Die Ferienzeit endet langsam wieder in jedem Bundesland. Damit endet für viele auch die schönste Zeit des Jahres, der Sommerurlaub. Mit dem Beginn der Schule beginnt in zahlreichen Familien wieder der Arbeitsalltag. Wir tauschen Badeanzug gegen Anzughose ein und den Sommerroman gegen einen Laptop. Oft leider auch strahlenden Sonnenschein gegen regnerisches Herbstwetter. Kein Wunder, dass der eine oder andere da in depressive Stimmungen verfällt. Oft kann aber auch mehr hinter diesem Urlaubstief stecken, als man denkt.
Post-Holiday-Syndrom wird dieser Zustand in Fachkreisen genannt. Dabei empfindet die Person direkt nach der Rückkehr aus dem Urlaub oft Müdigkeit und Unlust und ist in einer schlechten Stimmung. Körperlich kann sich das Syndrom auch in Konzentrationsstörungen, Nostalgiegefühlen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Gereiztheit äußern. Dieser Zustand ähnelt allgemein einer Depression, ist glücklicherweise aber kürzer und geht auch meist von allein wieder vorbei.
Die unbeschwerte Leichtigkeit des Urlaubs gegen den anstrengenden (Arbeits-)alltag einzutauschen, fällt vielen Menschen nicht leicht. Watson hat zusammen mit dem Experten Michael Huppertz einige Tipps, wie du deine gute Laune aus den Ferien in den Alltag mitnehmen kannst.
Huppertz ist ein deutscher Psychiater, Psychotherapeut und Soziologe, der das Konzept der Achtsamkeit in Therapie, Lebenskunst und Spiritualität erforscht.
Wie immer gilt: Am besten auf Prävention setzen, statt hinterher zu versuchen, den Schaden einzugrenzen. Denn wer auch im Urlaub ständig am Handy hängt, Wäsche wäscht oder kocht, hat keine wirkliche Erholung und auch keine Abwechslung vom Alltag. So kann die Unzufriedenheit mit dem Alltag bei der Rückkehr möglicherweise umso stärker auftreten. Es kommt darauf an, den Urlaub möglichst erholsam zu gestalten – ohne gleichzeitig zu hohe Erwartungen daran zu hängen.
Der Psychologe und Soziologe Michael Huppertz erklärt watson das Problem: "Es sah zwar alles nach Urlaub aus, es war aber keiner." Wenn also jemand, der schon in seinem normalen Leben sehr aktiv sei, seinen Urlaub genauso aktiv gestalte, statt auch mal zu entspannen, könne das kontraproduktiv sein. Ebenso wie für einen geselligen Menschen, der ständig Party mache, statt beispielsweise im Urlaub auch mal ein Buch zu lesen.
Der Urlaub ähnele dann einfach zu sehr dem Alltag; zum Abschalten braucht man laut Huppertz etwas Abwechslung: "Wenn es Verhaltensweisen sind, die den Urlaub gerade nötig gemacht haben, wird es schwierig, diese Zeit als Kontrast oder Auszeit zu erleben."
Auch wenn der Urlaub zu kurz sei, könne man kein anderes Lebensgefühl entwickeln und somit auch keine Erholung fühlen. "Man ist nicht 'urlaubssatt' geworden", fasst Huppertz das Problem zusammen.
Keine Pflichten, keine Hausarbeit oder Arbeitsstress: Perfekte Bedingungen, um im Urlaub auch einmal sein Leben zu reflektieren. Wie geht es mir? Läuft alles so, wie ich es mir vorstelle? Der Experte sagt dazu:
Statt um Mitternacht aus dem Urlaub zu Hause anzukommen und sich am nächsten Tag gleich wieder in eine anstrengende Arbeitswoche voller Überstunden zu stürzen, sollte man versuchen, es langsam angehen zu lassen. Am besten wäre es, sich einen Tag zum Ankommen zu gönnen, bevor man wieder in die Arbeit startet. Dann kann man auch entspannt auspacken, waschen und die Wohnung aufräumen, ohne direkt wieder mit Stresslevel hundert in den Alltag zu starten. Denn so verpufft die Entspannung aus dem Urlaub garantiert sofort wieder.
Um ein Post-Urlaubstief zu verhindern, schlägt der Psychologe Michael Huppertz vor, sich gegen Ende des Urlaubs zu überlegen, was man von guten Urlaubserfahrungen mit in den Alltag nehmen könne. Jedoch warnt er vor übertrieben ehrgeizigen Plänen, das eigene Leben komplett umzukrempeln: "Es sollte realistisch sein. Man wird keine Palmen mitnehmen können, kein gutes Wetter und nicht maßlos freie Zeit."
Huppertz schlägt stattdessen vor:
Wenn man beispielsweise im Urlaub entdeckt hat, dass man bestimmte Verhaltensmuster oder Aktivitäten besonders toll findet, kann man versuchen, diese auch in seinen Alltag zu integrieren. Das kann ein Morgenspaziergang sein, ein Mittagsschlaf, Karaoke-Singen oder auch regelmäßiges Schwimmen. Zwar kann man nicht alles adaptieren – Surfen geht in Deutschland eher schlecht – aber möglicherweise gibt es andere Wassersportarten, die ebenfalls Spaß machen und das Wohlbefinden steigern.
Kurzum: Vielleicht solltest du vielleicht einfach mal überlegen, warum du so traurig bist, wieder in deinem Alltag zu sein und was du gegebenenfalls ändern willst. Was belastet dich und muss weg? Und was würde dich glücklich machen? Neue Hobbys und Gewohnheiten können Wunder bewirken. Und gerade nach einer Auszeit lassen sich alte Gewohnheiten besonders gut ablegen und neue beginnen.
Statt nach der Rückkehr ständig dem Urlaub hinterherzutrauern, sollte man sich lieber mit den schönen Dingen in seinem Alltag ablenken. Also: Freunde treffen, sein Lieblingscafé besuchen oder sich in sein Hobby stürzen. Das sind schließlich alles Dinge, die im Urlaub fehlten. Sich auf das Positive zu konzentrieren und dafür dankbar zu sein, ist außerdem immer eine gute Idee – ganz unabhängig vom Urlaubstief.
Wer die Vorstellung kaum aushält, dass der nächste Urlaub noch in weiter Ferne ist, kann sich voll in die Planung des nächsten stürzen. Denn wer sich mental schon mit den nächsten schönen Ferienzielen beschäftigt, hat etwas, worauf er sich freuen kann. Gerade, wenn der Alltag nach Palmen und Traumstrand besonders trist aussieht.
Egal, ob diese Urlaubsziele im Kopf nun realistisch sind oder nicht, in Träumen schwelgen ist nicht verboten und lässt das eigene Leben gleich wieder erträglich werden.