Ich dachte eigentlich immer, dass mein Englisch ziemlich gut sei – und dann bin ich nach Australien gezogen. Obwohl ich jetzt in einem englischsprachigen Land lebe und seit Jahren mit einer englischsprachigen Person verheiratet bin, gibt es dennoch immer wieder Situationen, in denen ich hadere.
Schon oft saß ich mit Leuten gemeinsam am Abendessenstisch und wusste nicht so richtig, worum sich das Gespräch dreht. Wenn das Wort in solchen Situationen an mich gerichtet wurde, lautete meine Devise für eine ganze Weile: Lächeln, nicken und hoffen, dass es keine Frage war.
Doch damit es niemandem so wie mir ergeht und die nächste Australienreise ganz ohne unangenehme Gesprächspausen verläuft, folgt nun eine kleine Einführung in die australische Sprache mit all ihren skurrilen Eigenheiten. Denn davon gibt es eine ganze Menge.
Der australische Akzent ist auf Instagram und Tiktok immer wieder Bestandteil einiger Witze und Memes. Insbesondere das australische "no", was wie "naur" klingt, steht oft im Mittelpunkt vieler Nachahmungen.
Berühmt wurde der Ausruf vor allem dank der in Australien produzierten Kinderserie "H20: Just Add Water" oder zu Deutsch "H20: Plötzlich Meerjungfrau". Den Protagonistinnen, Emma, Cleo und Rikki entfährt im englischen Original nämlich immer dann ein ganz besonders lang gestrecktes "oh naur", sobald sie mit Wasser in Berührung kommen, da sie sich dann unweigerlich zu Meerjungfrauen verwandeln.
Sogar Pop-Ikone Billie Eilish machte bereits während eines Konzerts in Sydney Anspielungen auf die TV-Show und das daraus entstandene Internet-Meme. Vor dem Publikum der Qudos Bank Arena rief sie die viralen Worte "Oh Naur, Cleo" aus und ergatterte damit tosenden Applaus.
Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass die australische Aussprache in den sozialen Medien überzogen dargestellt wird, doch meiner Ansicht nach sind die Nachahmungen oft sehr treffend. Dabei kommt es jedoch stark darauf an, wo man sich befindet.
Meiner Erfahrung nach wird das Englisch der Australier:innen unverständlicher, je weiter man sich von den Großstädten entfernt. So komme ich in Melbourne beispielsweise problemlos ohne Google Übersetzer durch den Tag, doch sobald ich meine Schwiegereltern auf dem Land besuche, bin ich genauso ratlos wie im Englischunterricht der Unterstufe.
Dabei ist es nicht nur der Akzent, der das Englisch einiger Australier:innen für mich zu einer Herausforderung macht. Stattdessen stolpere ich vor allem immer wieder über Wörter und Phrasen, die für Nicht-Australier:innen absolut keinen Sinn ergeben.
Ein klassisches Beispiel ist die Bezeichnung für Flip-Flops. Die werden in Australien nämlich "thongs" genannt, was gleichzeitig auch das englische Wort für Tanga ist. Ein Tanga für die Füße quasi. Ich bin mir inzwischen sicher, dass sich dieser Begriff nur deshalb durchgesetzt hat, weil Australier:innen es lieben Tourist:innen und Immigrant:innen zu verwirren.
Ausgesprochen irritiert war ich auch, als ich erstmals die Phrase "we're not here to fuck spiders" hörte. Normalerweise kann ich mir die Bedeutung von Sprichwörtern aus dem Kontext zusammenreimen, doch dieser Satz verstörte mich eher, als dass er irgendeinen Sinn ergab. Warum sollte irgendjemand Sex mit Spinnen haben wollen? Wieso werden diese beiden Dinge überhaupt in einem Atemzug erwähnt?
Im Grunde soll damit auf eine sehr vulgäre Art und Weise ausgedrückt werden, dass man keine Zeit verschwenden möchte – eine Devise, die sich durch die gesamte australische Sprache zieht.
Deutschen wird immer nachgesagt, ganz besonders effizient zu sein. Beschäftigt man sich jedoch ein wenig mit dem australischen Englisch, wird klar, dass unsere Nation bald Konkurrenz in puncto Zeitsparen bekommen könnte. Hier liebt man es nämlich Worte abzukürzen, indem man einfach ein -o ans Ende hängt. Ein paar Beispiele:
Alternativ können Begriffe mit einem -ie verkürzt werden:
Einige Worte abbreviiert man auch mit einem -a am Ende. So sagt man beispielsweise "Sanga" statt Sandwich oder "Macca's" statt McDonalds. Letzteres ist sogar so verbreitet, dass sich die Fast Food-Kette in Australien (ich meine natürlich "Straya") inzwischen selbst offiziell umbenannt hat.
Doch eine Abkürzung, die mich zu Beginn meiner Zeit in Australien ganz besonders verwirrt hat, ist "ta". Ob im Supermarkt oder am Ende von Textnachrichten – immer wieder warfen mir Leute "ta" entgegen. Ich konnte mir einfach nicht zusammenreimen, was das einsilbige Wort bedeuten soll, bis ich kurze Zeit später herausfand, dass diese Floskel als Ausdruck der Dankbarkeit genutzt wird. Weil ein einfaches "thanks" ja auch so viel länger ist.
In Down Under ist jeden Tag Gegenteiltag. Das könnte man zumindest meinen, wenn man einigen Leuten hier beim Reden zuhört. Denn Australier:innen lieben es, komplizierte Antworten auf einfache Fragen zu geben. Statt "Ja" oder "Nein" sagt man hier nämlich oft "Nah, yeah" or "Yeah, nah". Doch was bezeichnet davon was?
Als Faustregel kann man festhalten, dass das letzte Worte der Abfolge die Bedeutung der Antwort bestimmt. Alles, was davor kommt, kann ignoriert werden. Also:
"Yeah, nah" = Nein.
"Nah, yeah" = Ja.
Und um noch einen drauf zu setzen:
"Yeah, nah, Yeah" = Ja.
Für das ungeschulte Ohr kann sich die australische Sprache zunächst ganz schön verwirrend anhören. Nein heißt ja, ja heißt nein, an jedes Wort wird ein -o drangehangen und dann gibt es da noch irgendetwas mit Unzucht und Spinnen.
Mein Rat für die nächste Australienreise ist es deshalb, immer direkt nachzufragen, sobald man ein Wort oder eine Phrase nicht versteht. Denn "lächeln, nicken und hoffen, dass es keine Frage war" funktioniert nur in etwa 70 Prozent der Fälle – in den anderen 30 steht man dumm da.
Ich bin ganz ehrlich: Mich hat es anfangs etwas Überwindung gekostet, die eigenen sprachlichen Defizite zuzugeben. Schließlich möchte man sich gut integrieren und unter den Einheimischen nicht auffallen. Doch bei dem Akzent und den ganzen Floskeln, die es hier gibt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man nicht die einzige Person in der Runde ist, die gerade den Faden verloren hat. Ich war sogar bereits in Situationen, in denen sich die Australier:innen selbst nicht untereinander verstehen konnten.
Und im besten Fall regt das Nachhaken zu einem spannenden Austausch über die Eigenheiten der unterschiedlichen Sprache an. Schließlich machen wir es denjenigen, die Deutsch lernen möchten, auch nicht unbedingt leicht mit unseren Sprichworten. Da dachte sich die ein oder andere Person bestimmt auch schon: "I only understand train station."
(fw)