"Kinder und Jugendliche können sich nach dem Ende der Priorisierung ab dem 7. Juni auch um eine Impfung bemühen", das verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstagabend nach dem Impfgipfel zwischen Bund und Ländern. Voraussetzung dafür sei die Zulassung des Impfstoffs von Biontech und Pfizer für Kinder ab 12 Jahren – diese erfolgte am Freitag durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA.
Merkel betonte gleichzeitig: "Ein sicherer Schulbetrieb wird auch in Zukunft völlig unabhängig von der Frage sein, ob ein Kind geimpft ist oder ob ein Kind nicht geimpft ist."
Viele Schüler sind davon enttäuscht. "Es ist eigentlich gar nichts rausgekommen", sagt Moritz Meusel vom Landesschülerrat Bayern gegenüber watson zum Impfgipfel. "Ganz im Gegenteil: Es ist nur noch mehr Chaos entstanden, indem sich jetzt auch alle Ab-12-Jährigen in dieses Getümmel stürzen und um einen Impftermin kämpfen müssen. So sieht keine Hilfe für Kinder und Jugendliche aus, wir hätten uns mehr Unterstützung gewünscht." Nach dem Impfgipfel sei es weiterhin so wie bisher, "wir stehen ganz hinten an".
Hanna Suhr vom Landesschülerrat Mecklenburg-Vorpommern sagt zu watson: "Wir finden es gut, dass Schüler berücksichtigt werden und jetzt auch mehr Schüler die Möglichkeit bekommen können, eine Impfung zu erhalten". Seit eineinhalb Jahren hoffe man auf Präsenzunterricht, Impfungen könnten zu einem sicheren Schulbetrieb beitragen.
Der Landesschülerrat Mecklenburg-Vorpommern hatte in einer Pressemitteilung eine Priorisierung der Schüler gefordert. Eine Priorisierung "wäre schön", meint Hanna Suhr. Aber sie sagt auch: "Das ist Wunschdenken". Man habe nicht genügend Impfstoff, um auch die Schüler noch zu priorisieren. "Man kann die Schüler ja nicht gleich vorziehen, wenn noch nicht mal alle anderen, die schon priorisiert sind, geimpft sind."
Moritz Meusel betont, dass man auch konkrete Vorschläge zu Impfungen für Schüler geliefert habe. "Dass man beispielsweise mit Impfteams in die Schulen kommt und jeder, der im Vorhinein sein Einverständnis gegeben hat, bekommt die Impfung. Dann kann man auch endlich wieder einen sicheren Präsenzunterricht leisten nach über einem Jahr Pandemie."
Er verstehe, dass die Situation schwierig sei und man müsse natürlich darauf achten, dass eine Impfung für Schüler freiwillig bleibe. "Es darf keinen Impfzwang geben", sagte der 18-Jährige. Man würde aktuell auch mit dem Testen schon eine "gute Strategie fahren".
Das sieht auch der Landesschülerrat Mecklenburg-Vorpommern so. Dort seien die meisten Schulen aufgrund der niedrigen Inzidenzen wieder in den Präsenzunterricht übergegangen, sagt Hanna Suhr. "Natürlich mit den Maßnahmen: Masken, Selbsttests, Hygienekonzepte." Es werde sich jetzt zeigen, wie gut das langfristig funktioniere. Aber vor allem die Selbsttests leisteten einen guten Beitrag zur Sicherheit.
Wichtig sei für Schüler natürlich auch die soziale Komponente, betont Moritz Meusel. "Wir sind nicht nur Arbeitstiere, die jeden Tag in die Schule gehen und Mathe lernen. Wir sind auch soziale Wesen und man kann ja nicht mehr richtig sozial teilhaben ohne eine Impfung".
Eine wichtige Voraussetzung für die Impfung vieler Schüler hat am Freitag die die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) geschaffen: Sie hat den Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen. Bisher war der Impfstoff in der EU ab einem Alter von 16 Jahren zugelassen. Der Impfstoff werde in der Altersgruppe "gut vertragen" und es gebe keine "ernsten Bedenken" wegen möglicher Nebenwirkungen, erklärte die Behörde. Daten aus klinischen Tests zeigten, dass der Impfstoff bei den Zwölf- bis 15-Jährigen eine hohe Schutzwirkung habe.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland will sich im Gegensatz dazu mit ihrer Empfehlung für die Impfung von Kindern ab 12 Jahren noch Zeit lassen, weil aus ihrer Sicht die Daten über Nebenwirkungen noch zu dünn sind. Sie hat angedeutet, dass sie eine Impfung womöglich nur für vorerkrankte Kinder empfehlen könnte. "Das verunsichert", sagt Schülersprecher Moritz Meusel. "Wir wissen ja was auf dem Spiel steht, am Ende bleibt es eine freiwillige Entscheidung."
Meusel fordert: Schüler sollten zumindest "die Möglichkeit zu einer Impfung bekommen und nicht nochmal ein halbes Jahr warten müssen". Denn viele Schüler würden sich sehr gerne impfen lassen. "Es gibt bei uns in Bayern ja noch Bezirksschülersprecher, mit denen habe ich gesprochen und es ergibt sich ein sehr einheitliches Bild: Die allermeisten möchten sich impfen lassen, vor allem die Älteren." Es sei vor allem auch für die Abschlussklassen wichtig.
Auch Hanna Suhr vom Landesschülerrat Mecklenburg-Vorpommern bestätigt dieses Bild. Sie habe mit vielen ihrer Kollegen gesprochen. "Die meisten wollen sich impfen lassen, obwohl natürlich trotzdem bei allen die Angst vor Nebenwirkungen besteht", sagt sie.
Zuletzt veröffentlichte Daten zeigen, dass der Biontech-Impfstoff auch Kinder zwischen 12 und 15 Jahren sicher vor einer Covid-19-Erkrankung schützt. Die Daten waren bereits Grundlage für die Notfall-Zulassung des Impfstoffes in den USA in dieser Altersgruppe und lagen der Europäischen Arzneimittelagentur zur Zulassungsprüfung vor. In der Studie trat demnach bei mehr als 1000 geimpften Kindern und Jugendlichen kein Covid-19-Fall auf. In der etwa gleich großen, ungeimpften Kontroll-Gruppe waren es 16.
Nach der Impfung sei es überwiegend allenfalls zu leichten Impfreaktionen wie Müdigkeit oder Kopfschmerzen gekommen, schreiben die Wissenschaftler im "New England Journal of Medicine". Die positiven Ergebnisse rechtfertigten auch Tests bei jüngeren Kindern oder anderen, besonders schützenswerten Gruppen wie schwangeren Frauen, betonen sie.
(Material von dpa/afp)