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Mein schlimmstes Date

Mein schlimmstes Date: Der schlechteste Comedy-Sketch, den ich je gesehen habe

Wife rolling her eyes at her husband arguments
Nicht jeder, der denkt, er sei lustig, ist es auch.Bild: iStockphoto / nicoletaionescu
Mein schlimmstes Date

Mein schlimmstes Date: Der schlechteste Comedy-Sketch, den ich je gesehen habe

Wer datet, erlebt oft schräge Dinge. Doch je peinlicher oder unerfreulicher die Situation live ist, umso besser ist die Geschichte oft im Nachhinein. Wir protokollieren in unserer Serie Horror-Dates aus Sicht der Betroffenen.
28.05.2023, 13:01
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Es war der erste Corona-Herbst. Aus Langeweile und dem Drang nach Abwechslung, um einfach mal wieder mit fremden Menschen zu sprechen, beschlossen meine Mitbewohnerin und ich, unsere Accounts bei einer Dating-App zu aktivieren. Jede Woche hatte ich mindestens ein Date. Meistens blieb es bei dem einen. Denn ehrlich gesagt ist es auch schwer, von Leuten überzeugt zu werden, wenn man bei neun Grad den zigsten Spaziergang macht und immer die gleichen Fragen ähnlich beantwortet bekommt.

Außerdem muss ich sagen, dass ich in der Zeit die Erfahrung machte, dass die meisten Männer nicht aussahen wie auf ihren Profilbildern, frech wurden, wenn ich ihrem arroganten Gequatsche nicht genug Begeisterung entgegenbrachte oder gar aggressiv, wenn ich sehr ehrlich und natürlich respektvoll zum Ausdruck brachte, dass ich kein Interesse hatte.

Ich wollte fast aufgeben, dann schrieb mir Marko. Er schien nett und ich dachte: Na gut, eine Chance, ein einziges Date noch, vielleicht werde ich ja positiv überrascht. Und das wurde ich – aber nicht auf die gute Art. Was ich dazu noch sagen muss, denn das wird später nochmal wichtig: Ich bin wirklich kein Fan von Stand-up-Comedy. Vor allem nicht bei weißen Cis-hetero Männern, die versuchen, auf einer Bühne lustig zu sein.

"Er erzählte mir bereitwillig, dass er früher sehr, sehr viel Alkohol getrunken hätte."

Wir machten ein Date aus und ich stand ein paar Tage später an einem sonnigen, aber kalten Tag im November an der verabredeten S-Bahn-Station. Ich war leicht nervös, weil ich keine Lust hatte, schon wieder enttäuscht zu werden und legte mir im Kopf schon die Sätze zurecht, mit denen ich das Date, wenn es denn sein musste, frühzeitig beenden könnte.

Marko lief auf mich zu und mein erster Gedanke war: Oh, der sieht sympathisch aus, tolles Lächeln, schöne Haare. Da wusste ich noch nicht, dass seine anfänglich gute Ausstrahlung mich nur kurz begeistern würde. Wir liefen zum nächsten Späti und ich fragte ihn, ob er auch ein Bier wolle. Er verneinte, denn er trinke generell keinen Alkohol. Also gab ich ihm eine Schorle aus. Ich war interessiert, warum er sich mit Mitte zwanzig dazu entschieden hatte, gar nicht zu trinken. Das ist in Berlin nämlich leider ungewöhnlich, aber ich finde das immer ziemlich cool, wenn Leute auch ohne Rausch leben können.

Er erzählte mir bereitwillig, dass er früher sehr, sehr viel Alkohol getrunken hätte. Das hätte ihm aber gesundheitlich nicht gutgetan. Und das nicht etwa, weil Alkohol schädlich für den Körper ist, sondern weil er sich jedes Mal geprügelt hatte, wenn er auch nur zwei Bier getrunken hatte. "Oh, red flag", dachte ich in dem Moment. Aber irgendwie wollte ich nicht so verurteilend sein, denn immerhin hatte er das Problem ja erkannt und aufgehört zu trinken. Wir liefen weiter und redeten über unterschiedlichste Themen. Dabei fiel mir auf, dass er mich immer wieder unterbrach und so schnell im Thema sprang, dass ich nicht mehr hinterherkam. Manchmal passten seine Antworten thematisch gar nicht zu meinen Fragen.

"Das Gefühl, dass mit Marko etwas nicht stimmte, wurde immer stärker."

Er eröffnete mir dann, als er nochmal auf das Alkoholthema (warum auch immer) zurückkam, dass er zwar nicht trinke, aber dafür extrem viel kiffe. Mehrere Joints am Tag. Aha, also doch kein rauschfreies Leben. Zunehmend wurde unser Gespräch verwirrender, er erzählte von seinem Mathestudium, nur um mir zwei Sekunden später davon zu erzählen, wie er sein Chakra auf einem Trip durch Indien gereinigt hatte. Plötzlich blieb er stehen und zeigte auf eine Parkbank: "Wollen wir uns da hinsetzen? Ich würde mir gerne einen Joint drehen."

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Unsere Kolumne "Mein schlimmstes Date" erzählt anonymisierte Geschichten von den schrägsten, schrecklichsten, lustigsten und auf jeden Fall merkwürdigsten Dates.Ihr habt auch schon mal ein kurioses Erlebnis beim Daten gehabt? Schickt uns eure Geschichten unter dem Betreff "Mein schlimmstes Date" an redaktion@watson.de. Und keine Sorge: Ihr bleibt natürlich anonym.

Nachdem er den Joint in kürzester Zeit quasi inhaliert hatte, waren seine Gedankengänge plötzlich wieder klar. Das Gefühl, dass mit Marko etwas nicht stimmte, wurde immer stärker. Ich überlegte schon, wie ich die Sätze, die ich mir vorher überlegt hatte, am respektvollsten rüberbringen könnte, um das Date schnellstmöglich zu beenden. Ich wollte nicht fies sein. In dem Moment schaute Marko mir tief in die Augen und meinte, dass er sich mit mir sehr wohlfühlen würde. (Kein Wunder, denn ich hatte ihm ja bereitwillig bei all seinen Erzählungen zugehört.) Er würde sich sogar so wohlfühlen, dass er gerne etwas ausprobieren würde, was er noch nie bei einem ersten Date gemacht hätte.

Ich bekam eine Gänsehaut, weil ich schon ahnte, dass ich nicht bereit war für das, was jetzt kommen würde. "Ist das okay?", fragte er mich. Ich rutschte leicht weg auf der Bank. Ich fühlte mich ganz und gar nicht wohl. Er wolle mir was vortragen, denn er sei sehr großer Stand-up-Comedy Fan. Ob ich diesen und jenen Comedian kennen würde. Gerade die englischsprachigen Comedians wären nämlich seine Vorbilder. Kannte ich nicht. "Na ja, kein Problem", er würde mir trotzdem seinen ersten eigenen Sketch vortragen wollen, aber lieber auf Englisch, das käme besser rüber. Ich wollte ihn in seiner Kreativität nicht bremsen und ihm auch kein schlechtes Gefühl geben, also sagte ich: "Na gut."

Und dann fing er an, der schlimmste Date-Moment meines Lebens, und Marko mit seinem Sketch. In schlechtem Englisch mit üblem deutschen Akzent versuchte er eine Szene nachzustellen, in dem der eine Kumpel dem anderen empfahl, auch mal Dating-Apps auszuprobieren. Der Typ, den Marko verkörperte, schien zunächst begeistert Profile hin und her zu wischen in der App.

So schnell wie der begonnen hatte, endete er aber auch wieder. Marko schloss mit dem Satz: "And then I texted a girl and asked, if she wanted to fuck me, but she never replied." Ich starrte Marko erwartungsvoll und leicht irritiert an, denn ich dachte da kommt jetzt ja sicher noch etwas. Er starrte genauso erwartungsvoll zurück. Es dämmerte mir, dass er fertig war, aber wollte nochmal sicher gehen: "War's das?" – "Ja, wie fandest du's?", fragte er mich stolz.

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Das sollte also die Pointe von – ja, was denn eigentlich sein? Nichts an dem ganzen Sketch war witzig. Außerdem war er sexistisch. Ich war verwirrt. Ob das die Pointe gewesen sei, vergewisserte ich mich nochmal. Marko schien geknickt, dass ich es nicht witzig gefunden hatte. Ich war ehrlich, aber vorsichtig und riet ihm, dass er das lieber nochmal ausarbeiten sollte. Nach weiteren sehr unangenehmen zehn Minuten, in denen ich mich noch höflich mit ihm über Stand-up-Comedy austauschte und versuchte, ihm Tipps zu geben für seine angestrebte Karriere als Comedian, traute ich mich endlich zu sagen, dass mir kalt sei und ich nach Hause wolle.

Am nächsten Tag schrieb mir Marko, ob ich seinen Sketch sehr "cringe" gefunden hätte und das der Grund sei, dass ich so schnell nach Hause gegangen wäre. Er verstünde nicht, warum ich das nicht witzig gefunden hätte, sein bester Freund hätte darüber sehr lachen müssen. Ich entschied mich ehrlich zu sein und ihm dann noch alles Gute zu wünschen. Danach habe ich erstmal eine sehr, sehr lange Dating-Pause eingelegt.

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