Fährt man nur ein paar Meter über die Grenze, wird einem bewusst, wie besonders das Pfandsystem in deutschen Supermärkten ist. Denn schon in Österreich landet jede Wasserflasche einfach im Müll.
Deutschland ist Vorreiter, wenn es um Pfandflaschen geht – und will es ganz klar bleiben. Deshalb werden ab 2024 auch die Flaschen für Milchgetränke in das System mit aufgenommen – allerdings nicht ohne Kritik.
Konkret geht es bei der Neuerung beispielsweise um Trinkmilchprodukte wie Müller-Milch, Trinkjoghurt wie diverse Ayran-Sorten, Kaffee-Spezialitäten von zum Beispiel Starbucks oder Nescafé, aber auch molkehaltige Energy-Drinks in Einwegbehältern. Auf alle diese Produkte wird ab dem kommenden Jahr ein Pfand von 25 Cent erhoben.
Wie die Rückgabe genau erfolgen wird, ist noch unklar. Denkbar wäre, dass die Verbraucher:innen angehalten werden, die Verpackungen vor der Rückgabe zu entleeren oder mit Leitungswasser auszuspülen – ob sich jedoch alle daran halten werden, ist fraglich.
Expert:innen warnen nun vor ungeklärten Gesundheitsrisiken im Zuge der neuen Pfand-Regel. "Durch Restflüssigkeiten in den Milchgebinden entstehen Hygienerisiken, die deutlich über die Verunreinigung infolge aller anderen Getränke hinausgehen und die sich in Kombination potenzieren", erklärt Antje Gerstein vom Handelsverband Deutschland.
Problematisch sei daran auch, dass Rückgabestationen sich häufig im Eingangsbereich von Supermärkten befinden. Verbleiben Milchreste in oder an den Flaschen, könnte das für unangenehme Gerüche sorgen und auch die Hygiene der Märkte und der Pfandautomaten beeinflussen.
"Plastikflaschen für Milch gehören in den Gelben Sack und nicht in die Rücknahmeautomaten", bekräftigt auch der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbands Eckhard Heuser. Expert:innen weisen zudem auf die spezielle Beschichtung bei Milchprodukten hin, die sich erheblich auf die allgemeine Recycling-Qualität auswirken würde.
Die Verbraucherschutzzentrale hingegen begrüßt die Änderungen ab 2024 und spricht von einer logischen Vereinfachung. "Aktuell stehen Verbraucher noch immer vor den Pfandautomaten und müssen feststellen, dass Flaschen und bestimmte Dosen nicht angenommen werden", erklärte ein Sprecher. Ziel der neuen Pfand-Regel ist es, dass es ab dem neuen Jahr keine pfandfreien PET-Flaschen oder Getränkedosen mehr gibt.
Einwegflaschen und -dosen können in jedem Supermarkt, Discounter oder Kiosk zurückgegeben werden. Lange Zeit galt die Pfand-Regelung nur für Mineralwasser, Bier und Erfrischungsgetränke.
Seit dem vergangenen Jahr wurde das System ausgeweitet, sodass mittlerweile auch beispielsweise alkoholische Mischgetränke in Dosen Pfand haben. Für Verbraucher:innen bedeutet die geplante Ausweitung des Pfandsystems vor allem, dass sie für viele Produkte aufgrund der Gebühr einen höheren Preis zahlen als bisher.
Die aktuellen Änderungen sind Teil eines größeren Maßnahmenpakets der Europäischen Union, das Deutschland schrittweise bis 2030 umsetzen will. Weitere Neuerungen dürften allerdings nur noch die Hersteller der Verpackungen betreffen, um etwa einen Mindestanteil an recycelbaren Plastik sicherzustellen.