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Jobs mit Zukunft: Was macht ein Kündigungs-Coach – und wer braucht ihn?

Bianca Jankovska hilft Menschen, die im Job unglücklich sind, beim Kündigen.
Bianca Jankovska hilft Menschen, die im Job unglücklich sind, beim Kündigen. bild: Vera Landmann
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Was macht eigentlich ein Kündigungs-Coach – und wer braucht ihn?

In unserer Serie "Jobs mit Zukunft" werfen wir einen Blick auf Berufe, die für junge Menschen besonders spannend sind. Weil sie neu, zukunftssicher oder einfach anders sind. Oder weil sie die Welt auf irgendeine Weise besser machen.
27.06.2023, 08:4511.07.2023, 10:16
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Job- und Karriere-Coaches gibt es Tausende, doch hast du schon mal an einen Coach gedacht, um deinen Job zu kündigen?

Die Österreicherin Bianca Jankovska hat die Beratungsstelle "thx bye" gegründet und arbeitet seitdem als Kündigungs-Coach. Auf Instagram bezeichnet sie sich selbst als "Anti Work Ikone". In ihren Coachings und ihrem Podcast "Bleeding Overachiever" gibt die 32-Jährige unter anderem Tipps, wie man die Kündigung richtig angeht.

Im Interview mit watson verrät Bianca Jankovska, wie genau ihr Job funktioniert.

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Watson: Bianca, wie oft muss man selbst gekündigt haben, um als Kündigungs-Coach arbeiten zu können?

Bianca Jankovska: Jede Kündigung, die ich bisher erhalten habe, hat mich befreit. Meine ersten beiden Kündigungen befreiten mich von dominanten Männern in Machtpositionen und Tätigkeiten, die mich fachlich kein Stück weiterbrachten. Meine dritte (und erste "richtige") Kündigung brachte mich dazu, den Journalismus in Deutschland zu hinterfragen und mich von ihm abzuwenden. In der Woche meiner vierten Kündigung bekam ich meinen ersten Buchvertrag.

"Inzwischen funktioniert das moderne Arbeitsleben nicht mehr wie eine typische Karriere-Leiter, sondern eher als eine Art Schachbrett."

Meine fünfte Kündigung zwang mich dazu, mich mit dem auseinanderzusetzen, was ich künftig machen wollte – und heute mache. Meine sechste Kündigung erlaubte es mir, für längere Zeit nach Schweden zu gehen. Seit ich verstanden habe, dass Kündigungen meistens eine Antwort auf einen inneren, manifestierten Widerstand sind, versuche ich sie als einen natürlichen Bestandteil des Erwachsenenlebens zu begreifen. Dieses Mindset möchte ich durch meine Arbeit weitergeben.

Du sagst, dass sich vor allem viele Frauen nicht trauen, zu kündigen. Woran liegt das?

Bis vor kurzem gab es keine einzige Anfrage von einem Cis-Heten-Mann auf "thx-bye.de". Und es gab viele Anfragen. Männer brauchen vielleicht einfach gar keine Hilfe? (lacht) Oder wollen sie es nur nicht zugeben, so wie Männer in der Regel auch weniger dazu bereit sind, Therapie zu machen, weniger bereit sind, emotionale Arbeit zu leisten und weniger bereit sind, sich bei einer falschen Entscheidung nach innen zu wenden? Dabei kenne ich einige Männer, die gern kündigen würden oder mit ihrem Arbeitsplatz unzufrieden sind. Ich bin der festen Überzeugung, dass Kündigen nicht nur etwas für Frauen ist.

Bianca Jankovska weiß, welche Jobs toxisch sind.
Bianca Jankovska weiß, welche Jobs toxisch sind.bild: Vera Landmann

Warum?

Rein rechnerisch müssten eigentlich mehr Männer in meine Beratung kommen, denn laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit gingen 2021 in Deutschland 21,4 Millionen Männer und "nur" 18,9 Millionen Frauen einer Erwerbsarbeit nach. Damit wir, liebe Männer, uns nicht missverstehen, sage ich es an dieser Stelle nochmal: Männer dürfen sich beraten lassen, wann und wie sie am besten kündigen können. Männer sind nicht "schwach", weil sie mit ihrer Situation am Arbeitsplatz überfordert sind.

Was sind denn typische Gründe für eine Kündigung?

Man schafft die Vereinbarkeit nicht, man möchte mehr Zeit für Hobbys haben. Viele Klienten sagen mir: "Karriere ist mir inzwischen eigentlich egal, ich will ein Einkommen haben, mit dem ich leben kann. Aber ich möchte hauptsächlich meine eigene Kunst machen oder einfach reisen." Es geht darum, von der typischen Karriereleiter wegzugehen.

Wirklich? Warum wollen deine weiblichen Klienten keine Karriere machen?

Inzwischen funktioniert das moderne Arbeitsleben nicht mehr wie eine typische Karriere-Leiter, sondern eher als eine Art Schachbrett, wo man auch mal quer über die Felder fährt. Andererseits hatten Frauen es strukturell bedingt auch immer schwerer, Karriere zu machen. Vielleicht ist deshalb der Schritt zurück in die Karrierelosigkeit nicht ganz so schwer.

Wenn Frauen sowieso überall diskriminiert, sexistisch und rassistisch beleidigt und dann noch bei der Karriere behindert werden, warum sollten sie sich das dann überhaupt noch antun? Da kann man auch gleich sagen: "Nein, danke. Ich widme mein Leben anderen Dingen." Das höre ich auf jeden Fall sehr oft.

Frauen sind ja auch öfter in prekären Anstellungen – Bullshit-Jobs, wie du sie nennst.

Bullshit-Jobs sind nach meiner Definition Jobs, die unfassbar ermüdend sind, wenig Anerkennung bieten, schlecht bezahlt sind und dazu in der Regel systemirrelevant sind. Deshalb zähle ich Pflege beispielsweise nicht zu Bullshit-Jobs, obwohl es hierbei oft zu prekären Arbeitsbedingungen kommt, weil wir unbedingt mehr Menschen in diesem Beruf brauchen.

"Es gibt Frauen, die sich sogar Sorgen um ihre Nachbesetzung machen."

Ich glaube, wir müssen keine Statistik zitieren, um zu wissen, dass Frauen immer noch weniger oft in privilegierten beruflichen Positionen wie Vorstandsposten oder Entscheider-Positionen landen, als Männer. Männer in privilegierten beruflichen Positionen können sich eben auch mehr erlauben. Sie müssen keine Angst haben, gekündigt zu werden, weil es für sie – insbesondere, wenn sie in MINT-Berufen (Anm. d. Red.: MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) arbeiten – keinen Ersatz gibt. Stichwort: Fachkräftemangel. Und vielleicht jammern sie auch deshalb weniger über die schlechten Arbeitsbedingungen, weil sie die Arbeitsbedingungen so gar nicht erfahren.

Wie läuft so ein Kündigungs-Coaching bei dir ab?

Es geht darum, den richtigen Zeitpunkt zu bestimmen, der manchmal noch weiter in der Zukunft liegt, als die Person zuerst denkt. Und natürlich um die Art und Weise der Kündigung. Es gibt auch Einheiten, wo wir Kündigungsgespräche durchgehen, weil tatsächlich viele Frauen Angst vor der Konfrontation haben und davor, nicht gemocht zu werden. Es gibt Frauen, die sich sogar Sorgen um ihre Nachbesetzung machen.

So eine Beratung kann bis zu dem Einreichen der Kündigung gehen und darüber hinaus. Gerade langfristige Klient:innen begleite ich dabei, zu schauen, wohin es beruflich gehen kann. Ich will meinen Kund:innen helfen, zu sich selbst zurückzufinden, toxische Arbeitsplätze zu erkennen und einen neuen, authentischeren Karriereweg einzuschlagen.

Oft hat man bei einer Kündigung ja auch Angst um das gute Arbeitszeugnis...

Arbeitszeugnisse sind Mist. Wer heutzutage als Arbeitgeber noch ein Arbeitszeugnis verlangt, der ist wirklich nicht in der jetzigen Zeit angekommen. Was zählt ein Stück Papier, das jemand anders über dich verfasst hat, der dich vielleicht a) gar nicht kannte oder b) nicht leiden konnte? Jeder weiß doch, dass man ein gutes Zeugnis notfalls sogar einklagen (!) kann und dass dem Inhalt demnach kaum Beachtung geschenkt werden sollte. Deshalb solltest du bei einer Kündigung einfach nicht dran denken, was hinterher in deinem Arbeitszeugnis steht.

Die Gen Z wird oft dafür kritisiert, sie stelle zu hohe Anforderungen an den Job und würde schneller kündigen. Das müsste dich doch freuen, oder?

Mein erstes Buch "Das Millennial-Manifest" über prekäre Arbeitsverhältnisse in der Kreativbranche, das 2018 im Rowohlt Verlag erschienen ist, wurde stellenweise total verrissen, weil ich so radikale Forderungen stellte. Ein Essay hieß: "Die 40 Stundenwoche ist Menschenquälerei". So was würde heute niemand mehr mit hochgezogenen Augenbrauen lesen – und das ist gerade mal sechs Jahre her.

Das Schöne ist: Heute sind meine Forderungen Mainstream. Wenn wir Millennials nicht schon jahrelang für unser Recht auf ein gutes Leben gekämpft hätten, könnte die Gen Z heute gar nicht derart selbstbewusst auftreten.

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