen Lohn fällig wären, übernimmt die Arbeitslosenversicherung. Um das zu finanzieren, greift die Bundesagentur für Arbeit auf ihre 26 Milliarden Euro Rücklagen zurück.
Insgesamt rechnet die Bundesregierung mit 2,35 Millionen Betroffenen, wie aus einem neuen Entwurf zur Kurzarbeit hervorgeht. Grund genug, um sich zu fragen, was man dazu alles beachten muss. Darüber sprach watson mit der Arbeitsrechts-Anwältin Sabine Reichert-Hafemeister. Sie leitet die Kanzlei für Arbeitsrecht Dr. Reichert & Kollegen.
Nein. Der Arbeitgeber muss für Arbeitnehmer das Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen. Die Zustimmung sollte zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen. Trotzdem kann das in Ausnahmefällen auch mündlich geschehen.
Darin steht, dass der Arbeitgeber bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen berechtigt ist, Kurzarbeit anzuordnen. In den meisten Arbeitsverträgen finden sich laut der Fachanwältin für Arbeitsrecht jedoch keine Regelungen zur Kurzarbeit.
Kurzarbeit kann eingeführt werden, wenn ein erheblicher Ausfall des üblichen Arbeitspensums vorliegt. Wenn jetzt etwa nichts zu tun ist, weil zum Beispiel Aufträge ausbleiben, kann die Arbeitszeit auch auf null reduziert werden.
Ob der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld bis zum vollen Nettolohn aufstocken will, steht ihm hingegen frei. "Da gibt es keine gesetzliche Regelung", ergänzt Reichert-Hafemeister.
Grundsätzlich ist es unzulässig, wenn der Arbeitgeber während der Kurzarbeit Überstunden anordnet. Ordnet er sie dennoch an, ist das ein Indiz dafür, dass eben kein Ausfall des üblichen Arbeitspensums vorliegt und die Voraussetzungen für die Kurzarbeit nicht erfüllt sind.
In Notfällen, wenn etwa Eilaufträge eingehen, darf er jedoch Überstunden anordnen. Die muss er dann aber dem Arbeitnehmer bezahlen. Das mindert wiederum den Anspruch auf das Kurzarbeitergeld. Wenn also Überstunden geleistet und bezahlt werden, ist der Ausfall des Nettolohns geringer, weshalb der Arbeitnehmer weniger Kurzarbeitergeld bekommt, erklärt Reichert-Hafemeister.
Nein. Aktuell darf der Arbeitgeber den Urlaub während der Kurzarbeit nicht kürzen. "Es gibt ein Urteil vom Europäischen Gerichtshofs, das besagt, dass sich der Urlaubsanspruch während der Kurzarbeit vermindert, so dies in einem Sozialplan geregelt ist. Diese Entscheidung wurde aber bisher nicht in deutsches Recht umgesetzt. Das bedeutet, dass sie im deutschen Arbeitsrecht noch keine Gültigkeit hat."
Entsprechend bleibt es erstmal wie gehabt. Hat jemand also 20 Arbeitstage Urlaub im Jahr, kann er diese Arbeitstage Urlaub ungekürzt und auch während der Kurzarbeit nehmen.
Denn das Urlaubsentgelt, das der Arbeitnehmer während des Urlaubs erhält, muss der Arbeitgeber weiterhin vollumfänglich bezahlen. Während des Urlaubs bekommt der Arbeitnehmer kein Kurzarbeitergeld, sondern den ungekürzten Verdienst. Verdienstkürzungen, die durch das Kurzarbeitergeld entstehen, bleiben während des Urlaubs unberücksichtigt.
Kurzarbeit hat eigentlich den Sinn, den Arbeitsplatz zu erhalten und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.
Ausnahmsweise sind betriebsbedingte Kündigungen trotz Kurzarbeit wirksam, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers dauerhaft entfällt. Zudem kann der Arbeitgeber personen- oder verhaltensbedingte Kündigungen aussprechen.
Wird ein Arbeitnehmer zum Beispiel gegenüber dem Arbeitgeber gewalttätig, kann er verhaltensbedingt gekündigt werden. Selbiges gilt, wenn er schwänzt. Es kommt aber immer auf die Einzelfallumstände an.
Einen Rechtsanspruch darauf gibt es nicht. Eine Pflicht des Arbeitgebers, Kurzarbeit einzuführen kann sich allenfalls aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben. Das gilt etwa dann, wenn er Löhne zum beispielsweise aufgrund einer schlechten Auftragslage nicht zahlen kann. Auch hier kommt es jedoch auf die Einzelfallumstände an.
Muss der Arbeitgeber wegen Auftragsmangel betriebsbedingt kündigen, so muss er vorrangig prüfen, ob der diese betriebsbedingten Kündigungen durch die Kurzarbeit vermeiden kann.
Der Arbeitnehmer muss der Kurzarbeit auch nicht zustimmen. Allerdings kann es dann sein, dass er eine betriebsbedingte Kündigung oder eine Änderungskündigung riskiert oder aber der Arbeitgeber ihm einen Aufhebungsvertrag anbietet. In einem solchen Falle sollte sich der Arbeitnehmer dringend anwaltlich beraten lassen. Die Zustimmung zur Kurzarbeit kann dem Erhalt des Arbeitsplatzes dienen.