Kaum etwas sagt so viel über die Kultur eines Landes aus, wie ihr Essen: Italien wird mit Pizza assoziiert, Griechenland mit Gyros und Deutschland etwa mit Würstchen und Sauerkraut. Doch welche landestypischen Gerichte werden in Down Under serviert?
Laut Angaben des "Australian Bureau of Statistic" sind etwa ein Viertel der australischen Einwohner:innen im Laufe ihres Lebens nach Down Under immigriert. Die australische Kultur setzt sich dementsprechend also aus den Einflüssen vieler verschiedener Länder zusammen, was sich auch in den Essgewohnheiten und Restaurants widerspiegelt, die man hier vor Ort antrifft.
Den Einfluss italienischer und US-amerikanischer Einwander:innen bekommt man beispielsweise beim Feierabendbier im Pub zu spüren. Der Kneipen-Klassiker Chicken Parmigiana, oder auch liebevoll einfach nur "Parmi" genannt, besteht aus panierter Hähnchenbrust, die mit Tomatensoße und Mozzarella überbacken wird. Serviert wird das glorifizierte Schnitzel typischerweise mit Pommes und Salat.
Man geht davon aus, dass das Gericht von dem Auberginenauflauf "melanzane alla parmigiana" inspiriert worden ist, der im 18. Jahrhundert insbesondere unter ärmeren Familien in Süditalien sehr beliebt war. Als italienische Einwander:innen im 19. Jahrhundert die USA besiedelten, wurde das Rezept verändert und für Vegetarier:innen untauglich gemacht, bevor es dann im 20. Jahrhundert Australien eroberte.
Nicht nur Italiener:innen haben in der australischen Küche ihre Spuren hinterlassen – auch Einflüssen aus Großbritannien kann man nicht aus dem Weg gehen. Nachdem die britische Krone den australischen Kontinent gewaltvoll kolonialisiert und zum Teil des Commonwealth erklärt hat, sind Gerichte wie 'Fish and Chips' oder das klassische 'Full English Breakfast' an jeder Ecke zu finden.
Doch noch ein weiteres Hauptnahrungsmittel der Brit:innen ist nach Australien herübergeschwappt: Meat Pies. Die mit Fleisch gefüllte Teigtasche wird gerne unterwegs mit einer ordentlichen Menge an Ketchup oder alternativ zum Abendessen mit Bratensoße und Erbsen verzehrt.
Vegemite ist ein dunkelbrauner, salziger und leicht bitter schmeckender Aufstrich, der aus Hefeextrakt hergestellt wird. Klingt gewöhnungsbedürftig – ist es auch. Als ich erstmals nach Australien gekommen bin, habe ich schon beim Geruch der Paste einen Würgreiz bekommen. Ganz zum Ärgernis vieler Australier:innen, die den Aufstrich bei jeder Gelegenheit auf eine fast schon patriotische Art und Weise in Schutz nehmen.
Meine Ablehnung sollte sich auflösen, nachdem mir von Vegemite-Profis gezeigt wurde, wie man den Aufstrich richtig isst. Und zwar nicht einfach dick auf Toast geschmiert wie Nutella, sondern hauchdünn mit Butter und anderen Belägen wie Avocado oder Käse. Dann ist der Malzgeschmack nämlich nicht ganz so überwältigend, sondern verleiht dem Brot lediglich eine gewisse Würze.
Zugegebenermaßen hat es nichtsdestotrotz ein paar Anläufe gebraucht, bis ich mich mit Vegemite so richtig anfreunden konnte, doch inzwischen darf der Aufstrich in meinem Vorratsschrank nicht mehr fehlen.
Natürlich kann man nicht über australische Essenskultur sprechen, ohne das traditionelle Leibgericht der ursprünglichen Eigentümer des Landes anzuerkennen. Seit Generationen schwören Aborigines in Central Australia auf die Mottenlarve 'Witchetty Grub', die im Inneren der Wurzeln des Witchetty-Busches gefunden werden kann. Das sechs Zentimeter große Krabbeltier gilt als hervorragende Proteinquelle und kann sowohl roh als auch gegrillt gegessen werden.
Im nicht zubereiteten Zustand wird der Geschmack des Witchetty-Grubs mit dem von Rührei oder auch Mandeln verglichen. Gegrillt soll die Larve nach Hühnchen oder Garnelen in Erdnusssoße schmecken. Seltsam spezifisch, aber wer sich selbst vom Geschmack überzeugen möchte, wird um einen Ausflug ins Outback nicht drumherum kommen.
Es ist das Maggi der australischen Küche: Chicken Salt ("Hähnchen Salz"). Die Gewürzmischung besteht aus Salz, Reismehl, Zwiebelpulver, Knoblauchpulver, Paprikapulver und ein paar weiteren ominösen Zutaten, von denen eine Crack sein muss – anders kann ich mir den Geschmack dieser glorreichen Erfindung nicht erklären.
Typischerweise wird Chicken Salt großzügig auf Pommes verteilt (die in Australien "Hot Chips" und nicht "Fries" genannt werden), aber auch Popcorn oder Reis verleiht das Gewürz einen unverkennbaren Geschmack Umami.
Kleiner Fun-Fact: Auch wenn es widersprüchlich erscheint, ist in den meisten Hähnchen-Salzen kein echtes Hähnchen enthalten. Die Gewürzmischung ist dementsprechend vegan.
Jedes Mal, als ich mit meinem Papa als Kind in den Baumarkt gefahren bin, gab es im Anschluss eine Brezel. Ich weiß nicht, wann wir uns in Deutschland kollektiv darauf geeinigt haben, dass es in jeder Baumarktfiliale automatisch auch eine Bäckerei geben muss, aber ich persönlich kann mich über diese Idee ganz und gar nicht beschweren. Bis heute assoziiere ich den Geruch von Sägespänen automatisch mit dem von ofenfrischem Gebäck.
In Australien hat sich diese Tradition bislang leider noch nicht durchgesetzt, aber dafür gibt es auf dem Parkplatz der Baumarktkette "Bunnings" stattdessen jedes Wochenende frisch gebratene Würstchen im Brot. Die Rede ist jedoch nicht von Bratwürsten im Brötchen, wie sie es in Deutschland an jeder Autobahnraststätte gibt, sondern von sogenannten "Snags".
Hierbei handelt es sich um eine Art billigen Hotdog, der sich aus einer Scheibe ungetoasteten Toastbrot, gerösteten Zwiebeln, einem Würstchen und Soße zusammensetzt. Bis heute kann ich den Hype um den beliebten Snack nicht so ganz nachvollziehen – vielleicht bin ich dafür einfach noch nicht australisch genug.
Ich weiß nicht, warum Australier:innen so besessen von Toastbrot sind, aber für viele ist es augenscheinlich ein wichtiger Hauptbestandteil ihrer Ernährung. "Fairy Bread", oder zu Deutsch "Feenbrot", ist ein absoluter Hit auf jedem Kindergeburtstag und in Nullkommanix zubereitet.
Alles, was man dafür machen muss, ist eine Scheibe Weißbrot mit Butter beschmieren, danach mit ordentlich Zuckerstreuseln bedecken und in Dreiecke schneiden. Fertig ist der süße Snack, der garantiert jedes Kind auf der Party in einen Zuckerflash versetzen wird.
Streusel heißen hier übrigens nicht "sprinkles" wie in jedem anderen englischsprachigen Land, sondern "hundreds and thousands". Das ist zwar viel länger und umständlicher auszusprechen, aber naja.
Auch wenn einige "typisch australische" Gerichte und Snacks gewöhnungsbedürftig erscheinen, sind viele von ihnen nicht mehr aus meinem Speiseplan wegzudenken. Trotzdem vermisse ich immer mal wieder deutsche Leckereien, an die ich hier vor Ort nicht so einfach rankomme – entweder, weil sie in den Mainstream-Supermärkten nicht existieren oder weil meine Kochkünste schlicht und ergreifend nicht ausreichen. Semmelknödel, Maultaschen und Käsespätzle zum Beispiel. Oder Räuchertofu. Oder einfach nur eine gute Apfelschorle.
Aus einem Gelüst heraus habe ich sogar bereits versucht, Brezeln selber zu backen. Spoileralarm: Ich bin gescheitert. Glücklicherweise arbeite ich inzwischen nebenbei als Barista in einer deutschen Bäckerei. Das heißt, zumindest für gute Brezeln, Brötchen und Brot ist erstmal gesorgt.