Arya und Gendry? Vergesst es. Jon und Daenerys? Die erst recht! Nein, kein "Game of Thrones"-Paar – oder potentielles Paar – kam in Sachen Fanliebe jemals an diese beiden heran: Brienne von Tarth und Jaime Lannister. Und aufgepasst, zu diesen beiden wird im Folgenden ordentlich gespoilert.
Seitdem sich die beiden in Staffel 2 zum ersten Mal begegneten, war allen klar: Da war irgendwas, und es war aufregend. Denn Brienne und Jaime entsprachen eben nicht dem typischen Romantik-Klischee, das wir aus zig Filmen und Serien kennen. Hier gab's keine Dates bei Kerzenschein, sondern wochenlange Wanderungen in Ketten, und Blut, jede Menge Blut. Brienne und Jaime kamen sich nicht Hand in Hand näher, sondern Rücken an Rücken im gemeinsamen Kampf – und das, obwohl sie nach außen hin den Anschein erweckten, als könnten sie einander nicht mal sonderlich gut leiden.
Wie wir inzwischen wissen – und das schon seit mehreren Staffeln –, können sie das eben doch. Mittlerweile haben wir allerdings die achte Staffel erreicht, und man glaubte nur noch so halb daran, dass aus diesem zaghaften Duo eben doch noch ein Uno werden würde.
... indem sie Brienne und Jaime, dem Paar, das mal eben nicht dem typischen Romanzen-Schema entsprach, jetzt plötzlich doch ein solches Klischee nach dem anderen aufdrückte. Und Brienne im selben Atemzug zu einem Stereotyp verdammte, der geradewegs aus einer Teenie-Lovestory stammen könnte. Aber fangen wir vorne an...
Ja, zugegeben: Das Ausgangsprinzip der Geschichte von Jaime und Brienne klingt tatsächlich wie die einer solchen Teenager-Romanze. Mädchen trifft Junge, Mädchen verknallt sich in Junge, Mädchen hält sich aber nicht für hübsch genug, dabei steht Junge insgeheim die ganze Zeit auf Mädchen. Soweit, so gut – eine Story, die wir in- und auswendig kennen. Was ihr jedoch Frische einhauchte, war die Tatsache, dass Brienne und Jaime ja eigentlich auf verfeindeten Seiten standen. Und dass Brienne, im Gegensatz zu den meisten Protagonisten dieser 08/15-Romanzen, das absolute Gegenteil einer Jungfrau in Nöten war. Stattdessen war es Jaime, der immer wieder auf ihre Hilfe angewiesen war. Bis sich die Wege der beiden irgendwann trennten – um dann, endlich, jetzt in Staffel 8 in Winterfell wieder zueinanderzufinden.
Brienne wurde von Jaime zum Ritter geschlagen. Eine Szene, die unter "Braime"-Anhängern (yep, so nennt sich dieses Pärchen) gefeiert wurde wie eine Sexszene – die da natürlich noch nicht ahnen konnten, dass die noch kommen würde. Und dass die nach einer so zärtlichen Szene wie der des Ritterschlags schockierend gefühllos ausfallen würde.
Mit dem Ritterschlag erwies Jaime Brienne den Respekt und die Ehre, die sie sich schon so lange verdient hatte. Ihr unglaublicher Stolz war ihr anzusehen – und diese rührend intime Szene zwischen den beiden diente als perfekte Basis für die bevorstehende Schlacht von Winterfell. Wäre einer der beiden (oder gar beide) daraufhin gestorben, hätten sie zumindest diesen letzten, schönen gemeinsamen Moment gehabt. Doch entschieden sich die Drehbuchautoren für einen anderen Pfad, hielten Jaime und Brienne am Leben – und nahmen dann, nur zwei Folgen nach dem Ritterschlag, all die zerbrechliche Gefühlstiefe aus dieser Beziehung. Das in nur acht Schritten, die klingen wie die groben Handlungspunkte eines Teenagerfilms:
Es liegt sicher nicht an den schauspielerischen Fähigkeiten von Gwendoline Christie und Nikolaj Coster-Waldau, dass ich ein ungutes Gefühl im Magen bekam, sobald sich die beiden zu küssen begannen.
Stattdessen werden wir hier unserer Fantasie überlassen – und das in einer Serie, die uns zumindest in den ersten Staffeln noch mit Sexszenen bombardierte. Nein, anstatt uns nach Stunden um Stunden des "Werden sie oder werden sie nicht?" endlich ein paar intime Einblicke in dieses langersehnte Pärchen zu gewähren, knallt der Cut auf diese Szene herab wie eine Guillotine und hinterlässt uns nichts als einen schalen Geschmack im Mund. Denn diese alkoholversiffte Überleitung zum Sex mit imaginärem "It's getting hot in here, so take off all your clothes"-Soundtrack passt so gar nicht zu diesem Pärchen, dessen Chemie immer von subtilen Blicken und Andeutungen gelebt hat.
Der Sex war aus dem Weg geräumt, die Beziehung der beiden – wenn auch holprig – etabliert. Zeit, sie implodieren zu lassen, schien man im Writers' Room zu glauben. Denn natürlich schleppte Jaime ja weiterhin eine Altlast mit sich herum: Seine von ihm schwangere Schwester. Und so kam's, wie's kommen musste. Während Brienne nackt im Bett lag, schlich er sich nach draußen, sattelte das Pferd – und war glücklicherweise nicht schnell genug weg, um Brienne zu entkommen.
Jahrelang hatte Brienne (und wir mit ihr) darauf hingefiebert, Jaime endlich nahzukommen – und da stand sie nun, mitten in der Nacht, nur in einen Mantel gehüllt, weinend, flehend, entjungfert, verlassen auf dem Hof von Winterfell, in dem Glauben, ihr Jaime kehre nun doch wieder zu Cersei zurück. Ob das letztlich wirklich sein Plan ist, ist letztlich irrelevant – denn so oder so war sein plötzlicher Abgang das Respektloseste, was er Brienne je angetan hatte.
Ja, vermutlich wollten uns die Autoren damit einen Gefallen tun, Brienne und Jaime quasi in letzter Sekunde doch noch zusammenzubringen. Ja, vermutlich sollten die darauffolgende überraschende Trennung und Jaimes vermeintliche Verkündung, er kehre zu Cersei zurück, dieser Beziehung auf der Zielgeraden nochmal ein bisschen künstliches Drama einhauchen. Aber haben wir das wirklich verdient? Und noch wichtiger: Hat Brienne es wirklich verdient, dass ihre Jungfräulichkeit binnen Minuten verkündet, genommen und wie Dreck behandelt wurde?
Eindeutig nicht. Und eine Rolle, deren Respekt- und Liebenswürdigkeit über Staffel um Staffel hinweg aufgebaut wurde, in so kurzer Zeit zu einer schluchzenden, verlassenen Frau reduziert zu sehen, tut weh. Vor allem, weil zwei noch kommende Episoden nicht reichen werden, um das wiedergutzumachen...