Ärztin bleibt für Infos über Abtreibung verurteilt – was das bedeutet in 5 Erklärungen
12.10.2018, 12:1512.10.2018, 14:55
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Seit Dutzenden Jahren kommen Patienten zu Kristina Hänel in die Praxis. Dort berät die Ärztin zu medizinischen Themen aller Art. Sie ist Allgemeinmedizinerin, führt aber auch Abtreibungen durch. Weil sie darüber auch auf ihrer Website informiert, wurde sie verurteilt – sie habe illegale Werbung für Schwangerschaftsabbrüche gemacht.
Hänel wehrte sich gegen das Urteil. Ihre Berufung hat das Landgericht Gießen nun verworfen.
Hänel war wegen der Information über angebotene Schwangerschaftsabbrüche im Dezember zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden. Sie hatte das Urteil angefochten, der Fall ging deshalb für eine Überprüfung an das Landgericht.
Das bestätigte nun, dass Hänel die Strafe zahlen muss. In ihrem Plädoyer forderte die Verteidigung am Freitag, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Die Norm sei "nicht vereinbar mit dem Grundgesetz". Die Staatsanwaltschaft forderte, das Urteil aufrecht zu erhalten.
Kristina Hänel und ihr Anwalt vor Gericht.Bild: imago stock&people
Verfassungsklage abgelehnt – das müssen jetzt Politiker regeln
Das Gericht hat selbst Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Werbeverbots. Den Fall in Karlsruhe vorzulegen, lehnte es aber trotzdem ab. Indirekt forderte es eine politische Entscheidung in der Sache. Die Gerichte seien "in solchen Dingen überfordert".
Zu Hänel sagte das Gericht:
"Sie müssen das Urteil tragen wie einen Ehrentitel in einem Kampf für ein besseres Gesetz."
Das Amtsgericht hatte das Verhalten der Ärztin als Verstoß gegen den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs gewertet, der Werbung für Abtreibungen in bestimmten Konstellationen unter Strafe stellt. Der Fall löste eine Debatte über eine mögliche Abschaffung aus.
Auch andere werden unter Druck gesetzt
Nach Angaben von Medizinern nutzen militante Abtreibungsgegner den Paragrafen immer wieder zur Einschüchterung von Frauenärzten. So stehen zum Beispiel die zwei Frauenärztinnen Natascha Nicklaus und Nora Szász vor dem Amtsgericht in Kassel, weil sie auf der Internetseite ihrer Praxis über Leistungen zum Schwangerschaftsabbruch informiert hatten.
Zur Anklage kam es, weil zwei Abtreibungsgegner die Frauen angezeigt hatten. "Einer betreibt eine Seite namens 'Babycaust', auf der Abtreibungen mit dem Holocaust verglichen werden. Der andere ist ein junger Student aus Kleve", sagte Natascha Nicklaus auf Anfrage von watson.
Der Klever Student hatte der "Taz" in einem Interview seine Motivation offenbart. Er wolle sich damit vor "linken Abtreibungsbefürwörtern" schützen. Gerade als Mann sei er in solchen Fragen besonders objektiv.
"Ich mache das jetzt seit gut drei Jahren und habe, würde ich mal schätzen, 60 bis 70 Anzeigen erstattet. Das ist halt so mein Hobby."
"Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise 1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder 2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
Wird sich politisch etwas ändern?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bewegt sich da eher nicht:
Vor dem Landgericht demonstrierten am Freitag etwa 200 Unterstützer Hänels, darunter der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, der die Abschaffung des Strafparagrafen 219a forderte. Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley und Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (beide SPD) forderten eine Neuregelung.
Ärztinnen und Ärzte benötigten "dringend Rechtssicherheit", damit sachliche Information möglich sei, sagte Barley den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie sei optimistisch, dass "noch in diesem Herbst eine Lösung gefunden werde".
"Wenn Frauen in so einer schwierigen Situation sind – und das ist eine extreme Ausnahmesituation –, dann brauchen sie Beratung, Information und Unterstützung", erklärte Giffey. "Das darf man ihnen nicht verwehren."
(sg/fh/afp/dpa)
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