Die Gesichter verzerrt, die Stimmen laut, es kracht so richtig: Ein verheerender Streit und leidenschaftlicher Sex können schon eine ganze Menge gemeinsam haben.
Wohl auch deswegen ist es kein Wunder, dass das eine und das andere manchmal nahezu fließend ineinander übergehen. Viele von uns haben es schließlich schon einmal erlebt, dass wir nach einer Auseinandersetzung besonders viel Lust auf unseren Partner haben – und dass dieser Versöhnungssex uns auch richtig gut tut.
Warum aber wollen viele von uns nach einem Streit besonders gerne mit unserem Partner schlafen? Und warum fühlt sich dieser Sex oft so besonders gut an? Psychologen und Paartherapeuten wissen die Antworten auf diese Fragen.
So versucht die US-Amerikanerin Samantha Joel in ihrem Aufsatz "The Truth About Make-up Sex" (deutsch: "Die Wahrheit über Versöhnungssex") den Zusammenhang zwischen Konflikten und sexueller Erregung zu erläutern. So geht die Psychologin darauf ein, dass während eines Streits die Emotionen zwischen den Beziehungspartnern besonders hochkochen können.
"Wenn wir dann Angst haben, unseren Partner zu verlieren, kann die gesamte Erfahrung psychisch belastend sein", schreibt sie. Die Furcht während eines Streits, unsere Beziehung aufs Spiel zu setzen, wirke wie eine Art Alarmsystem: Dabei werden dann die Hirnregionen aktiviert, die für Bindung zuständig sind. Und diese Regionen sind wichtig, damit wir unsere Beziehung intakt halten.
Während der Aktivierung steige laut Joel unser Bedürfnis nach Sicherheit und Nähe – und das kann sich in einer romantischen Beziehung auch in der Sexualität auswirken.
Die Paartherapeutin Birgit Neumann-Bieneck bestätigt das. Im Gespräch mit watson meint sie, dass sich die Partner während eines Streits voneinander entfernen und danach wieder miteinander verbinden möchten:
Ängste und Sehnsüchte nach Nähe werden beim Sex wieder aufgelöst, sagt Neumann-Bieneck.
Versöhnungssex kann uns also einander wieder näher bringen – und fühlt sich vielleicht auch deswegen besonders gut an, weil er uns eine verlorenen geglaubte Sicherheit wiedergibt.
Es kann allerdings auch schlichtweg sein, dass man seinen Partner während des Streits – obwohl das an sich eine unangenehme Situation ist – einfach ein noch bisschen heißer findet als sonst. Schließlich setzt ein Konflikt sehr leidenschaftliche Emotionen frei.
So sagt Neumann-Bieneck:
Auch die New Yorker Psychologin und Sextherapeutin Megan Fleming meint, dass unser Körper während eines Streits quasi in einen Fluchtmodus versetzt werde – und das kann schnell in sexuelle Erregung kippen, wie sie in einem Beitrag der HuffPost US beschreibt:
Diese Faktoren können laut Douglas Brooks, einem weiteren Therapeuten aus New York, auch dazu führen, dass wir nicht nur mehr Lust auf Sex haben nach einem Streit, sondern dann auch besseren Sex haben. Zwar gibt es keine wissenschaftlichen Beweise dafür, aber seiner Erfahrung nach fühlen sich Orgasmen nach einem Konflikt intensiver an, wie er in der HuffPost US beschreibt:
Natürlich passiert es nicht jedem, dass er nach dem Streit mit dem Partner Lust auf Sex hat – und das ist natürlich genauso in Ordnung. Manchmal reicht es auch schon, zu kuscheln, ein ruhiges Gespräch zu führen oder einfach friedlich gemeinsam zu schweigen, um die Versöhnung zu zelebrieren.
Wen beide Partner nach einer Auseinandersetzung besonders viel Lust aufeinander haben, ist das allerdings völlig normal und darf gerne ausgenutzt werden. Da sage noch mal einer, Streiten wäre absolut sinnlos.