Datenschützer sehen Tracking- und Gesundheitsapps mit Sorge, doch viele Wissenschaftler halten sie in Zeiten von Corona für unabdingbar. So auch Virologe Christian Drosten und Dirk Brockmann vom Robert-Koch-Institut.
Die beiden Wissenschaftler erklärten am Mittwoch dem NDR im Rahmen des "Coronavirus-Update", warum sie zur Eindämmung des Covid-19-Virus so viel Hoffnung in Smartphone-Apps legen.
Was derzeit angedacht ist, sei zum Beispiel eine freiwillige Handyapp, die per Bluetooth andere Geräte mit demselben Programm erkennt. "So eine App, die erfassen kann, wann sich zwei Menschen nahe kommen und damit eine potentielle Übertragung stattfindet, würde mit Sicherheit helfen", sagt Brockmann. "Die Technologie dafür gibt es schon lange. Sie müssen dabei natürlich darauf achten, dass die Daten anonymisiert werden."
Zugleich könnte so eine App auch als Diagnostikwerkzeug helfen. Der Nutzer gibt also auftretende Symptome ein und wird dann unter Umständen aufgefordert, ins Labor zu gehen. Auch das Testergebnis müsste eingegeben werden.
Dieser Vorgang würde bei der Fallverfolgung helfen, die derzeit noch über das Gesundheitsamt erfolgt. Je mehr Menschen sich allerdings mit Corona infizieren, desto überlasteter werden die Behörden damit sein, sie kämen zeitlich nicht mehr hinterher.
Auch könnten die Daten dazu dienen, den Lockdown gezielter, zum Beispiel nur in gerade extrem betroffenen Regionen, durchzusetzen. Drosten: "Da könnte man sagen: Gerade kocht hier in dieser Nachbarschaft etwas hoch, jetzt warten wir gar nicht mehr auf die Labordiagnostik, sondern betrachten jeden, der Symptome kriegt, als positiv. Denn worum es ja für uns geht ist momentan: Geschwindigkeit."
Es handelt sich hierbei noch um eine hypothetische App, doch viele Wissenschaftler arbeiten "unter Hochdruck an so einer Umsetzung", so Brockmann. Die größte Hürde sei dabei natürlich der Datenschutz.
Was momentan verfügbar ist, ist eine freiwillige App des Robert-Koch-Instituts, die sogenannte "Corona-Datenspende"-App, in der man Alter, Größe, Gewicht und Postleitzahl eingibt und dann mit seinem Fitnesstracker verbindet. Erhöht sich die Körpertemperatur schlagartig, oder wird der Puls sehr schnell, weiß die App Bescheid. Damit sollen Corona-Symptome früher erkannt werden: "Quasi so eine Art Fieberthermometer für das ganze Land." Als verlässliche Quelle zur Erkrankungslage ganzer Regionen funktioniert das allerdings nur "wenn viele Menschen mitmachen", so Brockmann. Darauf hoffen die Wissenschaftler jetzt.
(jd)