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Mehrwertsteuer-Erhöhung: Warum nicht nur die Gastronomie darunter leidet

Beim nächsten Restaurantbesuch könnte einem bei den Preisen glatt der Appetit vergehen.
Beim nächsten Restaurantbesuch könnte einem bei den Preisen glatt der Appetit vergehen. bild: pexels
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Teuer und schlecht für die Umwelt: Warum die Mehrwertsteuer-Erhöhung Quatsch ist

11.01.2024, 19:1612.01.2024, 10:28
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Wer gut und gern essen geht, auch wenn es nur selten ist, wird das fortan deutlich im Geldbeutel zu spüren bekommen: Die Preise sind gestiegen. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern in den meisten Restaurants ziemlich genau um zwölf Prozent.

"Hat man noch im Dezember für eine Pizza 14,50 Euro bezahlt, kostet die gleiche Pizza mit dem erhöhten Mehrwertsteuersatz jetzt 16,13 Euro. Uff."

Der Grund? Seit Jahresbeginn gilt auf Speisen in Restaurants wieder der erhöhte Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Den hatte die Politik nämlich im Zuge der Corona-Pandemie auf sieben Prozent reduziert – und das Essengehen somit deutlich erschwinglicher gemacht.

Doch damit ist jetzt Schluss.

Essengehen im Restaurant wird teurer – treffen wir uns also bald weniger zum Essengehen?
Essengehen im Restaurant wird teurer – treffen wir uns also bald weniger zum Essengehen?bild: pexels

Und auch wenn zwölf Prozent im ersten Moment vielleicht nach nicht so viel klingen – es läppert sich. Vor allem dann, wenn man nicht nur für sich allein, sondern für die ganze Familie zahlen muss.

Hat man noch im Dezember für eine Pizza 14,50 Euro bezahlt, kostet die gleiche Pizza mit dem erhöhten Mehrwertsteuersatz jetzt 16,13 Euro. Uff. Aber klar, immerhin müssen auch die Gastronom:innen sehen, wie sie die Mehrkosten gestemmt bekommen.

Doch an der Sache gibt es einen Haken, ein Schlupfloch – sehr zum Leiden der Gastronom:innen und der Umwelt.

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Es klingt nach einem schlechten Scherz, ist aber wahr: Der erhöhte Mehrwertsteuersatz wird nur dann berechnet, wenn du auch tatsächlich im Restaurant sitzt und isst. Rufst du also stattdessen bei deinem Lieblingsvietnamesen an und bestellst dein Curry zum Mitnehmen, sparst du (wenn die Preise nicht auf die gesamte Speisekarte umlegt wurden) – zwölf Prozent.

Pizza vom Lieblingsitaliener, aber im Park? Damit würdest du seit Januar ordentlich Geld sparen.
Pizza vom Lieblingsitaliener, aber im Park? Damit würdest du seit Januar ordentlich Geld sparen. bild: pexels

Und das, obwohl für die Gastronom:innen die gleichen Kosten anfallen, als würdest du dich ins Restaurant setzen und vermutlich noch etwas zu trinken bestellen.

"Wie kann die Politik nur so kurzsichtig handeln?"

Und das auch, obwohl die Restaurants zu allem Überfluss noch schön eine Styropor- oder Pappbox plus Plastiktüte und möglicherweise sogar noch Besteck rausgeben müssen.

Wow – diese politische Entscheidung ist an Klugheit kaum zu übertreffen. (Achtung, Ironie.)

Zum einen natürlich allein schon deshalb, weil die Gastronom:innen auf den Mehrkosten sitzen bleiben. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga geht ohnehin schon davon aus, dass aufgrund der Erhöhung der Mehrwertsteuer rund 12.000 Restaurants dichtmachen müssen.

Doch die Schließungen ruinieren nicht nur Gastronom:innen und sorgen dafür, dass Jobs wegfallen. Gehen die Restaurants insolvent, verändert sich auch unser Stadtbild. Die Vielfalt in der Gastro geht zurück, das öffentliche Leben draußen und im "offenen Wohnzimmer" des kleinen Lieblingsitalieners ebenfalls.

Dazu kommt noch: weil es teurer ist, im Restaurant selbst zu speisen, wir aber trotzdem lecker essen wollen, entscheiden wir uns vielleicht schneller mal dazu, das Gericht einfach mitzunehmen. Spart immerhin zwölf Prozent – mindestens, da man unter Umständen auch das Geld für die Cola oder Weinschorle obendrauf spart.

Die großen Verlierer:innen bei diesem Deal? Die Gastronom:innen, die Umwelt und ein bisschen auch wir Restaurantbesucher:innen selbst – immerhin wird das Essengehen damit immer mehr zum Luxusgut.

"Die Politik hat die denkbar schlechteste Wahl getroffen und fördert mit der Steuererhöhung indirekt auch noch den Plastikkonsum."

Wie kann die Politik nur so kurzsichtig handeln?

Wenn eines klar ist, dann doch wohl, dass in Deutschland immer noch zu viel Verpackungsmüll anfällt. Das schreibt das Bundesumweltministerium auch auf seiner Website. Denn: Täglich landen rund 770.000 Tonnen Wegwerfverpackungen in der Tonne, wie Greenpeace schreibt.

Weltweit besteht ein riesiges Plastikproblem: Bis zu 450 Jahre dauert es, bis Plastik abgebaut ist.
Weltweit besteht ein riesiges Plastikproblem: Bis zu 450 Jahre dauert es, bis Plastik abgebaut ist.bild: pexels

Viel zu viel. Vor allem mit Blick darauf, dass Plastik aus fossilen Ressourcen wie Öl und Gas hergestellt wird, von denen wir ja dringend Abstand nehmen müssen.

Doch anstatt die Mehrwertsteuer zumindest gleichmäßig auf To-Go- und In-Haus-Essen zu verteilen, hat die Politik die denkbar schlechteste Wahl getroffen: Mit der Steuererhöhung fördert sie nämlich indirekt auch noch den Plastikkonsum. Bravo, füttern wir qualvoll erstickende Tiere doch gern noch mit zusätzlichen Styroporpackungen, super Idee!

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Am 6. November 2023 haben Gastronom:innen zahlreich in Berlin demonstriert – ohne Erfolg.Bild: IMAGO images / Manngold

Und ja, eine Pflicht für Mehrweggeschirr in Gastrobetrieben gibt es bereits seit dem 1. Januar 2023. Das Problem: Verpflichtend ist sie nicht.

Und weil die verschiedenen Restaurants und Gastrobetriebe unterschiedliches Mehrweggeschirr anbieten und dieses häufig bis zu zehn Euro Pfand kostet, fällt die Entscheidung – wer hätte es gedacht – viel zu oft immer noch auf Plastik, Pappe und Styropor.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer mag wie eine einfache Entscheidung ausgesehen haben. Welche Folgen diese nach sich ziehen wird, bleibt aber noch abzuwarten. Schmecken wird uns das Ergebnis aber sicher nicht.

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