Jeder Mensch muss einmal sterben, manche früher, manche später. Doch was ist mit denen, die beinahe gestorben wären, aber im letzten Augenblick dem Tod noch von der Schippe springen konnten?
Der Psychologe und Theologe Joachim Nicolay aus Lemberg beschreibt sogenannte Nahtod–Erfahrungen als:
Watson hat sowohl mit ihm, als auch mit dem Theologen Enno Edzard Popkes, Professor an der Uni Kiel, über das Thema gesprochen.
Beide sprechen von Nahtod–Erfahrungen, die mehr sind als nur Halluzinationen. Stattdessen sehen sie diese als weitere Dimension der menschlichen Existenz und als Form der Bewusstseinserweiterung.
Beide sind sich darüber einig, dass man kein konkretes Wissen darüber hat, was nach dem Tod kommen kann. Man könne jedoch Ahnungen erlangen, was auf einen warten könnte.
Zudem sagen beide, dass solche Erfahrungen extrem positive Auswirkungen haben können. Popkes spricht von psychologischen Folgen wie:
Nicolay ergänzt zudem:
Auf Reddit erzählen 14 Menschen von ihren persönlichen Nahtod–Erfahrungen; von den Momenten, in denen ihr Leben am seidenen Faden hing und wie sie dies erlebt haben.
"Ich starb vor 4 Jahren an einem Herzproblem. Ich war über 5 Minuten weg, bevor ein Defibrillator mich schließlich zurückholte. Als ich das Krankenhaus eine Woche später verließ, fragte mich eine Krankenschwester, was ich erlebt hatte. Ich antwortete 'Nichts'. Sie sagte, das sei die Antwort, die sie immer kriege."
"Nach einem Autounfall war ich dem Tode nah und ging in einen Tunnel aus Licht. Ich entschied, zurückzukommen, weil ich vor die Wahl gestellt wurde. Ich vermisste meine Familie, meine Freunde und meine Katze, also kam ich zurück. Ich erinnere mich, dass der Tunnel weiß und gold war; sehr warm und einladend.
Als ich auf der Straße aufwachte, war ich blutig, kalt und im Schock, aber ich wusste, was gerade passiert war. Ihr könnt gerne sagen, dass es aufgrund des Blutverlusts oder Dopamins war, aber ich weiß, was ich gesehen habe. Was ich daraus mitgenommen habe, ist, dass unsere Vorstellung vom Leben wie ein Radio funktioniert, bei dem wir nur einer Frequenz zuhören, obwohl alle Frequenzen gleichzeitig laufen. Es gibt mehr im Leben (und im Tod), als das, was wir glauben. Seid gut zueinander und euch selbst. Das ist, was am Ende zählt."
(VAGO)
"Als ich 18 war, hatte ich eine große Operation aufgrund eines Vorfalls in der Army. Ich wachte nach der OP auf, nur um zu bemerkten, dass ich nicht wirklich wach war. Alles war komplett dunkel und ich konnte Stimmen um mich herum hören, die dafür beteten, dass es mir besser gehe. Doch die Dunkelheit und die Stimmen verschwanden nach und nach und ein Licht erschien. Dieses Licht war kein gewöhnliches Krankenhauslicht, eine Lampe, die Sonne oder Ähnliches. Es war so hell, dass ich nicht wegschauen konnte und ich merkte, dass es immer näher kam, als ich plötzlich die Stimme meiner Mutter hörte.
Sie sprach über mich und darüber, dass ich weinte. Dann fühlte ich es; das Licht war direkt vor mir, wenn ich meine Hand ausgestreckt hätte, dann hätte ich es berühren können. Ich merkte, wie ich weinte, aber ich konnte nichts machen. Nach ein paar Minuten, in denen ich in das Licht starrte, fand ich endlich den Mut meine Hand auszustrecken, aber als ich es berührte, wachte ich im Krankenhaus auf. Ich bin zwar kein religiöser Mensch und ich habe auch schon überlegt, ob es vielleicht nur ein Traum war, der durch die Narkose ausgelöst wurde, aber es hat sich zu echt angefühlt und ich kann die Dunkelheit noch bis heute sehen."
"Es passierte nicht mir, aber meiner kleinen Schwester, die damals 15 war. Sie war Beifahrerin, als das Auto in einen Graben fuhr, wobei sie heraus geschleudert wurde und das Auto sie unter sich begrub. Sie lag da für zwei Stunden und wartete auf den Notarzt. Sie verlor eine große Menge Blut und war sicher, dass sie sterben würde, aber sie sagte, dass sie Jesus sah, der auf sie zukam, sie auf die Stirn küsste und ihre Hand hielt, während sie auf Hilfe wartete. Meine Schwester erzählt jedem diese Geschichte und scheint jetzt glücklicher zu sein. Weniger mürrisch und anders als vorher scheint sie jetzt jeden Moment zu genießen und ist freundlicher zu allen."
"Ich wurde von einem Auto angefahren und erinnere mich, wie alle meine Erinnerungen in einem einzigen Moment vor meinem geistigen Auge abliefen und dann war alles weiß. Die Leere und dieses Weiß machen mir bis heute Angst."
"Mein Vater arbeitet als Krankenpfleger und eine seiner Lieblingsgeschichten ist die einer alten Frau, die im Sterben lag. Er und seine Kollegen kamen in ihr Zimmer, als sie gerade friedlich starb, aber sie konnten deutlich hören, wie sie sagte: 'Oh, Hallo, Tante Ethel, es ist schön dich zu sehen. Und da sind Bill und Henry... Oh, schau, da ist Agatha!', und dann starb sie. Mein Vater glaubt, dass sie von ihren verstorbenen Verwandten im Jenseits begrüßt wurde."
"Ich war im Krankenhaus und mein Körper machte aufgrund einer Autoimmunerkrankung schlapp, als ich eine außer–körperliche Erfahrung hatte. Ich war nicht mehr da, in einem fast komatösen Zustand, bei dem mein Körper all seine Energie brauchte, um am Leben zu bleiben, aber bis heute kann ich mich an die Gespräche, die Leute und das, was passiert ist, erinnern. Sogar daran, dass ich mich selber fast tot im Bett liegen sah.
Danach war nur noch Licht. Von dem, was ich später erzählte, war alles wahr und es gibt keine Erklärung dafür, wie ich es hören konnte. Ich glaube, dass es eine Reaktion meines Gehirns war; ich bin ein sehr enthusiastischer Atheist und die Tatsache, dass es keine Stimme, keine Person oder Nachricht in meiner Nahtod-Erfahrung gab, ändert meine Meinung nicht."
"Mein Herz stoppte für 4 Minuten, nachdem ich auf der Couch eines Freundes eine Überdosis Drogen konsumiert hatte. Ich habe mich gefühlt, als würde ich in einem warmen Meer schwimmen. Keine Omen, keine anderen Personen. Ich bin dankbar, dass ich zurückgeholt wurde, aber an meinen Einstellungen hat es nichts geändert."
"Ich habe gespürt, wie meine Seele aus meinem Körper und in den Himmel hinaufstieg. Ich spürte totalen Frieden, keine Angst oder Sorgen. Es fühlte sich bekannt an und ich wusste, dass es der Himmel ist. Ich sah niemanden, nur einen hellen, weißen Korridor aus Wolken, den ich entlang lief. Danach hatte ich keine Angst mehr zu sterben und erkannte, wie einfach es für jeden sein wird, loszulassen und diese Welt zu verlassen. Die Erfahrung war zwar simpel, aber sehr beruhigend."
(marie224)
"Ich nahm eine Überdosis Heroin und MDMA. Als ich das Bewusstsein verlor, schwebte ich auf rosa–lila Wolken. Eine nette Stimme fragte mich, ob ich bleiben oder zurück gehen wollte. Ich wollte bleiben, weil es so friedlich war und sich wie zuhause anfühlte. Als ich daran dachte, sah ich eine Vision meiner Familie und Freunde auf meiner Beerdigung.
Alle waren sehr traurig und sauer darüber, dass ich so jung an den Drogen starb. Ich erkannte, dass ich zurückkehren musste, um sie mehr zu lieben. Ich kämpfte, damit ich wieder in meinen Körper zurückkehren konnte. Nachdem ich wieder zu mir gekommen war, fand mich jemand und brachte mich ins Krankenhaus. Ich glaubte schon immer an das Jenseits und diese Erfahrung hat nichts daran geändert."
"Ich verlor aufgrund von Atemnot bei einer allergischen Reaktion das Bewusstsein. Alles wurde schwarz und ich hörte auf zu kämpfen. Ich erinnere mich noch, dass ich genug Zeit hatte zu denken 'So sterbe ich also' und 'Es ist unfair, dass ich nicht die Möglichkeit hatte mich von allen zu verabschieden'. Das Gefühl, das ich dabei hatte, war ein tiefgreifendes Gefühl des Friedens. Ich war bereit zu sterben, und ich ließ los, als ich wieder zum Leben gezwungen wurde.
Ich kam hustend und brechend zurück und hatte eine Atemmaske auf. Mein Leben ist seit diesem Tag nicht mehr dasselbe. Als Kind zu sterben, hatte einen großen Einfluss auf mich. Dadurch wurde mir klar, wie viel Müll Leute in ihrem täglichen Leben als wichtig ansehen. Und dass Freunde und Familie das Einzige sind, was wirklich zählt. Ich bin zwar noch genauso religiös wie vorher, aber ich habe keine Angst vor dem Tod mehr."
"Als ich ungefähr 7 war, bin ich fast ertrunken. Meine Mutter war nicht zuhause, als ich aus der Schule kam. Weil die Haustür abgeschlossen war bin ich in den Garten gegangen, um beim Pool zu spielen. Ich fiel ins tiefe Ende und konnte nicht schwimmen. Ich erinnere mich noch, dass ich Panik bekam und um mich schlug, als ich immer tiefer sank. Plötzlich war alles ruhig und friedlich. Mein Kopf wurde wieder klarer und ich bemerkte, dass ich auf dem Grund zum Beckenrand laufen und mich da herausziehen könnte. Es klappte und ich überlebte."
"Ich hatte drei Nahtod–Erfahrungen und habe dreimal das gleiche erlebt: Ich fand mich an einem Ort, den ich nicht kannte, aber an dem ich mich sicher fühlte. Dann kam jemand auf mich zu, den ich noch nie im Leben gesehen hatte, aber den ich irgendwie sehr gut kannte. Das erste Mal, als ich ihn sah, rief ich: 'Ich habe dich so sehr vermisst!' und ich war außer mir vor Freude, ihn zu sehen. Wir setzten uns hin, sprachen eine Weile und ich erinnere mich, dass die Person sehr stolz auf mich schien und glücklich war, mit mir zu reden.
Ich fühlte, dass alles okay war und auch alles am Ende okay sein wird. Ich erinnere mich auch, dass es keine Last der Vergangenheit und keine Angst für die Zukunft mehr gab, sondern, dass alles nur noch jetzt war und dass das auch okay war. Danach sind meine Erinnerungen verschwommen. Ich habe daraus mitgenommen, dass der Tod nur ein Übergang ist und, dass wir den Gott, der auf uns wartet schon kennen und lieben, aber auf einem solchen Level, dass wir es im Leben nicht verstehen oder uns daran erinnern können."
"Ich wurde von einem Zug überfahren, kurz bevor ich vollkommen erblindet bin. Mein Augenlicht war bereits so schlecht, dass ich den Rand des Bahnsteigs nicht erkennen konnte und auf die Gleise fiel. Ich hatte nur noch Zeit mich neben die Schienen nah am Gleis zu legen, bevor der Zug, den ich eigentlich nehmen wollte, einfuhr. Dann wurde alles schwarz. Als ich wieder zu mir kam, zog mich jemand von den Gleisen und ich fühlte mich vollkommen normal und fühlte keinen Schmerz, aber an dem Blut in meinen Haaren und auf meinem Shirt merkte ich, dass ich verletzt gewesen sein musste. Seit dem glaube ich, dass unser Gehirn eine Art Mechanismus hat, der die Erfahrung des Todes angenehmer macht. Daraus ergibt sich allerdings die Frage, welchen Nutzen eine weniger traumatische Todes–Erfahrung hat, wenn man bedenkt, dass die meisten dabei tatsächlich sterben."
(Ramildo)
(ks)