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Urlaub in Österreich: Wie deutsche Touristen Tirol verändern

Alpenblick von den Buckelwiwesen bei Mittenwald auf das Karwendelgebirge, Karwendel, Karwendelspitze, Isartal, Isar, Kr
Jodalahiti!Bild: imago images/ imagebroker
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Österreich-Urlaub: Wie deutsche Touristen Tirol verändern

Wer heute in Tirol wandert, bekommt immer noch Bilderbuchberge. Doch sie sind längst Teil eines industriell betriebenen Geschäftsmodells, das Landschaften überformt, Lebensweisen verändert – und Spuren hinterlässt.
28.07.2025, 12:0128.07.2025, 13:34
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Wer nach Tirol fährt, will Berge, Brauchtum, Brettljause. Wer dort lebt, bekommt Reisegruppen, DJs mit Würstltheke und das dumpfe Gefühl, nur noch Statist zu sein im eigenen Dorf. Willkommen im Ferienland, das sich selbst überholt hat.

In Tirol, der Caspar-David-Friedrich-Kulisse unter den österreischischen Bundesländern, rattern heute E-Bikes übers Betonfundament, das früher einmal Wiese war. In den Bergen ist der Fortschritt schleichend, könnte man meinen, beim Tourismus ist er zersetzend. Hier wurde in Rekordzeit aus Ursprünglichkeit eine Dienstleistung.

Österreich: Tirol ist von Deutschen abhängig

Ein Report des "Spiegel" zeigt, wie tief der Massentourismus Tirol verändert hat: im Stil, in der Substanz, in der Selbstwahrnehmung. "Wir verbiegen uns für die Gäste", sagt eine Bürgerin bei einer Podiumsdiskussion in Landeck.

Die "Piefke-Saga", eine satirische TV-Reihe über das Spannungsverhältnis zwischen österreichischen Gastgebern und deutschen Gästen, wird dabei ebenso zitiert wie ein Hotelier, der resümiert: "Meine eigenen Rindviecher geben wenigstens nachts Ruhe, die anderen nicht."

Deutsche Urlauber stellen heute die mit Abstand größte Besuchergruppe. Sie kommen mit dem Wunsch nach Authentizität und finanzieren damit deren Gegenteil. In Mayrhofen, einem Hotspot im Zillertal, hat sich die Zahl der Übernachtungen auf 1,47 Millionen pro Jahr gesteigert – bei 4000 Einwohner:innen.

Erlebnisparks, Après-Ski-Tempel und Gletscherskigebiete schieben sich in alpine Lagen, wo einst Almen lagen. Mehr als 150 Speicherteiche wurden in den vergangenen Jahrzehnten allein in Tirol errichtet, um künstliche Beschneiung sicherzustellen.

Wie sich Tirol deutschen Touristen unterwirft

Der Fotograf Lois Hechenblaikner spricht in diesem Zusammenhang von einer "touristischen Vernutzung von Natur und Kultur". Seine Kunstinstallation "Schnee von morgen" zeigt ausrangierte Skier, die aus einem Speichersee ragen. Sie stehen sinnbildlich für eine Epoche, deren Ende sichtbar wird – und doch nicht kommt.

Denn der ökonomische Druck ist groß: Der Tourismus macht in Tirol laut Landesrat Mario Gerber fast ein Drittel der regionalen Wertschöpfung aus. Das "System Tirol", wie es der Politikberater Peter Plaikner nennt, basiert auf scheinbarer Alternativlosigkeit.

"Der Deutsche ist ein geschätzter Gast, unser Hauptgast, finanzkräftig, loyal, für uns überlebenswichtig", sagt Mario Gerber, Tourismuslandesrat in Innsbruck. 17 Prozent des BIP hängen in Österreich am Fremdenverkehr, in Tirol doppelt so viel. Es geht ums Überleben.

Franz Hörl, ÖVP-Mann, Seilbahnunternehmer, Hotelier, sagt dem "Spiegel": "Am Ende wird das verkauft, was die Leute wollen." Und die wollen offenbar immer noch mehr. Mehr Kulisse, mehr Attraktion, mehr Gefühl von Ursprünglichkeit. Auch wenn dafür ganze Berghänge verbaut, Gletscher technisch erschlossen und Ortskerne entvölkert werden.

In Kitzbühel und Umgebung liegen Quadratmeterpreise bei bis zu 20.000 Euro. Das Zentrum wirkt außerhalb der Saison oft "gespenstisch verwaist", wie es ein Lokalpolitiker beschreibt. Die Einheimischen? Entweder längst verdrängt oder zu Statisten degradiert.

Über 58 Millionen Nächtigungen deutscher Tourist:innen zählte man im letzten Jahr, Tendenz steigend. Der deutsche Wunsch nach unberührter Bergwelt hat einen Nebeneffekt: Er berührt alles – Fels, Wasser, Preise. Wer verkaufen will, muss sich verwandeln. Oder, wie es Fotograf Hechenblaikner formuliert: "Der Tiroler ist dem Wesen nach ein wendiges Alpin-Chamäleon."

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