Die Frage nach dem richtigen Verhütungsmittel lässt sich für viele nur schwer beantworten: Die Hormonpille kommt mit allerlei Nebenwirkungen einher, Kondome sind in festen Partnerschaften oftmals unerwünscht und die Kupferspirale kann zu einer verstärkten Regelblutung führen.
Menschen ohne Kinderwunsch, oder diejenigen, die mit der Familienplanung bereits abgeschlossen haben, wünschen sich häufig eine dauerhafte Lösung zur Verhütung. Laut Angaben des Bundesverbandes Pro Familia lassen sich rund fünf Prozent der deutschen Frauen im reproduktiven Alter sterilisieren.
Wie die Sterilisation abläuft, welche Risiken es gibt und warum es für junge Frauen oftmals ein schwerer Kampf ist, sich sterilisieren zu lassen, darüber hat watson mit Gynäkologen und Ärztinnen gesprochen.
Ziel einer Sterilisation ist es, den Transport der Eizelle vom Eierstock zur Gebärmutter zu verhindern. Um das zu erreichen, wird in einer ambulanten Operation der Eileiter abgeklemmt, durchtrennt oder ein zwei bis drei Zentimeter großes Teilstück von ihm entfernt. "Man kommt an die Eileiter durch eine sogenannte Bauchspiegelung", erklärt der Gynäkologe Matthias Stroth gegenüber watson. "Das heißt, man geht mit einer etwa ein Zentimeter breiten Kamera durch den Bauchnabel. Links und rechts vom Beckenknochen werden noch kleine Einstiche gemacht – die sind aber nur fünf Millimeter groß." Der Eingriff dauert etwa 25 bis 30 Minuten und wird unter Vollnarkose durchgeführt.
"Die Sterilisation ist die sicherste Verhütungsmethode auf der Welt. Sie hat einen Pearl-Index von 0,1. Das heißt, nur eine von 1000 Frauen, die sich sterilisieren wird, wird trotzdem schwanger", sagt Stroth. Das passiere vor allem dann, wenn die Klemme abrutscht oder der durchgeschnittene Eileiter wieder zusammenwächst. Am sicheresten sei es laut Stroth deshalb, ein Teilstück des Eileiters zu entfernen.
"Wenn Sie doch mal ein 'kräftiges' Spermium haben, was den Eileiter passiert und eine Eizelle am Eierstock findet und befruchtet, dann sind diese Schwangerschaften nach der Sterilisation fast überwiegend immer sogenannte Eileiterschwangerschaften", erzählt Stroth. Eine solche Eileiterschwangerschaft komme jedoch außerordentlich selten vor.
Eine Sterilisation sollte gut überlegt sein, denn der Eingriff lässt sich nur schwer wieder rückgängig machen. Entwickeln Frauen nach ihrer Unfruchtbarmachung doch einen Kinderwunsch, haben sie jedoch die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung, dafür werden Eizellen durch eine hormonelle Stimulation gewonnen. "Die Eizellen werden extrakorporal befruchtet und dann wieder in die Gebärmutter zurück transplantiert, sodass die Frau eine ganz normale Schwangerschaft und auch eine ganz normale vaginale Geburt haben kann", erklärt Gynäkologe Stroth. Mit Kosten zwischen 2.500 und 3.000 Euro ist die künstliche Befruchtung allerdings recht teuer.
Gabrielle Stöcker, Gynäkologin und Beraterin bei Pro Familia, rät prinzipiell niemandem von einer Sterilisation ab, doch sie empfiehlt den Eingriff nochmal abzuwägen, sollte die Frau damit argumentieren, dass die Operation rückgängig zu machen sei.
Gegenüber watson sagt sie:
"Prinzipiell darf sich jeder mündige Bürger sterilisieren lassen", sagt der Gynäkologe Oliver Krumm, betont allerdings, dass vor einem solch tiefgreifenden Eingriff, "besondere Sorgfalt" notwendig sei. "Wir halten es so, dass die Patientin zumindest 25 Jahre alt sein sollte. Wenn Sie jünger ist, müssen sehr triftige Gründe vorliegen, um trotzdem eine Sterilisation durchzuführen."
Was die Altersgrenze in Bezug auf eine Sterilisation angeht, kann jede Praxis, die den Eingriff durchführt, ihre eigenen Maßstäbe setzen. "Wenn Sie zehn Ärzte fragen, ab wann sie sterilisieren, werden sie zehn verschiedene Antworten bekommen. Manche Ärzte sagen, sie möchten, dass die Frau erstmal ein oder zwei Kinder kriegt. Ich persönlich finde das übergriffig – es ist nicht meine Aufgabe als Arzt einer Frau vorzuschreiben, ob sie Kinder zu kriegen hat oder nicht. Das entscheidet jede Frau für sich selber", betont Stroth.
Wer sich erhofft, nach der Sterilisation endlich nicht mehr seine Periode bekommen zu müssen, wird enttäuscht. "Sämtliche Zyklusfunktionen sind von der Sterilisation unbeeinträchtigt. Es wird weiterhin ein Eisprung stattfinden, die hormonelle Situation bleibt unverändert und somit auch die Periodenblutung wie zuvor, mit allen Begleitsymptomen", erklärt Gynäkologe Krumm.
Wie bei anderen Methoden der Verhütung auch, übernimmt die Krankenkasse die Kosten der Sterilisation nicht. "Eventuell gibt es in sehr seltenen Fällen, bei Vorliegen eine schweren Erkrankung, die eine zukünftige Schwangerschaft verbietet, die Kostenübernahme durch die Krankenkasse; aber hier sollte man definitiv keine falschen Hoffnungen erwecken, dies ist eine sehr, sehr seltene Ausnahme", sagt Krumm.
Je nach Standort schätzt Stroth die Kosten für die Sterilisation auf um die 1000 Euro. Der genaue Preis ist aber immer auch davon abhängig, ob man sich in einer Klinik oder in einer niedergelassenen Praxis operieren lässt. "In der Klinik ist eine Sterilisation in der Regel günstiger, aber dort macht man das normalerweise nur im stationären Eingriff – also Sie müssen über Nacht da bleiben", erläutert er.
Auch Menschen mit Penis können sich dauerhaft sterilisieren lassen – diesen Eingriff bezeichnet man als Vasektomie. Die Gynäkologen Stroth und Krumm bestätigen, dass diese Verhütungsmethode prinzipiell harmloser ist, als die Sterilisation der Frau, da die Operation außerhalb der Bauchhöhle stattfindet und dabei kein Risiko durch die Narkose besteht. "Im Rahmen meiner präoperativen Aufklärung sage ich den Frauen immer – zumindest wenn sie in einer festen Partnerschaft leben – dass sie auch mal mit ihrem Mann sprechen müssen. Es gehören zur Verhütung immer zwei dazu", so Krumm.
Auch Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel würde einem Paar immer zuerst zu einer Vasektomie raten. "In der Realität bleibt das Thema aber oftmals an den Frauen hängen, sodass sie dann diesen Schritt gehen. Neulich sagte eine Frau, die schon Kinder hatte, nach dem Abbruch zu ihrem Partner: 'Wenn du noch einmal in deinem Leben Sex haben willst, dann lässt du dich jetzt sterilisieren!'. Das fand ich gar nicht schlecht."