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Supermarkt: Winzerin über Billig-Wein, Klimakrise und alkoholfreie Gen Z

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Luisa Wein: Der Name ist Programm.Bild: weingärtner stromberg-zabergäu eg
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Winzerin über billige Supermarkt-Weine: "Mit einem Etikett kann man viel vortäuschen"

Winzer:innen haben es aktuell nicht leicht: Die Nachfrage nach Wein sinkt in Deutschland. Gleichzeitig nehmen aufgrund der Klimakrise Extremwetter-Ereignisse zu, die die Ernte gefährden. Eine junge Winzerin erzählt, wie sie mit den Herausforderungen umgeht – und woran man einen guten Wein erkennt.
02.08.2025, 14:2102.08.2025, 14:21
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Rund 22 Liter – so viel Wein hat jede:r Deutsche im vergangenen Jahr im Schnitt getrunken. Laut dem Deutschen Weininstitut waren das etwa 0,3 Liter weniger als noch im Vorjahr. Zum Vergleich: Der Pro-Kopf-Konsum von Bier lag bei 88 Liter, also viermal so hoch.

Die sinkende Nachfrage bekommt auch Luisa Wein zu spüren. Die 27-jährige ist Winzermeisterin aus Brackenheim in Baden-Württemberg und teilt auf ihrem Instagram-Kanal regelmäßig Videos von ihrer Arbeit in den Weinbergen.

Im Interview mit watson erzählt Luisa, warum ihr nicht nur die sinkende Nachfrage Sorgen bereitet, was sie von Supermarkt-Weinen für 2,99 Euro hält und woran man überhaupt einen guten Tropfen erkennt.

Watson: Luisa, mit deinem Nachnamen hattest du eigentlich keine Wahl: Du musstest Winzerin werden, oder?

Luisa Wein: Ja, der Name ist Programm. Ich habe direkt nach der Mittleren Reife meine Ausbildung zur Winzerin gemacht. Da konnte ich in verschiedenen Weingütern mitarbeiten, anschließend habe ich noch die Weiterbildung zur Winzermeisterin gemacht und jetzt bin ich voll eingespannt im Betrieb meiner Eltern. Das war schon immer mein Traumberuf, aber es gibt regelmäßig Leute, denen ich erklären muss, dass ich wirklich Wein mit Nachnamen heiße.

Erklären musst du dich auch aus anderen Gründen. Mit welchen Vorurteilen bist du als junge Winzerin konfrontiert?

Mein Beruf wird immer noch als klassische Männerarbeit gesehen. Wenn ich mit einer großen Maschine durch die Weinberge fahre, bekomme ich manchmal immer noch komische Blicke. Aber ich weiß, dass ich die Maschine genauso gut bedienen kann wie ein Mann. Die Kategorien "Männerberuf" und "Frauenberuf" halte ich sowieso für veraltet. Und seit ein paar Jahren verändert sich das ohnehin, mittlerweile gibt es immer mehr Winzerinnen.

Egal ob Winzer oder Winzerin: In den Sommermonaten habt ihr alle Hände voll zu tun. Welche Arbeiten stehen aktuell an?

Jetzt im Sommer kümmern wir uns um die Laub- und Heftarbeiten. Das heißt, manche Blätter und Triebe werden entfernt, andere Triebe binden wir hoch und fixieren sie an den Drahtanlagen. Hinzukommt die Ertragsregulierung: Wir schneiden also einen Teil der Trauben ab, damit es nicht zu viele werden. Das wirkt sich später positiv auf die Qualität des Weins aus. Damit bin ich meist von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang beschäftigt.

Das klingt nach langen Arbeitstagen. On top kommt die Klimakrise. Wie sehr beschäftigt dich das?

Das ist definitiv ein Thema, das mich beschäftigt. Durch den Temperaturanstieg treiben die Reben im Frühjahr schneller aus. Dann ist das Risiko größer, dass die Jungtriebe durch Spätfröste erfrieren. Davon sind wir dieses Jahr zum Glück verschont geblieben. Aber im Juni hatten wir wegen der Hitze vor allem Schäden am Laub, da sind die Blätter verbrannt. Ohne Blätter sind die Früchte direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt, was zu Sonnenbrandschäden führen kann und das ist dann ein großes Problem.

Das wird in Zukunft wohl nicht kleiner. Wie gut könnt ihr euch an die Klimakrise anpassen?

Bei längeren Trockenphasen können wir die Reben künstlich bewässern. Zusätzlich kann man versuchen, Humus aufzubauen, damit sich das Wasser im Boden besser hält. Gegen Hitze und Hagel können wir jedoch nur wenig ausrichten. Es gibt zwar Hagelschutznetze, aber die sind sehr aufwändig anzubringen und kosten viel Geld, das rechnet sich am Ende nicht.

Überlegt ihr auch, andere Rebsorten anzubauen, die hitzetoleranter sind?

Aktuell setzen wir immer noch auf typische Weine aus Baden-Württemberg, also Riesling und Trollinger zu Beispiel. Denen gefällt die Hitze zwar nicht so gut, aber wir können nicht von heute auf morgen alle Rebsorten austauschen. Dafür müssten wir die Weinberge roden, neue Pflanzen setzen und, bis die Ertrag bringen, dauert es drei Jahre.

"Da fehlt schlichtweg die Wertschätzung für das Produkt und für die Arbeit der Winzerinnen und Winzer."

Ein weiteres Problem eurer Branche: die Nachfrage nach Wein sinkt hierzulande. Woran liegt das?

Wein ist ein Genussmittel, das natürlich nicht jeder im Alltag braucht. Ich denke, durch die wirtschaftlich angespannte Lage kaufen die Leute weniger davon. Gleichzeitig ist auch viel Wein auf dem Markt, in Deutschland haben wir viel Konkurrenz aus dem Ausland.

Wie sehr macht euch das zu schaffen?

Sehr! Der Preisdruck ist enorm, weil viele Weine aus dem Ausland einfach günstiger angeboten werden. Qualitativ sind das nicht immer die besten, aber die Leute greifen trotzdem zu.

Ich hatte kürzlich einen Riesling für 2,99 Euro in der Hand. Ist das für dich ein angemessener Preis?

Nein, auf keinen Fall. Wenn man bedenkt, wie viel Arbeit hinter so einer Flasche Wein steckt – angefangen in den Weinbergen, über die Herstellung, Abfüllung, Etikettierung bis hin zur Vermarktung –, ist klar: Das kann man wirtschaftlich nicht für 2,99 Euro leisten. Da fehlt einfach die Wertschätzung für das Produkt und für die Arbeit der Winzerinnen und Winzer. Ein qualitativ guter Wein darf – und sollte – seinen Preis haben. Unsere Weine bewegen sich bewusst im Bereich ab 5 Euro und bieten damit schon sehr viel für den Preis.

Aber woran erkennt man überhaupt einen guten Wein? Viele wählen ja einfach nach dem Etikett aus.

Mit einem Etikett kann man viel vortäuschen. Das sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität des Weins aus. Am Ende muss natürlich jeder selbst wissen, was ihm am besten schmeckt. Aber grundsätzlich kann man kann sich an der Herkunft, Sorte und den Prädikatsstufen orientieren.

Prädikatsstufen sind Teil des deutschen Weingesetzes.

Genau, da wird beispielsweise zwischen Kabinett, Spätlese und Auslese unterschieden. Wenn man die Begriffe liest, kann man davon ausgehen, dass es ein höherwertiger Wein ist. Ein gutes Zeichen ist es auch, wenn eine konkrete Herkunftsregion oder sogar ein Ort angeben ist.

Und wenn man den Wein gekauft hat: Was darf man beim Trinken nicht vergessen?

Wenn man einen Weißwein trinkt, sollte der definitiv gekühlt sein, am besten bei 8 bis 10 Grad. Und ich würde den auch immer im Stielglas trinken. Da entfaltet sich der Geruch am besten und man kann die Farbe viel besser sehen als in einem normalen Glas – bei einem Weißwein wäre das ein schönes Hellgelb. Beim Trinken spürt man dann die Frische und Säure, vielleicht schmeckt man sogar verschiedene Früchte heraus. Das macht Wein einfach aus: dass man ihn mit allen Sinnen aufnimmt.

Davon ist die Gen Z nicht ganz so überzeugt, die greift eher zu Getränken ohne Alkohol. Alkoholfreier Wein – wäre das was für dich?

Zum Probieren ist das sicherlich interessant. Ich werde öfters auf Festen danach gefragt und merke, dass es auf jeden Fall eine Nachfrage dafür gibt. Gerade auf dem Land, wenn in der Freundesgruppe ein Fahrer dabei ist und er auch gerne anstoßen will, kann alkoholfreier Wein eine gute Alternative sein. Geschmacklich merkt man natürlich einen Unterschied, Alkohol ist nun mal Geschmacksträger. Aber wenn man mit Kohlensäure oder Süße spielt, kann das auch gut schmecken.

Lange Arbeitstage, Klimakrise und sinkende Nachfrage – die Aussichten könnten besser sein. Was motiviert dich weiterzumachen?

Mein Beruf ist sehr vielfältig und ich liebe es, in der Natur und mit der Natur zu arbeiten. Der schönste Moment ist für mich wahrscheinlich der, wenn man den neuen Jahrgang in der Hand hält. Darauf arbeitet man das ganze Jahr hin und wenn der Wein dann in der Flasche ist und auch noch gut schmeckt, ist das sehr erfüllend. Dann weiß man einfach, dass sich die harte Arbeit gelohnt hat.

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